Richterin wie Staatsanwaltschaft sahen das Tierwohl gefährdet. Foto: fotolia

Eine 57-jährige Oberstenfelderin hat ein verletztes Tier nicht zum Arzt gebracht. Andere Vögel erfroren auf ihrem Hof. Die Halterin nahm das einfach hin: „Die Stärkeren überleben, die Schwächeren nicht.“

Oberstenfeld - Lebende Pekingenten haben ein Recht auf anständige Behandlung durch ihre Besitzer. Das musste jetzt eine Frau aus Oberstenfeld entgegen ihrer Überzeugung vor Gericht erfahren. Die 57-Jährige hatte sich kürzlich wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz vor dem Amtsgericht in Marbach zu verantworten.

Der Fuß der Ente war stark geschwollen

Im März 2020 und wohl auch schon Wochen davor versorgte die Frau laut Anklage eine ihrer Pekingenten unzureichend. Offenbar hatte das Tier den linken Fuß gebrochen, aß und trank immer weniger und konnte auch sein Gefieder nicht mehr adäquat pflegen. Weil die Besitzerin das verletzte Tier nicht zügig zum Tierarzt brachte, nahm sie der Staatsanwaltschaft zufolge die erheblichen Qualen der Ente billigend in Kauf. Zeugen hatten in Bildern festgehalten, dass der Fuß des Tieres auf gut die vierfache Größe wie normal angeschwollen war und dass auf dem Hof auch einige tote Enten herumlagen. Die Staatsanwaltschaft schickte der Frau darauf einen Strafbefehl über 50 Tagessätze zu je 30 Euro. Dagegen legte die Entenhalterin Einspruch ein, der nun verhandelt wurde.

„Ich fühle mich diskriminiert, als Ausländerin machen sie mir doch besonders Ärger“, ereiferte sich die Frau im Gerichtssaal. Die Richterin Ursula Ziegler-Göller machte sie darauf aufmerksam, dass hier lediglich das Tierwohl zur Verhandlung stehe. Sie habe versucht, den Fuß des Tieres zu versorgen, gab die 57-Jährige an. Dieses habe jedoch mit dem Schnabel immer darauf herumgehackt, berichtete die Angeklagte lauter werdend. Die verendeten Enten seien dagegen bei einem plötzlichen Kälteeinbruch erfroren. So sei das eben nun mal: „Die Stärkeren überleben, die Schwächeren nicht.“

„Recht des Stärkeren“ zählt hier nicht

Richterin Ursula Ziegler-Göller machte aus ihrer Abscheu gegenüber dieser Einstellung keinerlei Hehl. Unmissverständlich machte auch der Staatsanwalt deutlich, dass die Ansicht der Angeklagten in der freien Wildbahn gelten mag, jedoch nicht für die Tierhaltung. Für die Taten der Frau befand er daher auch den Strafbefehl für „vergleichsweise milde“. Kein bisschen überzeugt oder einsichtig gegenüber ihrem Fehlverhalten zog die 57-Jährige schließlich widerwillig ihren Einspruch unter lautem Protest zurück: „Für eine einzelne Ente zahlen wir 1500 Euro, was ist mit den Hühnern und Schweinen in der Massentierhaltung?“