Seit 25 Jahren gibt es das Kinderzentrum Agapedia in Esslingen. Die Stiftung von Jürgen Klinsmann bietet Jungen und Mädchen Sport, Spiel und Workshops ohne vorgegebenes Programm.
Esslingen - Manufaktur der Menschlichkeit“ nannte Fernsehmoderator Günther Jauch einst die Stiftung von Jürgen Klinsmann. Der Fußballweltmeister und Bundestrainer gründete 1995 gemeinsam mit Marika und Stefan Barth sowie Freunden das Kinderhilfswerk Agapedia. Inzwischen gibt es in Deutschland zwei Kinderzentren, die Kindern Sport, Spiel und kreatives Gestalten bieten. In vier Ländern in Osteuropa betreibt die Stiftung Einrichtungen für verlassene Kinder und Waisenkinder. Das Esslinger Agapedia-Kinderzentrum feiert am Samstag sein 25-jähriges Bestehen im Garten des stiftungseigenen Haues in der Ulmer Straße, das 2012 für 1,3 Millionen Euro ohne öffentliche Gelder saniert wurde.
Das Kinderhaus wurde überrannt
Täglich kommen bis zu 60 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren, um ihre Freizeit jenseits des getakteten Schülerlebens sinnvoll, aber offen zu gestalten. Das habe sich in 25 Jahren nicht geändert, beobachtet Geschäftsführerin Marika Barth. Schon bei der Eröffnung des ersten Kinderhausesin der Urbanstraße 30 am 22. April 1996 sei man förmlich überrannt worden, erinnert sie sich. Dabei hatten die Macher noch überlegt, wie man die Kinder ins Haus bekommt, nachdem Geislingen und Stuttgart bei der Vorstellung des Konzepts abgewinkt hatten. „Die brauchten nix“, sagt Marika Barth rückblickend. Das hat sich geändert: Seit 2019 hat Geislingen das Agapedia „K 19“.
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In Esslingen können die Besucher bei einem Kinderzirkusprojekt mitmachen, im Toberaum darf getobt werden, ein Tischkicker steht bereit, ein Kletterraum, ein Gestaltraum. Es werden Kindermusicals aufgeführt und leckere Gerichte gekocht. Das Sommerferienprogramm ist ein Jahr im Voraus ausgebucht. Vier Mitarbeitende und ein, zwei Freiwillige des Europäischen Solidaritätskorps betreuen die Kinder. Auch das ist ein Projekt von Agapedia: Junge Menschen aus der ganzen Welt können ein Jahr lang im Kinderzentrum mitarbeiten und im Haus in einer WG leben. Viele ehrenamtliche Helfer unterstützen die Jugendarbeit – wie die fünf ehemaligen Kinderhauskinder, die inzwischen erwachsen sind. „Viele bleiben uns verbunden“, sagt die Geschäftsführerin.
Spielen ohne Zwang und Bewertung
Einiges hat sich aber verändert in dem Vierteljahrhundert, etwa die Öffnungszeiten. Klingelten die Schüler früher um 13 Uhr Sturm, kommt heute niemand mehr vor 16 Uhr. Dabei machte die Geschäftsführerin die Feststellung: „Je mehr die Kinder von der Schule beansprucht werden, umso wichtiger sind Einrichtungen wie unsere, wo man frei spielen kann ohne Zwang, ohne Bewertung. Die Kinder dürfen sich ausprobieren und können ihre Potenziale erkennen.“ Viele haben inzwischen einen Migrationshintergrund. „Aus dem Gymnasium kommen weniger, da sie viel mehr eingebunden sind als früher“, beobachtet Barth.
Bei Klinsmanns Eltern in der Backstube
Ausgangspunkt der Stiftung war der sechsmonatige Entwicklungshilfeeinsatz des Ehepaars Marika und Stefan Barth in Albanien. In Tirana trafen sie Jürgen Klinsmann, einen Jugendfreund von Stefan Barth aus gemeinsamen Geislinger Zeiten, der ein EM-Qualifikationsspiel hatte. Klinsmann wollte helfen, die Idee zu dem Projekt wurde geboren. Man traf sich zur Abstimmung in der Backstube von Klinsmanns Eltern in Stuttgart-Botnang. Die Barths erstellten das Konzept und riefen mit Jürgen Klinsmann die Stiftung und das Kinderhilfswerk mit Sitz in Stuttgart ins Leben. 1995 erfolgte der Eintrag als gemeinnützige Einrichtung mit Marika und Stefan Barth als Geschäftsführer.
Woher kommt der Name Agapedia?
Herkunft
Der Name setzt sich aus dem griechischen Wort „Agape“ (Liebe) und dem altgriechischen „Pedia“ (Kinder) zusammen.
Vermittlung
Für die Halbgriechin Marika Barth eignet sich der Name für das Projekt, weil es gerade benachteiligte Kinder unterstützt. Die Kinder entwickeln sogenannte Soft Skills und bekommen gesellschaftliche Werte spielerisch vermittelt. Die Stiftung hat zahlreiche namhafte Förderer.