Stuttgart 2016 – das war, das ist und das bleibt eine Stadt in Bewegung. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Stuttgart 2016 – Baustellen, Feinstaub und Wohnungsnot beherrschten die Schlagzeilen. Bemerkenswert ist aber auch noch etwas anderes: Die baden-württembergische Landeshauptstadt lebt! Ein Rückblick auf das Stuttgart-Jahr.

Stuttgart - Stuttgart im Jahr 2016. Wie war’s? „So lala“, würde der zum Understatement neigende Schwabe sagen, dem das Württembergische Landesmuseum in diesem Jahr eine eigene Ausstellung gewidmet hat, die noch bis 23. April 2017 im Alten Schloss besichtigt werden kann. Doch im Ernst: Wie war’s? Auf diese Frage gibt es mindestens 609 756 Antworten. So viele Personen hatten zum 30. November ihren Hauptwohnsitz in Stuttgart. Dazu kommen 7193 Personen mit Nebenwohnsitz sowie Zehntausende Pendler und Besucher, die jeweils einen eigenen Blick auf Stuttgart haben und sich ihr Bild von der Stadt machen. Die Wortmeldung zum Stuttgart-Jahr 2016 an dieser Stelle ist also nur eine Einzelstimme. Auf einige Feststellungen und Beobachtungen kann man sich vermutlich jedoch einigen.

Stuttgart 2016 – das war, das ist und das bleibt eine Stadt in Bewegung. Erkennbar weniger am (häufig stillstehenden) Verkehr, als an den zahlreichen Baustellen: Dorotheenquartier, Landesbibliothek, Bürgerhospital, Olgäle-Areal, Rosensteintunnel, John-Cranko-Schule, Mineralbad Berg, Karstadt – überall wird geplant, gegraben und gebaut, was ein gutes Zeichen ist. Nicht zu vergessen die gewaltige S 21-Baugrube und die langen Tunnels, die in den anhydridhaltigen Kesselrand getrieben werden. Seit diesem Jahr wissen wir allerdings auch offiziell: Die größte Baustelle der Stadt wird frühestens 2022 fertig werden. Wer die zuletzt auf rund zwei Milliarden Euro bezifferten Mehrkosten übernimmt, wissen wir dagegen nicht. Nachdem sich die Beteiligten nun gegenseitig verklagen, werden darüber die Gerichte entscheiden müssen.

„Auf dem Land ist die Luft besser“

Stuttgart 2016 – das war auch eine Stadt, der bewusst wurde, vor welch großem Umbruch die vom Wohl und Wehe der Automobilindustrie abhängige Region Stuttgart mittelfristig steht – ausgelöst durch den VW-Dieselskandal und dessen Weiterungen. Das Thema E-Mobilität hat die Metaebene verlassen und ist in vollem Umfang in der praktischen Welt angekommen, im Alltag der Stadt. Das gilt auch für den Feinstaub – eines der 2016 in Stuttgart am häufigsten genannten Worte. In diesem Jahr hat die Stadt erstmals Feinstaubalarme ausgerufen – mit mäßigem Erfolg zwar, dennoch wurde dem Feinstaub und den nicht minder schädlichen Stickoxiden große Aufmerksamkeit zuteil. Zurecht, weil die Gesundheit der Bürger höchste Priorität hat und EU-Vorgaben einzuhalten sind. Gelöst ist das Problem damit aber noch lange nicht. Manche Vorschläge erinnern an den Rat des Schriftstellers Henri Bonaventure Monnier: „Man sollte die Städte auf dem Lande bauen, da ist die Luft besser.“

Run auf den VfB – und auf den Fernsehturm

Stuttgart 2016. Was war da noch? Klar: die Prädikate Kulturhauptstadt des Jahres und Opernhaus des Jahres, die der Stadt jenseits von Feinstaub und S 21 bundesweit Aufmerksamkeit sichern. Außerdem: Rekordpreise bei Wohnungen und gleichzeitig ein anhaltend massiver Mangel an bezahlbarem, öffentlich gefördertem Wohnraum. Bemerkenswert: Der weithin souveräne, unaufgeregte Umgang mit den rund 8000 Flüchtlingen, die in Stuttgart leben und eine Zweitliga-Fußballmannschaft mit einem auch im europäischen Maßstab phänomenalen Zuschauerschnitt ( 51 983). Ansonsten: Weniger Wohnungseinbrüche, ein verregneter Juni und ein herrlicher Spätsommer. Nicht zu vergessen: der Run auf den wiedereröffneten Fernsehturm. Überhaupt: das pulsierende Leben in der trendigen Stadt. Stuttgart 2016 – „so lala“, aber auch „Olala“, wie der Franzose sagt.

jan.sellner@stzn.de