Die Baderegeln im Inselbad – jetzt auch auf Französisch und Arabisch Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Sexuelle Übergriffe, Tumulte, Rettungseinsätze für Nichtschwimmer: In den Freibädern herrscht Aufruhr. Erstmals sind in Freibädern in Stuttgart private Wachdienste unterwegs. Nicht ohne Grund, wie ein Polizei-Großeinsatz in Kirchheim/Teck zeigt.

Stuttgart - Kann man seine Kinder, vor allem wenn es Mädchen sind, noch mit gutem Gefühl ins Freibad lassen? Die Wogen schlagen hoch, nachdem am Mittwoch im Freibad in Kirchheim/Teck vier sexuelle Übergriffe auf zehn bis 14 Jahre alte Mädchen bekannt geworden sind – mit mindestens einem 21-jährigen irakischen Asylbewerber als Tatverdächtigen. Dort will man nun einen privaten Wachdienst einsetzen. Ein Vorbild gibt es dafür schon: In Stuttgart oder Filderstadt patrouilliert erstmals in dieser Saison ein solcher Sicherheitsdienst.

Übergriffe in Bädern durch Männer mit dunkler Hautfarbe: Kirchheim ist kein Einzelfall, und die Dunkelziffer ist hoch. Nur die wenigsten Fälle werden bekannt oder gar angezeigt. So hat es nach Informationen unserer Zeitung am Mittwochabend auch einen ähnlichen Vorfall im Inselbad Untertürkheim gegeben. Im großen Becken wurde gegen 18.20 Uhr eine 14-Jährige von einem jungen Mann an Brust und Po angefasst. Das Mädchen alarmierte das Personal, und das erteilte dem Täter Hausverbot.

Der Sextäter kam wieder – und dann die Polizei

Damit wäre der Fall abgehakt gewesen – wäre der 23-jährige Inder wenig später nicht wieder zurückgekehrt. Als er erneut auf dem Freibadgelände erkannt wurde, verständigte das Freibadpersonal diesmal die Polizei. Die Streife, um 19 Uhr am Tatort, wunderte sich, warum sie nicht schon beim ersten Mal gerufen wurde. Sie habe gedacht, so wird das Mädchen im Protokoll zitiert, dass die Sache erledigt sei, als der Mann das Bad verlassen musste. Immerhin: Zwei private Wachleute hatten dafür gesorgt, dass der Verdächtige beim zweiten Mal nicht entkommen konnte.

Der Sicherheitsdienst, eine Doppelstreife mit Warnwesten, gehört neuerdings zum Bild in gut besuchten Stuttgarter Freibädern. „Seit dieser Saison haben wir Wachdienste im Inselbad, im Höhenfreibad Killesberg, in Möhringen und im Freibad Rosental in Vaihingen im Einsatz“, sagt Anita Grube von den Bäderbetrieben Stuttgart. Die Wachleute werden „je nach Wetterlage und bei vorhersehbarem Hochbetrieb“ bestellt. Sie sollen Präsenz zeigen – auch gegenüber den vielen Jugendgruppen aus anderen Kulturkreisen, die „Probleme mit weiblichen Respektspersonen haben“.

Flüchtlinge vor allem als Nichtschwimmer ein Problem

Die Grenze zwischen schlechtem Benehmen und Übergriffen ist fließend. Vor zwei Wochen wurde ein Fall im Freibad Rosental in Vaihingen aktenkundig, bei dem ein 13-jähriges Mädchen an der Wasserrutsche unsittlich angefasst wurde. Die Polizei nahm ein Duo im Alter von 16 und 21 Jahren fest – zwei Flüchtlinge aus Afghanistan.

Anita Grube betont indes, dass man zwar Probleme mit Zuwanderern befürchtet habe, für einen Wachdienst habe man sich aber aus ganz anderen Gründen entschieden. „Weil Flüchtlinge meist Nichtschwimmer sind, mussten die Retter letztes Jahr so häufig wie noch nie ins Wasser“, sagt die kommissarische Bäderchefin. Um die Sicherheit im Wasser gewährleisten zu können, sollen die Schwimmmeister entlastet werden.

Aus diesem Grund gibt es auch im Fildorado in Filderstadt neuerdings Sheriffs auf Liegewiesen-Streife. „Unser Personal soll sich um die Kernkompetenz der Wasseraufsicht kümmern“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Norbert Sauer. Der Wachdienst soll an starken Besuchstagen das Personal von möglichen Streitereien auf der weitläufigen Freibadanlage entlasten. „Wir wollen dafür gewappnet sein“, so Sauer.

Weiterer Verdächtiger in Kirchheim gefasst

Nach dem Polizeieinsatz in Kirchheim/Teck am Mittwoch wurden inzwischen weitere Tatverdächtige ermittelt. So hat sich der mutmaßliche Angreifer gestellt, der bei den Tumulten um die Festnahme eines 17-jährigen Randalierers den Bademeister angegriffen hatte. Dabei handelt es sich um einen 19-Jährigen aus Stuttgart. Er selbst hat einen Migrationshintergrund, ist aber kein Asylbewerber. Der junge Deutsch-Iraner soll unter den etwa 30 Badegästen gewesen sein, die sich mit dem 17-Jährigen gegen die Polizei solidarisiert hatten.

Ob die zuvor begangenen sexuellen Übergriffe je angezeigt worden wären, hätte es diesen Zwischenfall nicht gegeben – „das ist Spekulation“, sagt Polizeisprecher Björn Reusch. Die zehn bis 14 Jahre alten Mädchen hatten sich jedenfalls erst gemeldet, als die Polizei auf dem Gelände stand. Ein 21-jähriger irakischer Asylbewerber wurde als einer der Verdächtigen identifiziert.