Niedergeschlagen: VfB-Stürmer Daniel Ginczek (vorn) und Kollegen Foto: Baumann

Chancen über Chancen, aber keine Tore. Vor allem: wieder keine Punkte beim 0:1 gegen Schalke 04. Das macht betroffen – und ratlos. VfB-Sportvorstand Robin Dutt wähnt höhere Mächte im Spiel.

Stuttgart - Als die fünfte Niederlage im fünften Bundesliga-Spiel dieser Saison besiegelt war, steckte die Mannschaft am Mittelkreis die Köpfe zusammen. Trainer Alexander Zorniger sprach das Wort zum Sonntag, dann ging es in die Kurve. Kapitän Christian Gentner gab das Zeichen, die anderen folgten ihm – und alle zusammen ernteten prasselnden Beifall aus der Cannstatter Kurve. Was Gentner später zu folgendem Schluss bewegte: „Es kann nicht alles so schlecht sein, wenn du nach fünf Niederlagen in Folge noch Applaus bekommst.“

Schlecht? Alexander Zorniger kramte in seinem Kopf lange nach Anlass für Kritik, dann sagte er: „Wir bieten unseren Fans ein Spektakel und spielen vom Anpfiff bis zum Schluss alle paar Minuten Torchancen heraus. Ich wüsste nicht, wo ich ansetzen sollte.“ Dann ergänzte er: „Außer beim Toreschießen.“

Es war das alte Lied. Der VfB rackerte, drückte und dominierte, er spielte den FC Schalke zuweilen schwindelig, aber er belohnte sich nicht. Ein ums andere Mal scheiterten die Jungs in Weiß und Rot vor dem gegnerischen Tor – mal mit Pech, mal mit Unvermögen. Und dann war da noch Ralf Fährmann, immer wieder dieser Fährmann. Schalkes Schlussmann hatte einen Sahnetag erwischt und parierte neun Torschüsse. „Der VfB hat eine bärenstarke Leistung abgeliefert“, sagte Schalkes Trainer André Breitenreiter, „aber Ralf Fährmann hat weltklasse gehalten. Dass wir heute gewonnen haben, lag einzig und allein an ihm.“

Viel Aufwand, kein Ertrag

Nun ja. An ihm – und an der Großzügigkeit, mit der die VfB-Profis mal wieder vor dem Tor agierten. „Dieses Spiel darfst du niemals verlieren, aber wir tun es. In Regelmäßigkeit“, stöhnte Zorniger. Symptomatisch war die Szene nach 17 Minuten, als Timo Baumgartl den Ball nach einer Flanke von Filip Kostic nicht ins leere Tor köpfte, sondern in die Mitte, wo kein Mitspieler stand. Szenen dieser Art gab es in Hülle und Fülle. Mal war es unglücklich, mal stümperhaft. Auf jeden Fall zum Verzweifeln.

„Wir betreiben einen enormen Aufwand, doch im letzten Moment fehlen uns Kraft und Konzentration“, klagte Martin Harnik, und Timo Werner rechnete im Kopf hoch: „Wir hatten 15 hundertprozentige Chancen. Wenn es gut läuft, gewinnen wir das Spiel 5:0.“ Doch zurzeit läuft es nicht gut, zumindest nicht vor dem Tor des Gegners. „Vielleicht haben da irgendwelche höheren Mächte ihre Finger im Spiel“, mutmaßte Sportvorstand Robin Dutt, „Chancenverwertung kann man trainieren, aber selbst ohne Training sollte man in der Lage sein, eine dieser Chancen zu verwerten.“

Ohne Daniel Didavi und Martin Harnik, aber mit Timo Werner und dem zuletzt gesperrten Torhüter Przemyslaw Tyton, der bei seiner größten Rettungstat einen Abpraller von Joel Matip über die Latte lenkte (20.), hatte der VfB die Flucht nach vorn angetreten. Er tat das nicht kopflos und nicht ganz so ungestüm wie in den ersten Spielen, aber mit viel Entschlossenheit. Schalke bekam kaum Luft zum Atmen und setzte auf Konter. Wie in der 53. Minute. Nach einem Ballverlust von Alexandru Maxim spielte Johannes Geis einen öffnenden Pass auf Leroy Sané, der mit einer Körpertäuschung Florian Klein narrte und einschob. „Das“, sagte Dutt, „tut enorm weh.“

Gentner: „Für den Kopf ist das brutal“

Und doch: Alles Lamentieren hilft nichts. „Für den Kopf ist es brutal“, räumte Gentner ein. Weshalb Zuspruch jetzt das wichtigste Heilmittel ist. „So bitter das ist, wir werden ruhig bleiben“, sagte Robin Dutt, „von den Punkten her ist der Saisonstart eine Katastrophe, aber die Mannschaft hat wieder gut gespielt. Deshalb glauben wir an sie. Immer kann es ja nicht so laufen.“

Schon an diesem Mittwoch (20 Uhr/Sky) bietet sich im Spiel bei Hannover 96 die nächste Möglichkeit. Zum Ende der englischen Woche kommt am Samstag (15.30 Uhr/Sky) Schlusslicht Borussia Mönchengladbach nach Stuttgart. Trainer Zorniger wertet die schnelle Spielfolge als Vorteil: „Das nächste Spiel her – und punkten“, sagte er. Wenn es der VfB nur endlich mal täte.