Die Shell-Tankstelle an der Weinsteige: Schauplatz eines Mordes vor 25 Jahren. Foto: Lichtgut/Ines Rudel

Noch immer stehen Tankstellen besonders oft im Visier von Räubern – trotz erhöhter Sicherheitsvorkehrungen. Dabei mussten vor 25 Jahren die Tankstellenbetreiber umdenken: Binnen elf Tagen starben in Stuttgart zwei Tankwarte. Ein Fall blieb ein Rätsel.

Stuttgart - Die Belohnung von 3000 Mark musste nie gezahlt werden – der Mord an einem Tankwart vor genau 25 Jahren an der Shell-Tankstelle an der Oberen Weinsteige in Degerloch ist noch immer ungeklärt. Der 44-jährige Anton Verhaar war am 18. Oktober 1992 nach Feierabend auf dem Gehweg mit einem Schuss ins Herz getötet worden. 1992 – ein alarmierendes Jahr für Tankstellenbetreiber: Nur wenige Tage nach dem Mord in Degerloch wurde ein Tankwart an der Shell-Tankstelle unter der Paulinenbrücke im Stuttgarter Süden von einem Räuber erstochen. Für 350 Mark Beute, umgerechnet 179 Euro.

Bis heute ist unklar, warum der holländische Aushilfstankwart an der Weinsteige an jenem 18. Oktober 1992 um 22.35 Uhr erschossen worden ist. Hatte der Täter es auf die Einnahmen abgesehen? Doch warum wartete er dann mit dem Überfall, bis der 44-Jährige die Tankstelle abgeschlossen und sich auf den Weg zur Stadtbahn-Haltestelle gemacht hatte? War alles anders abgelaufen als gedacht? Eine zweite Theorie: Ein persönlicher Racheakt. Doch welche Feinde hatte das Opfer, ein kaufmännischer Angestellter, der als homosexuell bekannt war und im Stuttgarter Westen wohnte?

Die Tatwaffe ist bekannt, aber verschwunden

Es gibt weder Spuren des Täters noch eine Tatwaffe. Nur eines wissen die Beamten der Mordkommission: Es handelt sich um eine in Deutschland relativ seltene Pistole – eine ungarische FEG Makarov, Modell PA 63, Kaliber 9 mm. Das verrät das tödliche Projektil. Seither wurde in der Bundesrepublik nie wieder ein Projektil dieser Waffe gefunden – die Pistole wurde also nicht wieder für eine Straftat in Deutschland verwendet.

Während in Degerloch die Handschrift eines Killers nicht ausgeschlossen wird, war der Mord an einem Tankwart nur elf Tage später, am 29. Oktober 1992, leichter zu lösen. Ein 23-jähriger Drogenabhängiger hatte sich vor dem Überfall viel zu auffällig verhalten, war voll auf Entzug, brauchte Geld für den nächsten Schuss Heroin. Er bedrohte in der Tankstelle den 52-jährigen Tankwart, der sich aber wehrte. Es kam zu einem Gerangel, bei dem der Räuber mit einem Messer zehnmal zustach. Ein Messerhieb traf die Hauptschlagader, das Opfer verblutete. Sein Mörder kaufte mit der Beute ganz in der Nähe Heroin. Er wurde zu 14 Jahren Haft wegen Mordes verurteilt.

Sechs Raubüberfälle in Stuttgart 2017

25 Jahre später gibt es trotz erhöhter Sicherheitsvorkehrungen noch immer Raubüberfälle auf Stuttgarter Tankstellen. „Wenn alle Vorkehrungen eingehalten würden, dürfte es eigentlich, wie bei Banken, kaum mehr Überfälle geben“, heißt es in Polizeikreisen. Nachtschalter etwa halten die Kunden draußen – aber auch den Umsatz niedrig. Allein in diesem Jahr schlugen die Täter in sechs Fällen zu – in Hedelfingen, in Rot, Obertürkheim, Untertürkheim, Stuttgart-Ost. Alle Fälle sind bisher ungeklärt geblieben. Im Gegensatz zu 2016, wo es nur drei Fälle gab – mit vier festgenommenen Tatverdächtigen. Die Räuber waren jung – zwischen 15 und 19 Jahre alt.