Joachim Lehrer zeigt Werke in der Marbacher Wendelinskapelle. Foto: Avanti/Ralf Poller

Joachim Lehrer zeigt Werke in der Marbacher Wendelinskapelle. Der Maler ist vom Fotorealismus der 1970er-Jahre geprägt.

Der Klarinetten- und Saxofonvirtuose Christian Teiber hat sich durch diverse Auftritte in der Schillerstadt bereits einen Namen bei den Musikfreunden gemacht. Am Freitagabend war der Musiker nun zu Gast bei Monika Schreiber, die ihn zur Vernissage von Joachim Lehrer in die Galerie Wendelinskapelle eingeladen hat. Dabei konnten die Gäste Teiber nicht nur am Saxophon erleben, sondern auch als Sänger, der zumindest die Anfänge der Jazzklänge, mit der eigenen Stimme begleitete. „Die Musik passt wunderbar zu unserer Ausstellung“, ließ sich Schreibers würdigender Kommentar nach den ersten Stücken vernehmen. „Sie ist auch ein bisschen verträumt und vergänglich“, urteilte die Galeristin über die weich-perlenden Töne, die die Atmosphäre angenehm friedfertig ausgestalteten.

Rund zwei Dutzend Besucher – „heute sind wir ein kleinerer Kreis, das ist vermutlich der Hitze geschuldet“ - lauschten dem Mini-Konzert, das die Anwesenden auf eine Kunst einstimmen sollte, deren Schöpfer von Schreiber als „Perfektionist“ bezeichnet wird. Die Werke des Tübinger Künstlers entstehen nämlich in einer alten Harz-Öllasurmalerei auf Holztafeln. Schichtweise werden die meist durchscheinenden Farben aufgetragen. Bis zu 20 Schichten können schon mal erforderlich sein, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Trotz dieser aufwendigen Arbeitsweise ist Lehrer bis heute der Technik treu geblieben und hat längst seinen eigenen, unverwechselbaren Stil entwickelt. Mit kunstvoll dargestellten Einzelheiten nimmt er den Betrachter gefangen. Viel Liebe zu den gemalten Motiven spricht aus den Werken, die zudem durch ihre intensiv ausgelebte Detailverliebtheit überzeugen.

Joachim Lehrer hat schon mal in Marbach ausgestellt

In Marbach waren die Bilder von Joachim Lehrer schon zweimal zu sehen, darunter auch im Hangar des damaligen Autohauses Betz. Denn die Protagonisten seiner Werke sind häufig in die Jahre gekommene Fahrzeuge: Etwa ein Taxi, dessen Scheinwerfer leuchten und das so eine gespenstisch anmutende Mondscheinnacht illuminiert. Ein zerschrammter Porsche zeigt sich auf einem anderen Bild. Dort ist er direkt auf einen Hügel gemalt – neben ihm ein Briefkasten. Die bildliche Zuordnung lässt bisweilen stutzen und gibt Raum zur Interpretation. Aber auch zum Schmunzeln: Beispielsweise beim Betrachten eines Autos, das direkt am Strand neben einem Sonnenschirm geparkt steht und aufs Meer schaut. Auch Schiffe oder morbide Gebäude, die „wie die verzauberten Relikte einer vergangenen Zeit in einer weiten Landschaft stehen“, nimmt Lehrer mit seinen Werken in den Fokus.

Fasziniert vom Fotorealismus der 1970er Jahre

Bei genauerer Betrachtung erzählen sie alle ihre eigene Geschichte. Denn das ist dem Maler, der erst über einen Umweg – Studienanfänge in der Elektrotechnik – zur Kunst kam, bedeutend: Er versteht seine Bildobjekte als „Personen, die in den Ruhestand gegangen sind und Geschichten zu erzählen haben“. Fasziniert vom Fotorealismus der 70er Jahre entwickelte Lehrer, als er sich dem Studium der Kunstgeschichte zugewandt hatte, den Wunsch „so malen zu können, dass ich meine inneren Bilder nach außen tragen kann“ und beschritt in Folge einen rund fünf Jahre andauernden „Weg der Perfektion“, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war. Im Gespräch mit der Galeristin entschied Lehrer außerdem: „Meine Bilder haben immer etwas mit Staunen zu tun“. Seit 1983 ist Joachim Lehrer vollberuflich Maler.