Die Corona-Impfungen für alte Menschen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen haben begonnen. Allerdings regt sich Unmut über die Vergabe der Termine.
Marbach - Menschen, die 80 Jahre und älter sind, haben bei der Corona-Impfung höchste Priorität. Jene Senioren, die nicht in einem Pflegeheim wohnen und damit auch nicht von einem mobilen Impfteam besucht werden, sind dabei aufgerufen, selbst einen Termin für die Injektion auszumachen. Doch in vielen Fällen gestaltet sich das äußerst schwierig. Ein Grund: Die Impf-Hotline 116 117 ist häufig überlastet. Dazu kommt das Problem, dass das Kreis-Impfzentrum in Ludwigsburg aller Voraussicht nach erst am 15. Januar in Betrieb gehen wird. Hierfür einen Termin zu bekommen, ist daher noch nicht möglich. „Wir rechnen mit einer Freischaltung der Terminvergabe in dieser Woche“, teilt Caren Sprinkart, Referentin von Landrat Dietmar Allgaier, am Montag mit.
Seinen Versuch, einen Impftermin zu vereinbaren, schildert ein Leserbriefschreiber dieser Tage so: Über die 116 117 wurde er an einen Mitarbeiter weiterverbunden, der die Risikogruppe bestätigte, dann aber an eine Telefonnummer in Stuttgart verwies. Diese Nummer war allerdings immer wieder belegt, weshalb sich der Leserbriefschreiber online nach der Nummer erkundigte und postalisch sein Glück versuchte, nachdem er eine zugehörige Adresse gefunden hatte. Was kam, war eine Antwort des Öffentlichen Gesundheitsdienstes am Regierungspräsidium in Stuttgart – das jedoch aufs Gesundheitsamt in Ludwigsburg verwies. Von dem hieß es dann wiederum, dass eine Terminvergabe für den Kreis Ludwigsburg noch nicht möglich sei. Das Fazit des Leserbriefschreibers: „Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!“
Das scheint kein Einzelfall zu sein. Der Kreisvorsitzende der Senioren-Union der CDU Ludwigsburg, Hans-Dieter Pfohl aus Murr, bemängelt in einer Pressemitteilung ebenfalls diese Umstände. „So sehr der Beginn der Corona-Impfaktionen zu begrüßen ist – noch hakt es gewaltig mit den organisatorischen Abläufen zur Impfung, vor allem bei der telefonischen Terminvergabe“, so Pfohl, der auch anmerkt, dass der Verweis auf eine Online-Anmeldung für Senioren über 80 in der Regel praxisuntauglich ist. „Es muss heutzutage möglich sein, bestimmte Altersgruppen der Bevölkerung schriftlich, zielgerichtet und zeitnah mit Informationen zu Impfterminen zu versorgen und eine funktionstüchtige Hotline zur Verfügung zu stellen“, fordert Hans-Dieter Pfohl und richtet sich mit seiner Kritik ans baden-württembergische Sozialministerium. „Ausreden von Minister Lucha“ (Grüne), es gebe zu wenig Impfstoff, lässt Pfohl in der aktuellen Situation „nicht zu“.
Die Senioren-Union fordert das Sozialministerium entsprechend auf, gemeinsam mit den Landkreisen seniorengerechte und praktikable, auch dezentrale Strukturen für die möglichst rasche Durchimpfung der Hochrisikogruppen zu schaffen. Jeder Gemeinde sei die Altersstruktur ihrer Bewohner bekannt. Ebenso gebe es für die mobilen Impfteams Einsatzpläne. „Durch optimale Koordinierung ließen sich Angebote schaffen, die der älteren Bevölkerung Anreisen zu den großen Impfzentren ersparen würden. Das Sozialministerium müsste sich dringend seiner Verantwortung bewusst werden und nachbessern“, fordert Pfohl.
Die Probleme sind beim Sozialministerium Baden-Württemberg bekannt, auch den Unmut vieler bekommt man dort mit. Pressesprecher Pascal Murmann untermauert auf Nachfrage allerdings die Aussage von Sozialminister Manfred Lucha, wonach tatsächlich nicht genug Impfstoff vorhanden ist, um eine bessere Abwicklung bewerkstelligen zu können. „Unsere Infrastruktur steht, und wir könnten täglich Tausende Menschen bei Impfungen durchschleusen“, macht Murmann deutlich. Termine dafür könnten aber nur vereinbart werden, wenn dieser wirklich zustande kommt. Heißt: Wenn der Impfstoff verfügbar ist. „Denn kommt die Impfung dann nicht zustande, wäre der Frust noch größer“, so Pascal Murmann.
Der Pressesprecher des Sozialministeriums erklärt weiter, dass für die Menschen in Baden-Württemberg mehr als 500 Menschen Anrufe über die Impf-Hotline entgegennehmen. „Schon am ersten Tag gab es aber 35 000 Anrufer“, so Murmann. Was auch eine gute Sache sei, da es zeige, dass sich viele Menschen impfen lassen möchten. Für die Wartezeit am Telefon gebe es neben der Masse eine weitere Komponente: In vielen Fällen, so Murmann, möchten die Anrufer nicht nur einen Termin ausmachen, sondern sich erst über die Impfung informieren. Dadurch dauere das Telefonat länger.
Generell, so heißt es vom Sozialministerium, müssten sich die Menschen in Geduld üben, weshalb auf der Impf-Hotline auch eine Ansage geschaltet worden sei, um die Erwartungen hinsichtlich eines schnellen Termins etwas herunterzuschrauben. Aufgrund des begrenzten Impfstoffs sei es auch notwendig, sagt Pascal Murmann, innerhalb der Prioritäten noch mal eine Priorität zu setzen. Die Menschen in Alten- und Pflegeheimen müssten demnach am stärksten geschützt werden. Weshalb der Impfstoff hier am dringendsten zur Verfügung gestellt werden müsse. Darüber hinaus dürfe nicht vergessen werden, dass vom gelieferten Impfstoff die Hälfte zurückgestellt werden muss, da bis 21 Tage nach der ersten Impfung eine zweite nötig ist – sonst ist die erste zwecklos. „Das limitiert also auch“, sagt Murmann. Dass wöchentlich 87 750 Dosen Impfstoff nach Baden-Württemberg kommen sollen, klinge also mehr als es sei. Bis Montagmorgen, so Murmann, wurden in Baden-Württemberg 27 171 Menschen gegen Corona geimpft.