Über eine bestimmte Rückennummer beim neuen Nationaltrikot wird heftig diskutiert. Die Rückennummer „44“ erinnert an die Runen der Schutzstaffel SS aus der Zeit des Nationalsoziaslismus. Hersteller Adidas und der Deutsche Fußball-Bund reagieren. Wir erklären, was Runen sind und warum ihre Verwendung in Deutschland teilweise strafbar ist.
Der Sportartikelhersteller Adidas und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) haben auf Kritik am Design einer Nummer des neuen Trikots der deutschen Fußball-Nationalmannschaft reagiert und den Verkauf entsprechend angepasst. Die Rückennummer „44“ erinnert an die Rune der Schutzstaffel SS aus der Zeit des Nationalsozialismus.
Trikot-Nummer „44“ aus Adidas-Sortiment gestrichen
Im Adidas-Store war eine Personalisierung der Trikots mit eigenem Namen und Nummer ab Montagmittag (1. April) nicht mehr möglich. Der DFB stoppte ebenfalls die Auslieferung von bestellten Kombinationen mit der Nummer „44“ im eigenen Onlineshop.
Zuvor hatten ein Journalist auf X und anschließend auch die „Bild“ über die Adidas-Pläne berichtet. In den sozialen Medien war die Kombination aufgefallen. Viele Menschen beteiligten sich an der Diskussion. „Für das Design der Namen und der Nummern zeichnet der DFB mit seinem Partner ‚11teamsports‘ verantwortlich“, sagte Adidas-Sprecher Oliver Brüggen.
Bestimmte Namen mit Bezug zum Nationalsozialismus konnten bei Adidas und beim DFB bereits zuvor grundsätzlich nicht bestellt werden. „Das entspricht nicht unseren Richtlinien für die Personalisierung. Bitte versuch’s mit etwas anderem“, erschien bei Adidas als Hinweis bei einer entsprechenden Auswahl auf der Webseite.
In Deutschland verbotene NS-Symbole
Hakenkreuz
Die meisten verbotenen Symbole in Deutschland stammen aus der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945). Das Hakenkreuz ist das bekannteste Erkennungszeichen der NS-Diktatur, auch wenn das Hakenkreuz viel älter und keineswegs eine Erfindung der Nationalsozialisten ist.
Ausnahmen gibt es, wie etwa Hakenkreuze auf Armbinden von Uniformen aus der Zeit des Nationalsozialismus in einem Museum. In einem solchen und ähnlichen Fällen dient die Darstellung einem Bildungszweck oder der Aufklärung. Erlaubt ist es auch, wenn die Darstellung eindeutig Ablehnung symbolisiert, etwa ein durchgestrichenes Hakenkreuz.
SS-Rune
Dieses generelle Verbot gilt auch für die SS-Rune. Die Schutzstaffel - abgekürzt SS - war das wichtigste Terror- und Unterdrückungsorgan des Nationalsozialismus. Sie stand für unvorstellbare Kriegsverbrechen und war maßgeblich am Betrieb der Konzentrationslager sowie am Holocaust, dem Völkermord an 5,6 bis 6,3 Millionen europäischen Juden während des Zweiten Weltkriegs, beteiligt. In den Nürnberger Prozessen (20. November 1945 bis 1. Oktober 1946) wurde die SS als verbrecherische Organisationsform gebrandmarkt.
Das SS-Zeichen, bestehend aus zwei sogenannten „Sieg-Runen“, wurde nach dem Krieg ebenso verboten wie andere Kennzeichen der SS wie etwa Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen, Grußformen und Lieder.
Warum wurden Runen vom Nationalsozialismus instrumentalisiert?
- Runen: Runen waren ursprünglich die alten Schriftzeichen der Germanen. 24 Runen umfasste das sogenannte gemein-germanische Alphabet, das von 150 v. Chr bis 800 n. Chr. bei allen germanischen Stämmen verbreitet war.
- „Sig-Rune“: Als sogenannte autochthone - also rein germanische - Kulturleistung waren die Runen anfällig für ideologische und politische Instrumentalisierung. Zur Zeit des Nationalismus wurden die „Sig-Rune“ genauso wie Elemente der nordischen Mythologie durch die Hitlerjugend und SS verwendet. Die einfache „Sig-Rune“ war das Emblem des Deutschen Jungvolks, einer Unterorganisation der Hitler-Jugend. Die „Doppel-Sig-Rune“ war das Zeichen der SS. Die „Doppel-Sig-Rune“ wird nach Angaben der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus oft auch in Schriftzügen verwendet – beispielsweise in dem auf die obersten Fingerglieder tätowierten „H A S S“. Die Verwendung der „Sig-Rune“ und der „Doppel-Sig-Rune“ ist in Deutschland strafbar.
- Armanen-Futhark: Einzelne Runen, insbesondere solche aus Guido von Lists Armanen-Futhark, und runenähnliche Zeichen wie die Schwarze Sonne werden in rechtsextremen und neonazistischen Kreisen als Erkennungszeichen verwendet.
Armanen-Runen: Dabei handelt es sich um 18 Pseudo-Runen, inspiriert von den historischen Runen des jüngeren Futhark, erfunden vom österreichischen Schriftsteller, Esoteriker und „germanischen Erwecker“ Guido von List (1848-1919).
Wie das Strafgesetz rechtsextreme Symbolik ahndet
- Paragrafen 86/86a StGB: Rechtsextreme demonstrieren ihre Gesinnung gerne in der Öffentlichkeit. Bestimmten Symbolen kommt dabei eine hohe Bedeutung zu. Einige von ihnen sanktioniert der Gesetzgeber mit den Paragrafen 86 und 86a des Strafgesetzbuchs (StGB). Danach kann das „Verbreiten von Propagandamitteln“ wie auch das „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“» mit bis zu drei Jahren Haft oder einer Geldstrafe geahndet werden.
- Jugendtrafrecht: Für junge Menschen wird das Jugendstrafrecht angewandt. Es gilt für Täter von 14 bis 17 Jahren. Für junge Erwachsene, die in ihrer Entwicklung verzögert und Jugendlichen vergleichbar sind, kann ein Gericht auch im Alter bis 20 das Jugendstrafrecht anwenden. Dort steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Es sieht zunächst Weisungen oder Auflagen vor, die erzieherisch wirken sollen. Das können gemeinnützige Arbeit oder ein sozialer Trainingskurs sein. Diese Sanktionen kommen auch bei Propagandadelikten infrage, insbesondere wenn der Jugendliche erstmals straffällig wird.
- Verfassungswidrige Gesinnung: Im Fokus der Strafgesetze stehen Zeichen, die für eine Partei oder Vereinigung mit verfassungswidriger Gesinnung typisch sind: wie Fahnen, Abzeichen und Parolen. Zu den bekanntesten verbotenen Symbolen und Grußformen gehören hierzulande das Hakenkreuz und der auf Augenhöhe erhobene gestreckte rechte Arm, der sogenannte Hitlergruß.
- Instrumentalisierte Zeichen: Werden im Nationalsozialismus adaptierte und instrumentalisierte Zeichen - wie die aus dem Germanischen stammenden Runen – in ihrer ursprünglichen Bedeutung verwendet, muss dies keine Strafe nach sich ziehen. Unbedenklich ist es, wenn rechtsextreme „Propagandamittel“ zur Aufklärung über das NS-Regime eingesetzt werden, der Kunst, Satire oder Wissenschaft dienen.
- Nazi-Propaganda: Der Gesetzgeber hat aber nicht nur das Arsenal der Nazi-Propaganda im Blick: Auch Symbole verbotener islamistischer Organisationen zum Beispiel dürfen in Deutschland nicht verbreitet werden.
Info: Runen
Runenschrift
Seit Jahrhunderten versuchen Forscher, Runen genauer zu verstehen, um zu erfahren, wie die Menschen im frühen Europa die Welt sahen Archäologen fanden die geheimnisvollen Schriftzeichen – insgesamt wurden rund 6500 Inschriften entdeckt – eingeritzt vor allem in Stein, aber auch in Knochen, Holz, Metall, auf Waffen, Schmuck und Grabplatten.
Futhark
24 Runen umfasste das sogenannte gemeingermanische Alphabet, das von 150 v. Chr bis 800 n. Chr. bei allen germanischen Stämmen verbreitet war. Nach seinen ersten sechs Lauten wurde dieses Runenalphabet Futhark genannt. Runen stehen zum einen als Zeichen für einen Laut, zum anderen für die jeweiligen Begriffe, deren Namen sie tragen. Mit der Christianisierung der Germanen wurde die Runenschrift durch die lateinischen Buchstaben und in Russland durch die kyrillischen Buchstaben ersetzt. Nur in den nordischen Ländern hielt sich der Gebrauch der Runen bis ins 15. Jahrhundert.