Wir verschaffen uns erst mal einen Überblick über den Kurs, bevor wir die wilde Fahrt auf der Pumptrackanlage wagen. Foto: avanti (1), Christian Kempf (4)

Bei der Radtour mit Kindern von Affalterbach nach Großbottwar werden mehrere Attraktionen eingebaut.

Marbach/Bottwartal - Alle Eltern wissen: Es ist eine Kunst für sich, eine Radtour auf die Beine zu stellen, bei der die Kids nicht schon nach zehn Minuten das Gesicht verziehen – weil es zu anstrengend ist und sie der bezaubernden Landschaft im Gegensatz zu Mama und Papa höchstens ein müdes Lächeln abgewinnen können. Deshalb haben wir uns bei unserer Sommerserien-Strecke für einen Trip entschieden, bei dem erwachsene Genussradler und abenteuerlustige Kinder gleichermaßen auf ihre Kosten kommen sollten. Wir haben eine Route ausgetüftelt, die uns über offene Felder, unter schattigen Bäumen und oft am Wasser entlangführt und dabei immer wieder Stopps an Stationen eingebaut, an denen Kids spielen, beobachten oder sich abkühlen konnten. Letzteres ist auch bitter nötig. Denn wir machen uns an einem Samstag auf den Weg, an dem das Thermometer auf 35 Grad klettert.

 

Als Erstes steuern wir die Pumptrackanlage in Birkhau an, eine wilde Berg- und Talbahn, die bei Mädchen und Jungs hoch im Kurs steht. Wir, das sind mein Kumpel Andi Quass, sein achtjähriger Sohn Noah, meine zwölfjährige Tochter Ella und eben ich. Ella rollt anfangs eher vorsichtig durch den Parcours, probiert es dann aber mal wie die echten Könner, die nur über das Auf und Ab der Bahn Tempo aufnehmen und gar nicht in die Pedale treten. Das ist aber schwieriger, als man denken könnte. Weit vor Ende der Runde ist bei Ella der Schwung weg. Ich schaffe es nicht mal halb so weit, komme sogar einmal ins Schlingern. Laune macht es trotzdem. Von Runde zu Runde wird das Gefühl für die Bahn besser. Noah bewegt sich sogar schon recht lässig über den hügeligen Parcours. Dabei hat es ihn hier bei einem früheren Besuch schon zweimal flachgelegt. Sein Fazit nach gut 20 Minuten: „Cool – nein: megacool. Ich will hier noch bleiben.“ Würden wir auch gerne. Doch wir müssen weiter.

Von Birkhau radeln wir nach Affalterbach, wo uns Ella verlässt. Sie verträgt die Hitze nicht, möchte aber später wieder dazustoßen. Also rollen wir als reines Männer-Trio weiter. Über Felder, vorbei an Pferdekoppeln, erreichen wir die Bahnhofstraße in Erdmannhausen, überqueren diese und machen Rast am Brezelspielplatz. Noah wohnt im Ort, kennt die Anlage wie seine Westentasche und mag vor allem die Klettermöglichkeiten. Er turnt ganz oben auf dem Brezelgerüst herum, während wir Erwachsene es uns an einem Schattenplätzchen gemütlich machen. Das ist auch ein großer Pluspunkt des Spielplatzes: Unter den vielen Bäumen kann man es auch bei diesen mörderischen Temperaturen aushalten. Bevor wir uns aber festsitzen, packen wir zusammen und schwingen uns wieder aufs Rad.

Durch Erdmannhausen quälen wir uns den Berg hinauf Richtung Obstplantagen, fahren daran vorbei nach Marbach bis auf Höhe des Seniorenstifts, biegen zum Hörnle-Steg ab, brettern nach unten und durch den Wald zum Eichgraben, passieren die Landesstraße und sehen stehen schließlich am Bootshaus: unserem nächsten Ziel.

Normalerweise ist es hier ziemlich voll. Doch es ist erst kurz nach 11 Uhr und wir können uns einen Platz aussuchen. Wir holen uns etwas zu trinken und zu essen, lümmeln uns dann auf eine weiße Bank mit Blick auf den Neckar. Noah verkrümelt sich mit seiner Pommes und hockt sich direkt ans Ufer. Klar, da ist es für Kinder spannender. Ruderer ziehen mit einem Affenzahn und angetrieben von einem Trainer vorbei, anschließend treibt ein Stand-up-Paddler gemächlich durch den Fluss. Noah hat aber noch etwas ganz anderes entdeckt: die vielen Fische, die in Ufernähe durch das Wasser zappeln. Zudem schwirren zwei wunderschöne Libellen an uns vorbei. Man könnte es an dieser Stelle stundenlang aushalten. Aber wir sind ja auch zum Kicken hier. Und deshalb fahren wir weiter über den Neckarsteg zum Benninger Bolzplatz am Neckar.

Andi hat einen Ball in seinen Rucksack gepackt, den er jetzt herauskramt. Die Sonne brennt gnadenlos vom Himmel. Aber hey, beim 7:1-Sieg gegen Brasilien in Belo Horizonte haben Jogis Jungs auch nicht mit Schirmchen gespielt. Andi und ich schleppen uns also auf den Platz, flanken, tricksen und knallen aufs Tor. Noah steht freiwillig im Kasten und hechtet nach den Bällen. Jeden Treffer bejubeln wir übertrieben frenetisch, schließlich haben wir auch Zuschauer. Eine Gruppe junger Radfahrer hat ein paar Meter entfernt von uns eine Pause eingelegt und beginnt sich für die stümperhaften Kicker auf dem Rasenplatz zu interessieren. Und plötzlich gibt es sogar lauten Applaus von den Rängen. Andi zieht aus 30 Metern ab, Noah verschätzt sich, der Ball tippt kurz vor ihm auf, fliegt über ihn und senkt sich hinter ihm ins Tor. Nach diesem Tor des Jahres hätten wir eigentlich allen Grund, uns vor Freude in den Armen zu liegen. Doch wir sind zu erschöpft, brauchen eine Erfrischung. Auf zur Eisdiele.

Wir wechseln wieder die Neckarseite, fahren über die Brücke zur Häldenmühle, daran vorbei, sehen irgendwann linker Hand den Murrer Sportplatz, treten aber weiter auf dem Radweg in die Pedale, überqueren die Murrbrücke in Steinheim und stoppen auf dem Marktplatz der Urmenschstadt. Noah findet, dass es dort das beste Eis weit und breit gibt. Wir haben ein freies Bänkchen gefunden, auf dem er und Andi jeweils zwei Kugeln schlotzen, ich gönne mir einen Kaffee. Auch andere Radler legen hier eine Pause ein. Die Pedaleure können sich am Marktplatz mitten in der Stadt aber nicht nur stärken, sondern bei Bedarf an einem Automaten sogar einen neuen Schlauch herauslassen. Was es nicht alles gibt!

Wir bleiben von Pannen verschont und sitzen auch wieder auf dem Sattel. Wir fahren zum Steppi-Kreisel, biegen hier auf den Radweg nach Kleinbottwar ab. Dort überqueren wir die Hauptstraße und setzen die Fahrt auf dem Radweg nach Großbottwar fort. Einen Zwischenstopp legen wir bei den Wasserbüffeln ein, die an der Bottwar grasen. Die verdrücken sich aber gerade auf eine andere Weidefläche, sodass wir die mächtigen Tiere von unserem Standort aus nur erahnen können. Noah ist aber ohnehin fast mehr von dem Elektrozaun gefesselt, mit dem die Büffel eingezäunt sind. Was passiert, wenn man den anfasst? Kann man da draufspringen? Welche Auswirkungen hat ein Stromschlag auf die Büffel? Wir beantworten seine Fragen nach bestem Halbwissen und Gewissen und machen vor allem eines klar: Niemals den Zaun anfassen. Nach diesem pädagogischen Einschub setzen wir die Tour fort, fahren durch Großbottwar zum Winzerhäuser Tal.

Dort spielen wir eine Runde Fußball-Minigolf im Campo del Sol. Ella ist inzwischen wieder zu uns gestoßen. Dieses Vergnügen wollte sie nicht verpassen. Und es macht tatsächlich tierisch Spaß. Mal muss mal den Ball volley in einem kleinen Tor unterbringen, mal über eine Wand lupfen, mal möglichst in einer vorgegebenen Geschwindigkeit treffen. Nicht alles gelingt jedem, aber wir feuern uns gegenseitig an. Zwischendurch beobachten wir die vielen Fußballer um uns herum, die stellenweise in Mannschaftsstärke hier aufgeschlagen sind und ebenfalls eine Menge Gaudi haben. Wir rechnen am Ende die Punkte zusammen, doch wer gewonnen hat ist uns egal. Uns ist wichtig, dass wir einen schönen Tag hatten. Und in dem Punkt sind wir Erwachsene und die Kinder sich definitiv einig.