Die Friseurin ist seit diesem Jahr nicht mehr in den Top Ten der beliebtesten Ausbildungsberufe für junge Frauen. Foto: IMAGO/Rainer Unkel

Im Rems-Murr-Kreis ist die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen. Dagegen gibt es mehr junge Menschen, die nichts Passendes finden konnten. Woran liegt das?

Das Jahr neigt sich dem Ende zu, die meisten Ausbildungen haben traditionell zum ersten September begonnen. Die Zahl der offenen Ausbildungsplätze ist im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Gleichzeitig gab es aber einen Bewerberanstieg von 5,6 Prozent. Auch die Zahl derer, die aktuell noch immer auf der Suche sind, stieg im Vergleich zu September 2022 an. Hier ist ein Plus von 29,3 Prozent zu verzeichnen. Für diese Jugendlichen sei es aber noch nicht zu spät, betont Torsten Tatzel von der für den Rems-Murr-Kreis zuständigen Arbeitsagentur Waiblingen bei der Vorstellung der Ausbildungsmarktbilanz.

Weniger offene Ausbildungsstellen im Kreis

„Auch ein Ausbildungsbeginn im Dezember ist unter den richtigen Voraussetzungen möglich“, so Tatzel im Hinblick auf die 75 Jugendlichen, die Ende September noch immer auf der Suche waren. Dann gebe es jedoch schon einiges an Berufsschulstoff nachzuholen, weshalb sich gegebenenfalls eine Einstiegsqualifizierung zur Überbrückung bis zum nächsten regulären Ausbildungsbeginn im kommenden September anbieten würde. Die Arbeitslosenquote bei den 15- bis 24-Jährigen im Rems-Murr-Kreis lag im Oktober bei 2,8 Prozent. Das entspricht einem Anstieg von 16,8 Prozent im Vergleich zum Oktober 2022.

Die Mehrzahl der Jugendlichen, die eine Ausbildung gesucht haben, sind inzwischen aber fündig geworden. Das ist auch eine gute Nachricht für die Betriebe im Kreis, die einen Rückgang der offenen Stellen von 9,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnen können. Trotzdem gab es Ende September noch 420 unbesetzte Ausbildungsstellen. Teamleiter Tatzel spricht in diesem Zusammenhang von „Passungsproblemen“. Denn obwohl es aktuell noch suchende Jugendliche und Betriebe gebe, fänden die beiden Parteien nicht automatisch zueinander. Der Bewerber müsse schließlich die richtige Eignung für den Beruf mitbringen und die Ausbildungsstätte zum Bewerber passen.

Azubi und Betrieb müssen zueinanderpassen

Die Rangliste der Berufe, die sich bei den Bewerberinnen und Bewerbern besonders großer Beliebtheit erfreuen, sind seit Jahren relativ unverändert: Bei den Mädchen liegt die Kauffrau für Büromanagement auf dem ersten Platz, gefolgt von der medizinischen Fachangestellten. Jungs wollen besonders gerne Kfz-Mechatroniker werden und – dieses Jahr besonders beliebt – Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung. Christine Käferle, die Leiterin der Arbeitsagentur Waiblingen, räumt ein, dass die Wunschvorstellungen noch immer sehr tradiert seien. „Im Studium haben sich die Rollenbilder inzwischen geändert, bei Ausbildungsberufen bislang weniger“, sagt sie.

Es gebe jedoch Initiativen, um mehr Jungs für soziale Berufe und mehr Mädchen für handwerkliche Jobs zu begeistern. Ein Problem sei auch die mangelnde Sichtbarkeit vieler Ausbildungsberufe, sagt die Berufsberaterin Katja Krüger: „Jugendliche wählen oft Berufe aus dem eigenen Lebensumfeld.“ Bei insgesamt etwa 500 schulischen und betrieblichen Ausbildungsberufen seien viele dabei, unter denen junge Menschen sich wenig vorstellen könnten, sagt Torsten Tatzel ergänzend.

Um den Jugendlichen die vielfältigen Möglichkeiten aufzuzeigen, veranstaltet die Agentur für Arbeit im Januar ein Azubi-Speeddating in Schorndorf. Dort sollen Interessierte, die noch keinen Ausbildungsplatz haben, mit verschiedenen Betrieben ins Gespräch kommen. Die Teilnehmeranmeldung übernehmen die Schulen.