Wiesen werden so gepflegt, dass sich möglichst viele Arten ansiedeln – wie eine seltene Orchidee.
Steinheim - Für die Stadt Steinheim wird es immer schwieriger, Pächter für ihre Grünflächen zu finden. Was der Kommune vielleicht zunächst ungelegen kommt, weil sie sich selbst um die Areale kümmern muss, erweist sich als ein Glücksfall für die Natur. Denn die Stadt lässt die Parzellen per Extensivmahd so pflegen, dass sich dort möglichst viele Tier- und Pflanzenarten ansiedeln. An diesem Prinzip hält man auch weiter fest. Die entsprechenden Arbeiten auf 101 Grundstücken im Außenbereich wurden in mehrere Lose aufgesplittet und jetzt im Gemeinderat für 36 Monate an die Firmen Max Schäfer Landschaftsdienste in Benningen und die Reutter GmbH Landschaftpflege aus Welzheim vergeben. Pro Jahr werden dafür 39 000 Euro fällig.
Dieses Geld scheint im Sinne der ökologischen Diversität gut angelegt zu sein. Diesen Schluss lassen zumindest die Ausführungen des städtischen Umweltbeauftragten Eric Hirsch zu, der im Gemeinderat hervorhob, wie sich einzelne Flächen mit der Zeit von eintönigen Landschaften zu bunten Blütenteppichen gemausert haben. Grundlage dafür ist stets das Prinzip der Extensivmahd. „Es ist dabei nicht das Ziel, möglichst viel Ertrag aus den Flächen herauszuholen“, betonte Hirsch. Vielmehr werde angestrebt, das ökologische Potenzial der Areale so weit es geht auszuschöpfen. Deshalb würden die Wiesen, Gräben und Säume nur ein- oder zweimal pro Jahr gekürzt. Das Mähgut lässt man einige Tage liegen und antrocknen, damit es aussamen kann, wird dann aber abgeräumt. Die Böden magern im Laufe der Zeit aus, es treten keine Düngeeffekte ein, das Artenspektrum verändert sich, wird vielfältiger und die Gebiete werden nicht nur von einigen wenigen Platzhirschen dominiert.
Ein Profiteur von dieser Entwicklung ist beispielsweise die Bocksriemenzunge. „Das ist eine sehr seltene Orchideenart“, erklärte Eric Hirsch. Sie zählt in Deutschland zu den geschützten Arten und gedeiht in der Urmenschstadt an der Böschung im Bereich eines Grundstücks, das als Ausgleichsfläche für das geplante Wohngebiet Scheibenäcker in Kleinbottwar dient. Das Areal habe sich insgesamt „wunderbar entwickelt“, betonte Hirsch. Eine ehemalige Ackerfläche sei hier zu einer Streuobstwiese geworden, an der sich auch eine Hecke herausgebildet habe. Von der Orchidee habe man drei Exemplare entdeckt – erstmals an dieser Stelle.
Als ökologischer Ersatz für die Versiegelung durch das Wohngebiet Horrenwinkel IV und V konnte sich die Stadt ein Terrain an der Kreisstraße zwischen Kleinbottwar und Großbottwar anrechnen lassen. Hier stoße man auf eine artenreiche Wiese mit einem großen Blütenspektrum, erläuterte Eric Hirsch.
Eine lang gezogene Böschung im Rohrbachtal werde ebenfalls per Extensivmahd behandelt. „Das sind auch Strukturen, die mittlerweile sehr wertvoll geworden sind“, sagte Hirsch. An Wassergräben und Bachläufen habe sich wegen der besonderen Pflege ebenfalls ein breiteres Artenspektrum entwickelt.
Im Portfolio hat die Stadt zudem einige Streuobstwiesen in Kleinbottwar, die per Extensivmahd in Form gebracht werden. Michael Uhl von der SPD wollte in dem Zusammenhang wissen, was mit dem Obst auf diesen städtischen Grundstücken geschehe. „Nichts Organisiertes“, sagte Eric Hirsch. Wenn die Ernte insgesamt gut ausfalle, blieben Äpfel und Co. liegen. In weniger ertragreichen Jahren bekomme man indes viele Anfragen und die Früchte würden abgepflückt.