In der Bibliothek konnten Besucher in Büchern schmökern, sich aber auch nur zwanglos treffen. Das geht aktuell nicht mehr. Foto: Werner Kuhnle

Die Marbacher Bücherei war Treffpunkt für Jung und Alt. Dann kam Corona – und die Leiterin und ihr Team fühlen sich in ihrer Arbeit um 15 Jahre zurückgeworfen. Doch sie schmieden Pläne für die nahe Zukunft.

Marbach - Franziska Kunz, die Leiterin der Marbacher Stadtbücherei, hat in den vergangenen Jahren immer wieder hervorgehoben, dass sich die Rolle der Einrichtung gewandelt habe. Man sei inzwischen auch eine Begegnungsstätte, in der sich Jung und Alt fortbilden und treffen könnten, mit Angeboten für unterschiedliche Altersklassen. Doch von einem Tag auf den anderen wurden Kunz und ihr Team quasi wieder zurück in die Bibliotheks-Steinzeit katapultiert.

Mit Corona war nämlich plötzlich Schluss mit dem Kommen und Gehen in den Räumlichkeiten, und es durften und dürfen nur noch Bücher und Co. an Kunden ausgegeben werden. „Das reißt uns 15 bis 20 Jahre Arbeit unter den Füßen weg. Wir sind jetzt wieder reduziert auf eine Medienausgabestelle, wie man das früher kannte“, fasste Kunz die aktuelle Situation in der jüngsten Sitzung des Verwaltungssauschusses zusammen, wo sie ihren Jahresbericht präsentierte.

Kunden zurückgewinnen

Franziska Kunz geht auch nicht davon aus, dass sich diese Entwicklung nach Corona sofort komplett umdrehen lässt. „Es wird sehr lange dauern, das alles wieder aufzuholen“, prognostizierte sie. Das heißt aber nicht, dass die Leiterin und ihr Team nun den Kopf in den Sand stecken würden. Man werde analysieren, wie man die Kunden, die in den vergangenen Monaten weggebrochen sind, zurückholen könne. Ganz oben auf der Agenda steht zudem das Bemühen, mit den Schulen und Kindergärten in Kontakt zu treten und zu schauen, wo diese stehen, was sie brauchen, wie man den verloren gegangenen Faden wieder aufnehmen kann. Denn komplett flachgefallen sind naturgemäß zuletzt auch die Kooperationen mit den Schulen und Kindergärten.

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Dass die Zusammenarbeit mit den ganz jungen und künftigen Lesern nicht versandet, ist auch den Räten ein großes Anliegen. Sebastian Engelmann von den Grünen fragte, ob man nicht vielleicht schon bald Kindergartenkinder ins Haus holen könne. Denn die seien coronabedingt ohnehin in feste Gruppen aufgeteilt und durchgetestet. Sprich: Das Infektionsrisiko müsste hier doch arg überschaubar sein. „Ich denke auch, dass das kurzfristig machbar sein müsste“, erwiderte Kunz. Heike Breitenbücher von der CDU hatte derweil eher die Schüler auf dem Schirm und regte an, eventuell mit digitalen Formaten auf die Jungs und Mädchen zuzugehen. Es böte sich ja geradezu an, im virtuellen Raum die Möglichkeiten aufzuzeigen, die hinter der Onleihe stecken, meinte Breitenbücher. Noch sei nichts in der Richtung angestoßen worden, man werde aber auf Lehrer und Erzieherinnen zugehen, um den Bedarf auszuloten, sagte Franziska Kunz, die von allen Fraktionen ein dickes Dankeschön an das Büchereiteam für den Einsatz und Ideenreichtum in der Krisenzeit mit in die Einrichtung nehmen konnte.

Ära der Sachbücher geht zu Ende

Eher unabhängig von Corona ist der Umstand zu sehen, dass die Nachfrage nach Sachbüchern in der Bücherei stark rückläufig ist, weshalb der Bestand in diesem Segment auf ein Minimum zurückgefahren werden soll. Das Angebot werde dann über die Onleihe, also elektronische Formate, abgedeckt, sagte Franziska Kunz. Mittelfristig sieht sie auch ein sinkendes Interesse an den momentan noch populären DVDs und CDs. Streamingangebote seien hier verstärkt im Kommen – über deren Einführung auch in Marbach diskutiert wird. „Es gibt mittlerweile viele Angebote, die man auch als Bibliothek lizenzieren kann. Das sind qualitativ hochwertige Dienstleistungen, die Netflix durchaus Konkurrenz machen können“.