Ganztagskitas erfordern von den Erzieherinnen einen erhöhten Einsatz. Foto: /Michael Reichel

Oberstenfeld will den finanziellen Anreiz für Ganztagskräfte hoch halten – andere Kommunen verfahren weniger offensiv.

Oberstenfeld - Total unterschiedlich verfahren Städte und Gemeinden, wenn sie Mitarbeitern Anreize für die Ganztagsbetreuung an Kitas bieten. Die Gemeinde Oberstenfeld zahlt seit 2018 eine Zulage für den Schichtbetrieb. Aktuell sind es monatlich 200 Euro brutto. Andere Kommunen gewähren keine Zulage und verweisen auf Faktoren wie ein qualifiziertes Umfeld. Oberstenfeld hingegen sieht in der Schichtzulage nach wie vor ein wichtiges Mittel zur Motivation.

Die Belastung für Kita-Mitarbeiterinnen im Ganztagsbetrieb von 6.30 Uhr bis 18 Uhr ist höher als halbtags. Die Schichten rufen auch nachmittags, wenn sich viele Erzieherinnen um die eigene Familie kümmern wollen. So hat sich in der Corona-Zeit der Fachkräftemangel in Oberstenfeld zugespitzt.

Die Kita in Oberstenfeld kann nicht mehr voll öffnen

Die personelle Lage am Oberstenfelder Ganztagskindergarten Wirbelwind ist laut Verwaltung prekär. Die Gemeinde könne wegen des Fachkräftemangels die Kita nur noch an 36,5 Stunden in der Woche öffnen. Normal wären 45 Stunden – und dafür gilt die Schichtzulage. Eigentlich müsste sie wegen des Minderbetriebs gestrichen werden, doch beschloss der Gemeinderat am Donnerstag, die Zulage auch dann zu zahlen, wenn die Einrichtung nur an sieben Stunden pro Tag geöffnet werden kann, was einer Mindestbetriebszeit von 35 Stunden in der Woche entspricht.

Der Gemeinderat hatte 2019 die Schichtzulage von 100 auf 200  Euro erhöht und steht hinter dem Konzept. „Wir wollen unser Personal an den Kitas behalten – die berufstätigen Eltern brauchen diese Betreuung“, sagte der Bürgermeister Markus Kleemann.

Murr bietet eine 50-prozentige Vorbereitungszeit zu Hause

Andere Kommunen zahlen bisher noch keine Schichtzulage. Die Gemeinde Murr habe bisher immer Personal für die Ganztagskitas gefunden, erklärt der Bürgermeister Torsten Bartzsch. Als Arbeitgeber biete man Weiterbildungen, pädagogische Tage, eine Supervision sowie eine 50-prozentige Vorbereitungszeit zu Hause.

Attraktiver machen will die Stadt Marbach den Schichtdienst. „Wir entwickeln mit den Einrichtungen ein Konzept“, berichtet die Erste Beigeordnete Franziska Wunschik. Dabei seien finanzielle Anreize möglich.

Steinheim zahlt 100 Euro, Ludwigsburg verweist auf Tarifverträge

Gute Erfahrungen mit einer Mischung von 100 Euro Zulage und einem motivierenden Umfeld habe bisher die Stadt Steinheim gesammelt, sagt der Bürgermeister Thomas Winterhalter. Wichtig sei eine positive Stimmung. Eine höhere Schichtzulage halte er nicht für zielführend: „Wir sollten uns nicht die Leute vom Hof runterklauen.“

Keine Schichtzulage zahlt die Stadt Ludwigsburg. „Sie ist im tariflichen Gefüge nicht abgebildet“, erklärt der Pressesprecher Peter Spear. Dies sollte aber im Sinne der Gleichbehandlung Voraussetzung sein. Die Stadt verweist auf ähnliche Vorteile wie Murr in puncto Fortbildung, Coaching und Beteiligung am Qualitätsmanagement. Spear kündigt für 2022 eine Werbeoffensive an.

Hohe Mieten sorgen für Fachkräftemangel in den Städten

Immer mehr Kommunen sammelten Erfahrungen mit der Schichtzulage, beobachtet Matthias Schneider, Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Stuttgart. Die GEW nehme die Zulage nicht in den Katalog der Tarifverhandlungen 2022 auf, doch begrüße sie es, wenn Kommunen damit die Arbeit außertariflich honorieren. Es gebe darüber hinaus große Unterschiede, wie Kommunen mit „weichen Faktoren“ verfahren. So sei es für junge Absolventen der Fachhochschulen wichtig zu erfahren, ob die Kitas mit einem festen pädagogischen Programm geführt werden. Der Fachkräftemangel habe häufig auch mit hohen Mieten in den Städten zu tun – und sei in eher ländlichen Gebieten nicht so stark ausgeprägt.