Reiner Weiger und Sebastian Deeg tüfteln an einer CNC-Maschine. Foto: Gottfried Stoppel

Reiner Weiger ist Ausbilder bei der Firma IMI Norgren in Fellbach und gibt Azubis des Berufsbildungswerks Waiblingen eine Chance. Das zahlt sich für beide Seiten aus. Hier zwei Erfolgsgeschichten als Beispiel.

Fellbach - Jeder Jugendliche, den ich von der Straße bringe, ist ein Erfolg“, sagt Reiner Weiger. Der 58-jährige Ausbilder hat in den vergangenen Jahren an einem guten Dutzend Erfolgsgeschichten tatkräftig mitgewirkt: Seit rund zehn Jahren kooperiert seine Firma IMI Norgren mit dem Berufsbildungswerk Waiblingen und bietet dessen Teilnehmern die Chance, ein Praktikum im Bereich Metalltechnik zu absolvieren. Zwölf junge Menschen haben so bislang die Möglichkeit erhalten, den Alltag in einem Betrieb der freien Wirtschaft zu erleben und auszutesten, ob der angestrebte Beruf ihr Ding ist. Von den zwölf Praktikanten haben sechs Jugendliche nach dem Abschluss ihrer Lehre im Berufsbildungswerk einen Arbeitsplatz bei der Fellbacher Firma bekommen.

Eine Erfolgsquote, die sich sehen lassen kann und die zum großen Teil Reiner Weigers Engagement zu verdanken ist. „Ich ticke nicht ganz richtig“, sagt der über sich selbst. Wer sich mit ihm unterhält, merkt schnell: Reiner Weiger tickt auf jeden Fall sehr sozial. Seine Auszubildenden, die nennt er liebevoll „meine Jungs“, die Mädels, die es auch gibt, sind darin eingeschlossen. „Ich adoptiere alle“, sagt Reiner Weiger, der seit 31 Jahren als Ausbilder tätig ist, und lacht. Und er glaubt an die Fähigkeiten der jungen Leute, was für einige eine ganz neue Erfahrung ist. Manch einer ist dadurch schon fast über sich selbst hinausgewachsen. Zum Beispiel Sebastian Deeg. Der 24-Jährige hat im Berufsbildungswerk die Ausbildung zum Fachwerker für Feinwerktechnik absolviert und sich mittlerweile als „echtes Programmiergenie“ entpuppt, schwärmt Reiner Weiger. Im Januar legt der junge Mann, der eine Förderschule besucht hat, seine Prüfung zum Industriemechaniker ab.

„Herr Weiger stellt die Noten nicht in den Vordergrund und dann kriegt man den Rest auch hin“, sagt Sebastian Deeg, der eine besondere Leidenschaft für CNC-Fräsmaschinen hegt und sich sogar einen Messerkopf aufs Bein tätowieren lassen hat. „Sebastian würde seinen Urlaub verkaufen, wenn das ginge“, sagt Reiner Weiger, der auch seit Jahren Betriebsrat ist.

Nach Anlaufschwierigkeiten ein Erfolgsmodell

Dass er sich auf eine Kooperation mit dem Berufsbildungswerk eingelassen hat, das hat er nicht bereut, obwohl gleich der erste Versuch mit einem Azubi gründlich schiefgelaufen war. „Der erste Jugendliche, der hierher kam, war prompt ein Fiasko“, erinnert sich Reiner Weiger, „aber das Berufsbildungswerk nimmt solche Praktikanten zurück, es gibt für uns als Firma also kein Risiko.“ Der zweite Versuch war hingegen ein echter Volltreffer: „Er war super, wurde erst befristet übernommen und ist hier nun schon seit sechs Jahren fest angestellt“, erzählt Weiger.

Für die jungen Menschen, die das BBW mit einer Ausbildung zum Fachwerker für Metalltechnik oder für Feinwerktechnik verlassen, gebe es bei der Firma IMI Norgren genug Arbeit, sagt Reiner Weiger, der betont, dass diese Mitarbeiter nach fünf, sechs Jahren einen Lohn beziehen, der dem eines Mechanikers entspreche.

Technik – das ist genau das, was Saskia Schultze interessiert. „Friseurin oder ein Job im Büro, das wäre beides nicht mein Ding“, sagt die 23-Jährige, die gerne schraubt – nach Feierabend am eigenen Auto, während der Arbeitszeit an den Produkten, die ihre Firma herstellt und in alle Welt verkauft. Im Moment montiert die Fachwerkerin für Feinwerktechnik Druckschalter, zuvor waren es Ventile, die zum Beispiel in Türöffnern von S-Bahnen zum Einsatz kommen. „Am Anfang war es schon ein kleiner Schock“, erinnert sich Saskia Schultze an ihr Praktikum, das sie am Ende ihres ersten BBW-Lehrjahrs bei IMI Norgren begonnen hat: „Alles, auch die Maschinen, war hier so viel größer als im BBW. Aber es war auch interessant. Ich bin mit vielen Eindrücken zurückgegangen“, erzählt sie.

Suche nach einem Nachfolger

Bei Reiner Weiger hat die Praktikantin einen guten Eindruck hinterlassen: „Am Anfang war sie etwas verschüchtert, aber sie hat viel Selbstbewusstsein gekriegt.“ Ihr letztes Lehrjahr hat Saskia Schultze dann schon zum Großteil im Betrieb verbracht. „Und nach meiner bestandenen Prüfung habe ich gleich hier angefangen.“ Inzwischen hat sie eine unbefristete Stelle: „Darüber bin ich froh.“

Reiner Weiger ebenfalls. So langsam, sagt er, müsse er sich aber auf die Suche nach einem Nachfolger machen. Der müsse ungefähr so ticken wie er, beschreibt er den Wunschkandidaten: „Er muss auch ein bissle verrückt sein.“