Michael Feist und sein zweijähriger Sohn sind froh, so schnell eine Interimswohnung gefunden zu haben. Foto: Gottfried Stoppel

Ein verheerender Brand hat eine Backnanger Familie, die es ohnehin im Leben etwas schwerer hat, über Nacht obdachlos gemacht. Doch ihr Schicksal hat auch viele Menschen bewegt – die Unterstützung ist enorm.

Michael Feist ist überwältigt. Die Welle der Hilfsbereitschaft, die ihn und seine Familie nach jener verhängnisvollen Nacht vor fast genau zwei Wochen erreicht hat, in der ihnen im übertragenen Sinn der Boden unter den Füßen weggezogen wurde, ist riesengroß.

Akkubrand macht Wohnung unbewohnbar

Die Wohnung der Feists muss nach dem Brand grundlegend saniert werden. Foto: 7aktuell.de/Kevin Lermer

In der Nacht auf vorvergangenen Freitag hatte ein verheerender Brand – aller Voraussicht nach ausgelöst durch einen defekten Akku-Staubsauger – die Eigentumswohnung der Feists in einem Mehrfamilienhaus in Backnang-Maubach unbewohnbar gemacht. Während sich Nadine Feist mit ihrem zweieinhalbjährigen Sohn ins Freie retten konnte, hat ihr Ehemann sein Überleben wohl einem Nachbarn zu verdanken. Er hob den Mann, der auf fremde Hilfe angewiesen ist, um in seine Mobilitätshilfe zu gelangen, aus dem Bett und durch das Fenster aus der bereits völlig verqualmten Wohnung, holte kurz danach auch noch seinen Spezialrollstuhl aus der Gefahrenzone und alarmierte klingelnd und klopfend weitere Anwohner.

Nicht nur dessen beherztes und unerschrockenes Zupacken erfüllt Michael Feist und seine Familie heute mit großer Demut. Auch das, was nach der Berichterstattung über den Vorfall unter anderem in unserer Zeitung bisher passiert ist, ist für ihn kaum zu fassen: „Wir haben so viel Anteilnahme und tolle Unterstützung bekommen, von Freunden, Verwandten, Bekannten, aber auch von wildfremden Menschen weit über den Rems-Murr-Kreis hinaus – darüber sind wir tief gerührt und dankbar“, sagt der 40-Jährige, dessen Frau im April ihr zweites Kind erwartet.

Verkäuferin bucht ihren Mitarbeiterrabatt um

Noch in der Nacht wurde die Familie von Nachbarn mit Decken, Schuhen und einer Kinderjacke versorgt. Andere Eltern organisierten Spielzeug für den Sohn und legten es im Maubacher Kindergarten bereit. Ein örtlicher Optiker überließ Nadine Feist kostenlos eine Brille, nachdem sie diese in dem Brandhaus hatte zurücklassen müssen. Eine Verkäuferin der C&A-Filiale buchte ihren persönlichen Mitarbeiterrabatt zu ihren Gunsten um, als Nadine Feist und ihre Schwägerin sich dort mit einer Notgarnitur an Kleidung eindeckte. Ein Rentner habe sich weinend am Telefon nach dem Wohlergehen seiner Familie erkundigt und Besteck und anderen Hausrat zur Verfügung gestellt. „Auch die Kollegen und mein Arbeitgeber sind voller Verständnis, dass ich momentan nicht einsetzbar bin“, sagt Michael Feist, der beim Maschinenbauer Trumpf in Ditzingen den Lebensunterhalt für seine Familie verdient – „das ist alles andere als selbstverständlich!“

Auch das drängendste, auf die Schnelle eigentlich schier kaum zu bewältigende Problem hat sich bereits in Luft aufgelöst: Eine für die Bedürfnisse des kleinwüchsigen Paares gut geeignete, barrierefreie, sogar möblierte Wohnung ist gefunden. Vom kommenden Wochenende an werden alle drei wieder vereint sein können, nachdem Nicole Feist und ihr Sohn provisorisch bei den Schwiegereltern und Michael in einem Zimmer eines Murrhardter Pflegeheims untergekommen waren. Die neuen Nachbarn der Wohnung haben diese bereits geputzt und geholfen, sie auf Vordermann zu bringen.

Sanierung dauert vermutlich ein Jahr

Ob sie jemals in ihr Eigenheim zurückkehren werden, müsse die Zeit zeigen, sagt Michael Feist. Die Sanierung, so viel stehe jetzt schon fest, werde grundlegend sein müssen und vermutlich ein ganzes Jahr in Anspruch nehmen. Bis dahin werde sich auch herausstellen müssen, wie nachdrücklich die traumatischen Erlebnisse und Bilder im Kopf der Feists mit der Wohnung verbunden bleiben werden.

Aber darüber will Michael Feist jetzt noch nicht nachdenken. Zu viel muss noch organisiert werden, um erst einmal wieder in so etwas wie Alltagsroutine hineinzukommen. Viele Dinge müssen noch besorgt und erledigt werden. Und jetzt freut er sich erst einmal riesig, dass er am Wochenende wieder mit seiner Familie zusammenziehen kann.

So kann man helfen – auch ein Nachbar ist betroffen

Spenden
 Weil die Familie keine Hausratversicherung abgeschlossen hat, muss sie alle Einrichtungsgegenstände selbst ersetzen. Das ist an sich schon nicht unerheblich, aber weil Michael und Nadine Feist kleinwüchsig sind, muss vieles speziell gefertigt werden. Im Internet ist auf der Plattform Gofundme ein Spendenkonto eingerichtet. Man findet es unter der Adresse gofund.me/f368cd3c. Wer anderweitig unterstützen möchte, nimmt am besten per E-Mail mit Michael Feist Kontakt auf: feist.mic@gmail.com.

Nachbar
 Auch die Wohnung eines Nachbarn ist so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass sie für mindestens ein halbes Jahr unbewohnbar ist. Der 24-jährige Fabian Gruber war zunächst bei seinen Eltern in Leinzell im Ostalbkreis untergekommen. Weil der Weg zu seiner Arbeitsstätte als Buchhändler von dort aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln mehr als schwierig ist, hat er sich notgedrungen in einem Hotel in Winnenden eingemietet. Nun suchen seine Eltern nicht nur eine Ersatzwohnung im Raum Backnang oder Winnenden, sondern würden sich auch über Sach- oder Geldspenden freuen, um den zerstörten Hausstand ihres Sohnes wieder aufbauen zu können. Wer hier helfen möchte, wendet sich am besten per E-Mail an Fabians Mutter Barbara Mori (barbara.mori@gmx.de).