In die Fauna und Flora unterhalb des Lichtenbergs wird eingegriffen. Foto: Werner Kuhnle

Das Neubauareal Dürren IV soll 210 Menschen eine Heimat bieten. Jetzt nimmt es dank erheblicher ökologischer Feinarbeit die nächste Hürde im Rat.

Oberstenfeld - Drei Jahre sind ins Land gegangen, seitdem die Gemeinde Oberstenfeld den Aufstellungsbeschluss fasste, am Fuß des Lichtenbergs ein Neubaugebiet namens Dürren IV anzulegen. Sie möchte rund 210 Menschen ein neues Zuhause in dem 2,3 Hektar großen Areal ermöglichen. Die nächste Etappe bis zu diesem Ziel läutete der Gemeinderat am Donnerstag durch den Beschluss zum Bebauungsplan ein. Deutlich wurde: Der Aufwand für den ökologischen Ausgleich für das sensible Gebiet ist erheblich – was auch die lange Wartezeit seit 2016 erklärt.

 

Eine Lanze für das neue Baugebiet brach der Bürgermeister Markus Kleemann. „Es ist schade um die schöne Natur dort“, räumte er in der Ratssitzung ein, allerdings verrate schon der Name „Dürren“, dass es sich nicht um die besten landwirtschaftlichen Böden handele. Das Gebiet stehe seit 25 Jahren im Flächennutzungsplan. „Die Nachfrage nach Wohnraum ist unbestreitbar groß“, erklärte Kleemann. Vor allem Familien suchten Wohnraum, aber auch Senioren, die Barrierefreiheit bräuchten. „Es geht um die Zukunftsfähigkeit der Gemeinde.“ Kleemann wertete die bisher einstimmig gefassten Ratsbeschlüsse als „klaren Auftrag“ an die Verwaltung.

Die Gemeinde Oberstenfeld unternimmt derzeit verstärkt Anstrengungen, Wohnraum zu gewinnen. Zuletzt hatte sie den Grundsatzbeschluss für das Neubaugebiet Am Krixenberg gefasst. Auf dem 2,4  Hektar großen Gelände sollen auf 51  Bauplätzen maximal 127 Wohneinheiten entstehen. 70 Interessenten hatten sich bei der Gemeinde dazu gemeldet. Und auch in den Bottwarwiesen soll unter anderem Wohnraum entstehen. Auf dem ehemaligen Gelände von Werzalit ist die Levkas GmbH, eine Tochter der Backnanger Volksbank, in diesem Jahr als Investor bekannt geworden.

Das älteste der drei Projekte ist jedoch das Neubaugebiet Dürren IV. Die Gemeinde hatte jahrzehntelang Grundstücke aufgekauft. In der Sitzung am Donnerstag ging es jetzt vor allem um die konkrete Gestaltung. Wichtig sei, wie der Ortsrand künftig aus der Fernsicht wirke, erklärte Johannes Kleinhans, Städteplaner des Ostfilderner Büros KPS den Räten. Zwar sei der Geschosswohnungsbau anfangs umstritten gewesen, doch müsse man so bauen, um den Bedarf zu erfüllen. „Wir bauen am tiefsten Punkt, und die Gebäude werden maximal zwölf Meter hoch“, erklärte er. Außerdem entstehen 16 Einzelhäuser, acht Doppelhäuser und sechs Reihenhäuser, insgesamt sind es 90 bis 100 Wohneinheiten. Die Erschließungsstraße verlaufe ringförmig, die Gehwege seien auf einer Seite. Dass man mit den Gebäudehöhen noch unter den Forderungen des Landes bleibe, hatte der Bürgermeister Markus Kleemann eingangs betont.

Als „sehr gut“ bewertete Thomas Friedemann vom Büro Schmelzer + Friedemann aus Ostfildern den Kauf von Grundstücken in der Bottwaraue. So sei die Fläche für den Ausgleich von 4,2 auf 5,6 Hektar gewachsen. Die Gemeinde könne in der Aue unter anderem mittels blumenreicheren Wiesen einen ökologischen Ausgleich für den Verlust von Naturräumen im Baugebiet schaffen. Das ist wegen des Verlustes von Biotopen auch notwendig. So fällt eine Streuobstwiese oberhalb weg – dort hält eine Mauer Regenwasser ab. In der Bottwaraue wird hingegen etwas für den Großen Feuerfalter getan. Eine Amphibiensperre verhindert, dass der Springfrosch auf Abwege in Richtung Baugebiet gerät. Diverse Nisthilfen sowie Fledermausrundkästen werden in Streuobstgebieten im Umfeld angebracht. Unterm Strich erwirtschaftet die Kommune ein Plus von 12 000 Ökopunkten, das sie für künftige Projekte abspeichern und verwenden kann.

Nicht benennen konnte Thomas Friedemann die Zahl der Eidechsen, die bisher gefunden worden seien. Die Daten hatte der SPD-Rat Hanns-Otto Oechsle angefordert: „Wir müssen den Bürgern klarmachen, für wie viel Geld wie viele Tiere umgesiedelt wurden“, sagte Oechsle und erhielt Rückendeckung vom Freien-Wähler-Fraktionschef Michael Meder, der wissen wollte, wie viel die Ausgleichsmaßnahmen gekostet haben. „Das wirkt sich auf die Grundstückspreise aus.“ Die Daten werden nachgereicht, sobald sie feststehen, versprach Kleemann am Freitag. Jetzt geht das Projekt in die Anhörungsrunde.