Dritter Löwen-Dompteur in dieser Saison: Torsten Fröhling Foto: Getty

Der TSV 1860 München kommt seit Jahren nicht zur Ruhe. Nun droht in der Relegation gegen Holstein Kiel auch noch der Abstieg in die dritte Liga. Dann wäre die Zukunft des früheren Bundesligisten unsicherer denn je.

München - Es war zuletzt ordentlich was los am Trainingsgelände des TSV 1860 München an der Grünwalder Straße. Am Montag ohrfeigte Stürmer Rodri den Ersatztorhüter Stefan Ortega, am Tag darauf waren über 100 Zuschauer beim Training des Zweitligisten, selbst Werner Lorant, der Erfolgtrainer vergangener Zeiten, war da. Der aktuelle Coach, Torsten Fröhling, meinte: „Ich denke, dass hier zurzeit ein bisschen Unruhe herrscht.“ Und beorderte seine Mannschaft ins Trainingslager nach Norderstedt. „Wir wollen uns bestmöglich vorbereiten“, sagte er, „daher wollen wir unter uns sein.“ Er nahm nur die Akteure mit, die an diesem Freitag (20.30 Uhr/BR) im Relegationshinspiel bei Holstein Kiel im Kader stehen.

Fröhling wollte ungestört arbeiten – ausnahmsweise. Denn seit der Verein im Mai 2004 in die zweite Liga abgestiegen ist, sind Turbulenzen die einzige Konstante der Vereinspolitik. Insbesondere die Arena in Fröttmaning hat den Löwen viele Sorgen bereitet. Denn in den Verträgen wurde einst nicht berücksichtigt, dass Sechzig bei einem Abstieg die Tilgungskosten kaum stemmen kann. Anfang 2006 stand der TSV 1860 vor der Insolvenz. Der andere Stadioneigentümer, der FC Bayern, kaufte dem Zweitligisten dessen Anteile für elf Millionen Euro ab, später auch das Rückkaufsrecht. Das half kurzfristig, seither sind aber jährlich drei Millionen Euro Miete fällig – bis 2025.

Um den Betrag zu refinanzieren, musste der Verein Sommer für Sommer seine größten Talente abgeben – etwa Marcel Schäfer, die Bender-Zwillinge, Moritz Leitner oder Kevin Volland. Vom Wiederaufstieg träumten die Münchner dennoch immer wieder, dümpelten aber meist im Mittelfeld der Tabelle. So blieb das Geld knapp, 2011 stand der Club erneut vor der Insolvenz, der jordanische Investor Hasan Ismaik kam mit 18 Millionen Euro als Retter, erhielt dafür aber auch 60 Prozent der Aktien, den Vorsitz im sechsköpfigen Aufsichtsrat der KGaA und zwei Sitze im vierköpfigen Beirat, der über die Geschäftsführung wacht.

Ismaik, der sein Geld mit Immobilien- und Ölgeschäften in Abu Dhabi verdient, blieb erst im Hintergrund. Erst nach und nach mischte er sich ins operative Geschäft ein. Im Januar 2013 pochte er auf die Verpflichtung von Sven-Göran Eriksson. Der schwedische Coach sagte im letzten Moment ab, Alexander Schmidt – demnächst Scout beim VfB Stuttgart – blieb Cheftrainer. Der damalige Präsident Dieter Schneider trat kurz darauf zurück. Aber 1860 wechselte nicht nur den Präsidenten, sondern ein paar Monate später auch den Trainer. Mal wieder.

Sportlich blieb es durchwachsen, im Sommer 2014 folgte ein weiterer Neuanfang. Diesmal mit Gerhard Poschner als Sport-Geschäftsführer. Der neue Mann vollzog einen Umbruch, verpflichtete Ricardo Moniz als Trainer. Der Niederländer kündigte an: „Wir werden Meister!“ Doch die Mannschaft zerfiel rasch in Grüppchen, am 24. September war für Moniz schon wieder Schluss. Weder Markus von Ahlen noch der im Februar zum Cheftrainer beförderte U-21-Coach Torsten Fröhling schafften es, das Team zu stabilisieren. 1860 rettete sich in die Relegation. 34 Spieler haben die drei Trainer insgesamt schon eingesetzt – es ist nur ein Beleg für die verfehlte Kaderplanung.

Präsident Gerhard Mayrhofer hätte Poschner, so ist zu hören, am liebsten schon rausgeworfen. Um den Sportchef, dessen Vertrag bis 2017 läuft, zu entlassen, bräuchte es aber eine Mehrheit im Beirat. Und in dem sitzen in Investor Ismaik und dessen Statthalter, Noor Basha, zwei Befürworter Poschners. Es sind wohl die letzten Verbündeten des ehemaligen VfB-Profis – jedoch die entscheidenden. Solange sie zu ihm halten, bleibt es bei einer Patt-Situation. Das Präsidium ist damit ohnmächtig. Seit Wochen habe es keinen Kontakt zu Ismaik mehr gegeben, sagte Mayrhofer zuletzt. Anzeichen, dass der Investor im Fall eines Abstiegs aussteigen könnte, gibt es trotzdem nicht.

Auch Poschner will unter allen Umständen weitermachen – was die Mannschaft belasten soll. Es sei nicht auszuhalten, wie der Sportchef seine schützende Hand über die von ihm verpflichteten Spanier halte, heißt es. Fröhling allerdings setzt auf eine Zweckgemeinschaft aus Alt-Löwen und Nachwuchsspielern wie Mittelfeldmann Julian Weigl, der im Sommer für 2,5 Millionen Euro nach Dortmund wechselt. Trotz dieses Erlöses: Bei einem Abstieg droht der Verein auseinanderzubrechen. Ob 1860 die Lizenz für die dritte Liga bekäme, ist derzeit offen.