Die Eltern Davoud Hafizi und Neda Sadeghi mit dem Kindern Dadmehr und Hanna in ihrer Geno-Wohnung Foto: Gottfried Stoppel

Für Menschen wie Davoud Hafizi und seine Familie ist die Baugenossenschaft Backnang oft die letzte Hoffnung bei der Suche nach einem Dach über dem Kopf. Das Unternehmen ist heute so wichtig wie bei seiner Gründung vor 100 Jahren.

Backnang - Das Finden einer bezahlbaren Wohnung in Backnang war für den 35-jährigen Iraner Davoud Hafizi, seine Frau Neda Sadeghi und den Nachwuchs fast so schwierig wie die Flucht aus dem Heimatland. Vor rund drei Jahren ist die Familie über das Mittelmeer nach Europa gelangt, auf einem winzigen Schlauchboot mit viel zu vielen Passagieren an Bord. Hafizi und die anderen Flüchtlinge hatten Glück, sie wurden von einem großen griechischen Schiff aufgenommen und auf eine Insel gebracht. Die beschwerliche Reise ging dann weiter über Athen, Mazedonien und Serbien. Vor zwei Jahren und sieben Monaten ist die damals noch dreiköpfige Familie schließlich in Backnang gelandet.

Der Vater fand bald Arbeit und die Familie Anschluss bei neuen Freunden. Davoud Hafizi erzählt, das er die Bambini-Kicker der TSG Backnang trainiere, der Sohn spielt auch in dem Nachwuchs-Fußballteam mit. Die Familie lebte längere Zeit in einem einzigen Zimmer im Asylbewerberheim in der Hohenheimer Straße. Die Wohnungssuche sei sehr schwierig gewesen, sagt Davoud Hafizi. „Backnang ist teuer.“ Die meisten Preise hätte er wohl eh nicht bezahlen können, es hagelte jedenfalls Absagen von den Vermietern. Zur Rettung wurde der Tipp eines deutschen Freundes. „Probier’s doch mal bei der Baugenossenschaft Backnang“, empfahl der Bekannte im Sommer 2017. Davoud Hafizi füllte einen Fragebogen aus und stand auf der Warteliste.

Die Geno Backnang hat rund 420 Wohnungen

Vor knapp einem Jahr wurde der Familie aus dem Iran dann die Wohnung angeboten, in der sie seither lebt: drei Zimmer, 76 Quadratmeter, Südstraße in Backnang, Baujahr 1955, Kaltmiete: rund 500 Euro. Ein Schnäppchen. Auf dem freien Markt sind vergleichbare Wohnungen oft wesentlich teurer. Davoud Hafizi, seine Frau und die Kinder, der sechsjährige Dadmehr und die acht Monate alte Hanna haben sich ganz offenkundig gut eingelebt. Auf dem Tisch steht ein frisch gebackener Kuchen. In der guten Stube duftet der Schwarztee. Es ist behaglich warm. Davoud Hafizi spricht gut Deutsch, der Informatiker arbeitet bei einer Backnanger Firma, die Blitzableiter auf Häuser montiert. Seine Gattin hat im Iran Jura studiert, wenn das Töchterchen älter ist, dann, sagt sie, wolle sie auch wieder arbeiten gehen.

Herr Hafizi, erklärt Raphael Althaus, sei kein typischer Mieter, „aber er kann einer werden“. Althaus ist einer von zwei Vorständen der Baugenossenschaft Backnang, die vor genau 100 Jahren in der Murrstadt gegründet worden ist. Die Bau Geno ist nach eigenen Angaben das älteste Wohnungsunternehmen im Rems-Murr-Kreis. Die Familie aus dem Iran lebt erst seit knapp einem Jahr in der Wohnung – das unterscheidet sie von vielen anderen Mietern, die mitunter schon viel länger Mitglied der Genossenschaft sind. Eine Mitgliedschaft ist die Voraussetzung für einen Mietvertrag. Manche Backnanger, sagt Althaus, lebten bereits seit Jahrzehnten in einer der rund 420 Wohnungen der Geno. Rekordhalterin ist eine alte Dame, die seit 61 Jahren in ihrer Geno-Wohnung lebt.

Alle Mieter haben ein lebenslanges Mietrecht

Alle Mieter haben ein lebenslanges Mietrecht. Es gebe halt keinen Eigentümer, der auf Eigenbedarf klagen könnten, so Althaus. Sämtliche Geno-Wohnungen gehören der Genossenschaft, also quasi den Mietern selbst. Die recht moderaten Mietpreise seien machbar, weil „wir nicht gewinnmaximierend“ arbeiten. Der Hauptpfeiler der Arbeit der Genossenschaft sei die Vermietung der eigenen Wohnungen. Aber auch der Bau und der Verkauf von Wohnungen spült Geld in die Kasse.

Bei der Vergabe der Wohnungen spielten die Nationalität oder der Glaube der Interessenten überhaupt keine Rolle, sagt Althaus. Mitunter sei es schlicht ein glücklicher Zufall, wenn Familien wie jene von Davoud Hazifi vergleichsweise schnell an der Reihe seien. Etwa wenn die Größe der Wohnung passt und wenn der Mieter genügend Geld verdient. Der Mann aus dem Iran sagt, er und seien Familie wollten sehr gerne noch lange in dieser schönen Wohnung bleiben. Eines Tages sind die Hafizis dann vielleicht auch ganz typische Backnanger Genossenschafts-Mieter, die auf Jahrzehnte in ein und den selben vier Wänden zurückschauen können.

Wohnungsbestand der Backnanger Bau Geno wächst stetig

Gründung
Die Baugenossenschaft Backnang hat seit ihrer Gründung im Jahr 1919 ein wichtiges Ziel: die „gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung“ der eignen Mitglieder.

Mitglieder
Wer Mitglied werden will, muss mindestens einen Geschäftsanteil zum Preis von 210 Euro erwerben. Dieses Guthaben wird mit jährlich fünf Prozent verzinst. jedes Mitglied kann im Laufe der Jahre maximal 50 Anteile zeichnen, jährlich höchstens zehn. Wer eine Geno-Wohnung mieten will, muss Mitglied werden.

Mietwohnungen
Der Bestand der Geno-Wohnungen wächst stetig. Zurzeit gibt es rund 420 Wohnungen, bis auf ganz wenige Ausnahmen sind alle in Backnang. Demnächst werden auf dem alten Krankenhausareal in Backnang 31 Mietwohnungen in einer Seniorenwohnanlage bezogen, ferner sollen in der Straße Im Heimgarten bald 17 Mietwohnungen gebaut werden. Die preiswertesten Mietwohnungen kosten rund fünf Euro je Quadratmeter, die teuersten etwa zehn Euro. Die Durchschnittsmiete beträgt 7,19 Euro pro Quadratmeter. Auf der Warteliste stehen zurzeit 180 Interessenten.

Eigentumswohnungen
Die Geno baut zurzeit Eigentumswohnungen in Backnang, Schwaikheim und in Winnenden-Schelmenholz.