Foto: Archiv

Die 69-Jährige, die im Februar ihren Mann umgebracht und ihren Sohn schwer verletzt hat, wird in einem Krankenhaus untergebracht. Richter sieht keine Schuldfähigkeit.

Steinheim - Ohne große Überraschungen hat am Freitag der Prozess um eine 69-jährige Steinheimerin geendet, die am 7. Februar dieses Jahres ihren Mann umgebracht und den Sohn schwer verletzt hat. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigerin hatten darauf plädiert, die Frau in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen. Dem schloss sich der Vorsitzende Richter in seinem Urteil an.

In der ausführlichen Urteilsbegründung ließ der Richter die Tat nochmals Revue passieren. Er schilderte, wie die Frau ihrem Mann und ihrem Sohn im abendlichen Pfefferminztee Schlafmittel verabreicht, einen Fliesenschneider mit Tesafilm präpariert habe, damit er sich besser als Schlagwerkzeug eigne, wie sie danach fünfmal mit diesem Fliesenschneider auf ihren schlafenden Mann eingeschlagen und ihm darüber hinaus mit einem großen Küchenmesser fünf Stiche versetzt habe, von denen einer tödlich war.

Danach sei sie ins Obergeschoss des Hauses gegangen mit der Absicht, auch ihren Sohn zu töten. Der kam jedoch zu sich und wehrte den Angriff der Mutter ab. Er erlitt Frakturen der Schädelhöhle und des Augenhöhlendachs. Nach dem missglückten Tötungsversuch flüchtete die Frau und brachte sich selbst mit dem Messer Verletzungen bei.

„Die wenigsten hätten dieses Täterbild mit Ihnen in Verbindung gebracht“, sagte der Richter in der Abschlussverhandlung zu der weinenden Rentnerin. „Die Zeugen sagten unisono: Ihr hätten wir das nicht zugetraut. Die Schwierigkeit im Prozess war herauszufinden, warum es geschehen ist.“ Letzten Endes seien der Auslöser für die Familientragödie wohl die Zivilstreitigkeiten um den Verkauf zweier Häuser in Norddeutschland gewesen, so der Richter. „Das hat dazu geführt, dass Sie aus der Bahn geworfen wurden.“

Erste Anzeichen einer psychischen Erkrankung habe es bereits 1986 gegeben, so der Vorsitzende Richter weiter, doch habe man damals wohl nicht damit gerechnet, dass die Erkrankung solche Ausmaße annehmen könne. Eine ärztliche Behandlung fand nur unregelmäßig statt, auch ihre Medikamente habe die Frau eigenmächtig abgesetzt, da ihr die Einsicht, krank zu sein, gefehlt habe. Die Bitten ihrer Familie, sich doch einer Psychotherapie zu unterziehen, habe sie abgelehnt.

Dem Plädoyer der Verteidigerin, das Gericht möge einen gemeinschaftlichen Suizid anerkennen, mochte der Richter nicht folgen. Die Frau habe gewusst, dass ihr Mann und ihr Sohn im Hinblick auf den Zivilrechtsstreit anderer Meinung gewesen seien als sie und niemals Selbstmord begangen hätten. Sie habe sich bewusst über den Willen dieser beiden Menschen hinweggesetzt. „Rechtlich ist das Mord an Ihrem Mann und versuchter Mord mit Körperverletzung im Fall Ihres Sohnes.“ Auch die für einen Mord nötige Heimtücke sei gegeben, da sie die Arglosigkeit ihrer Familie ausgenutzt habe. Dennoch sagte der Richter: „Wir werden Sie nicht bestrafen, denn dazu bedürfte es der Schuld, und die fehlt.“ Die Frau sei zum Tatzeitpunkt in ihrer Steuerungsfähigkeit zumindest erheblich eingeschränkt gewesen.

Die Unterbringung nach Paragraf 63 des Strafgesetzbuchs sei nötig, da aufgrund des sehr langwierigen Krankheitsverlaufs eine Gefahr für die Allgemeinheit gegeben sei und die Krankheitseinsicht der Frau wechselnd sei. Deshalb könne die Unterbringung auch nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.

Der Richter ging abschließend auf das besondere Verhältnis der 69-jährigen zu ihrem Sohn ein, der auch zur Urteilsverkündung gekommen war. „Es war für uns fast schon rührend, wie sich Ihr Sohn um Sie kümmert.“ Trotzdem sollten sich beide damit abfinden, nie mehr unter einem Dach zusammenzuleben. „Das können und wollen wir nicht empfehlen.“