Am Bahnhof werden offenbar besonders gerne Strafzettel verteilt. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Nutzer beklagen sich über überhöhte Strafzettel, absurde Mahngebühren und dubiose Inkasso-Unternehmen. Die Betreiberin des Parkplatzes Contipark ist eine Tochter der Bahn, an der generell viel Kritik geübt wird.

Marbach - Uwe Drautz traute seinen Augen nicht, als er den Strafzettel über 32 Euro hinter seinem Scheibenwischer an der Windschutzscheibe entdeckte. Ihm war ein kleiner Fehler unterlaufen, als er sein Auto auf dem Parkplatz an der Kirchenweinbergstraße hinter dem Marbacher Bahnhof abgestellt hatte: Statt der geforderten Mindestgebühr von zwei Euro hatte er nur 1,50 Euro bezahlt. „Dass die Mindestgebühr erhöht worden ist, hatte ich nicht mitgekriegt. Zuletzt galten stets die 1,50 Euro“, erklärt er sein Versehen in der Hektik beim rechtzeitigen Umstieg in die S-Bahn.

Dass er wegen der fehlenden 50 Cent gleich eine mehr als 60-fach höhere Strafe zahlen sollte, empörte ihn jedoch enorm. Nachdem er sich von einem Anwalt beraten lassen hatte, zahlte er den Strafzettel dennoch zähneknirschend. „Da kassiert die Parkplatz-Gesellschaft ganz schön ab“, schimpft er. Die Parkplatz-Gesellschaft, das ist die Firma Contipark in Berlin, die zusammen mit einer Tochter der Deutschen Bahn den Marbacher Bahnhofsparkplatz am Kirchenweinberg betreibt.

Noch tolldreister klingt, was für Erfahrungen Thomas Hillenbrand mit dieser gemacht hat. Der Mann aus Oberstenfeld erhielt eines Tages ein Mahnschreiben von Contipark über 31,50 Euro zuzüglich 7,50 Euro Mahnkosten, weil er sein Fahrzeug im Januar 2019 ohne gültigen Parkschein auf dem Parkplatz am Kirchenweinberg abgestellt habe. Das Skurrile daran: Hillenbrand hat seit 2015 ein Abo des früheren Betreibers VVS für diesen Parkplatz und zahlte pro Halbjahr 60 Euro im Voraus dafür – 90 Euro, seit Contipark den Parkplatz betreibt. Auf seinen Einwand reagierte Contipark zunächst nicht. Einen Monat später, im Juni 2019, erhielt der Oberstenfelder ein „Angebot“ von Contipark, die Angelegenheit einvernehmlich mit der Zahlung von 30 Euro zu regeln.

Nachdem Thomas Hillenbrand, als Strafrichter am Stuttgarter Landgericht juristisch durchaus bewandert, dieses Angebot ausschlug, bekam er ein Schreiben von einem Inkassobüro mit Sitz in Verl in Nordrhein-Westfalen. Darin wurde behauptet, die Forderung gegen ihn sei an eine Firma IFA Finance DAC abgetreten worden und belaufe sich nunmehr auf 98,14 Euro.

Der Oberstenfelder bat darum, einen Nachweis für die Abtretung zu bekommen und um eine Anschrift der IFA Finance DAC. Auf diese Bitte erhielt Hillenbrand keine Antwort mehr. „Stattdessen kamen nahezu im Wochentakt ständig neue Zahlungsaufforderungen, in denen teilweise Ratenzahlungen angeboten wurden, teilweise aber auch unverhohlen mit weiteren Kosten gedroht wurde“, berichtet der Richter.

Am Ende wurde Thomas Hillenbrand eine so genannte „Titulierungsankündigung“ übersandt, in der ein Mahnbescheid angedroht wurde und zusätzliche Titulierungsgebühren in Rechnung gestellt, sodass sich die ursprüngliche Forderung von 30 Euro auf nunmehr 156,68 Euro mehr als verfünffacht hatte. „Das sind alles unberechtigte Fantasiekosten, die ersichtlich auf Einschüchterung angelegt sind“, erklärt Hillenbrand, der zuletzt im Februar dieses Jahres tatsächlich einen Mahnbescheid des Amtsgerichts Berlin-Wedding erhielt. In diesem erfuhr er erstmals, dass die Firma IFA Finance DAC, die angeblich Inhaber der Forderung sein soll, ihren Sitz in Irland hat.

Gegen den Mahnbescheid hat der Richter Widerspruch eingelegt, seitdem ist nichts mehr passiert. Eine Mitarbeiterin der Pressestelle von Contipark sieht die Firma im Recht: Thomas Hillenbrand habe ohne gültigen Parkschein geparkt und sei auf Zahlungsaufforderungen und auch einvernehmliche Angebote nicht eingegangen. Danach habe man die Sache dann einem Inkassounternehmen übergeben.

Hillenbrand zeigt ein Stück weit Verständnis dafür, dass die Firma Contipark für das Schneiden der Büsche und das Sauberhalten des Parkplatzes relativ hohe Gebühren erhebt und gegen Schwarzparker rigoros vorgeht. „Dass aber mit einem langjährigen Stammkunden derart aggressiv und unseriös umgesprungen wird, erstaunt mich schon – erst recht, wenn man Pendler zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel bewegen will“, kann sich der Richter einen Seitenhieb in Richtung der Deutschen Bahn nicht verkneifen.

Thomas Hillenbrand will auch nicht ausschließen, dass er an besagtem Tag im Januar 2019 vergessen hatte, seinen Ausweis hinter die Windschutzscheibe zu legen. „Die in diesen Fällen übliche Schusselgebühr von sieben Euro, wie sie der VVS von Leuten erhebt, die ihre Zeitfahrkarte vergessen haben, hätte ich wahrscheinlich bezahlt“, sagt er. Contipark ziele aber erkennbar auf maximale Gewinnerzielung ab und greife für die Drecksarbeit auf die Abmahnindustrie zurück. „Für die hinter den Vorgängen stehende Deutsche Bahn ist das schlicht unwürdig“, ergänzt Hillenbrand.

Der Marbacher Bürgermeister Jan Trost erklärt, als die Stadt die Bewirtschaftung des Parkplatzes an die Contipark übergeben habe, habe es in der Anfangszeit Beschwerden von Nutzern gegeben. Inzwischen sei dies aber nicht mehr der Fall.

Die Firma Contipark
Die Firma Contipark ist eine 100-prozentige Tochter der belgischen Interparking und wurde 1967 in Berlin gegründet. Nach eigenen Angaben bewirtschaftet die Firma in Deutschland und Österreich rund 130 000 Parkplätze in 190 Städten. Zusammen mit der Bahn-Tochter DB Station und Service AG betreibt Contipark die Parkplätze an den meisten Bahnhöfen der DB.
Geschichten über unseriöses Geschäftsgebaren und Abzocke im Zusammenhang mit diesen Parkplätzen finden sich in einschlägigen Internetforen zuhauf. Ein Mann berichtet, er habe sein Auto auf einem Bahnhofsparkplatz abgestellt, um seiner Frau und den zwei kleinen Kindern beim Einsteigen mit schwerem Gepäck zu helfen. Das Ganze habe nicht länger als drei Minuten gedauert, dennoch habe in der Zwischenzeit jemand einen Strafzettel über 32 Euro an das Auto geheftet. Andere Betroffene berichten von Strafzetteln, die sogar eine halbe Stunde vor Ablauf der bezahlten Parkzeit ausgestellt wurden beziehungsweise zu einer Zeit, zu der der Fahrer nachweislich noch auf der Autobahn unterwegs war. In Hannover fand ein Mann laut den Beschreibungen einen Strafzettel über den Betrag von 41,50 Euro vor, weil er wenige Zentimeter außerhalb der Parkmarkierung gestanden haben soll.