Die Gemeinde packt mit dem Kredit die Umstellung auf LED an. Foto: Archiv (Sascha Sauer)

Die Gemeinde bekommt von einer Bank 600 000 Euro zum Nulltarif. Der Bürgermeister ist darüber erfreut weil es ihm Spielräume eröffnet.

Oberstenfeld - Das Finanzwesen treibt schon mal bizarre Blüten. Die Gemeinde Oberstenfeld profitiert von der anhaltenden Niedrigzinsphase. Sie hat deshalb mit einer Bank einen Kredit ausgehandelt, der sie nichts kostet. Die Landeskreditbank stellt der Kommune 600 000 Euro zur Verfügung, die sie 15 Jahre lang zum Nulltarif behalten darf. „Wir zahlen auch keine Bearbeitungsgebühr“, freut sich der Bürgermeister Markus Kleemann. Eine Erklärung für die Großzügigkeit hat der Oberstenfelder Rathauschef: „Die Bank müsste sonst Verwahrgelder bei der Europäischen Zentralbank zahlen.“ Sprich: Strafzinsen wären fällig.

Das Geld muss von der Gemeinde für bestimmte Zwecke verwendet werden. Als Grund gab sie bei der Bank Investitionen in den Brandschutz, die Kindertagesstätten und in die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik an. „Wir hätten das Geld auch aus unseren Rücklagen aufbringen können, schonen diese aber“, sagt Markus Kleemann, dessen Gemeinde über 3,25 Millionen Euro liquide Mittel und über langfristige Geldanlagen von 2,65 Millionen Euro verfügt. „Wir sind mit diesen insgesamt 5,9 Millionen Euro nicht verschuldet“, betont der Verwaltungschef. Denn der Schuldenstand liege bei 5,4 Millionen Euro. Davon entfallen rund 1,65  Millionen Euro auf den Eigenbetrieb Wasserversorgung, der Rest auf den Oberstenfelder Kernhaushalt.

Markus Kleemann denkt an die Zukunft. „Wir stehen in Gesprächen mit Bauunternehmen, die im Gebiet Bottwarwiesen Wohnraum schaffen wollen.“ Die Idee, selbst als Bauherr aufzutreten, hat der Bürgermeister verworfen. „Wir können nicht so hohe Summen bieten wie Privatunternehmen“, erklärt er. Denn die Baufirmen können mit dem Häuserbau und anschließenden Verkauf der Immobilien im Vergleich zur Gemeinde, die nach der Umwandlung des Geländes lediglich die unbebauten Flächen verkaufen könnte, eine viel höhere Wertschöpfung erzielen. Die Gemeinde könne aber mit einem städtebaulichen Vertrag wichtige Weichen stellen, auch was das brennende Thema erschwinglicher Wohnraum angehe.

Für weiterhin „kritisch“ hält die Rechtsaufsichtsbehörde des Landratsamts Ludwigsburg die Oberstenfelder Haushaltslage. Die Prüfer hatten die Finanzlage der 8100-Einwohner-Gemeinde turnusmäßig unter die Lupe genommen. Das entsprechende Papier, von Landrat Rainer Haas unterschrieben, nahmen die Gemeinderäte in der jüngsten Sitzung kommentarlos zur Kenntnis.

Die „sehr gute Wirtschaftslage“ und der Einkommensteueranteil der Gemeinde sicherten den Etat. Damit sei die Kommune aber abhängig von der Konjunktur und den damit verbundenen Steuereinnahmen. Die Gemeinde sei darüber hinaus „weit davon entfernt, ihre Abschreibungen abzüglich der Auflösungen für einen vollständigen Haushaltsausgleich erwirtschaften zu können“, heißt es im Bericht über die anstehenden Abschreibungen in den Jahren 2018 bis 2022.

Rainer Haas und die Rechnungsprüfer empfehlen, die Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung in den nächsten Jahren „konsequent“ fortzusetzen. Nur „absolut notwendige Investitionen“ und die „Pflichtaufgaben“ könne die Gemeinde sich leisten, zudem müssten Gebühren fortlaufend neu kalkuliert werden.

Die Rechtsaufsichtsbehörde führt unter anderem den Zahlungsmittelüberschuss von rund 117 000 Euro in 2019 an, der nicht die gesetzlich geforderte Höhe von rund 362 000 Euro erreicht habe. Mit diesen Überschüssen sollten die jährlichen Kredittilgungen erwirtschaftet werden. Ein Manko, das laut Finanzplanung bis zum Jahr 2022 anhalte.

Weiter den Haushalt zu konsolidieren, hat sich auch Markus Kleemann vorgenommen. Für die genannten Punkte gebe es Pläne, versichert er. Er sieht den Bericht der Finanzprüfer als Bestätigung seines seit 2016 eingeschlagenen Kurses, mit dem er den Haushalt verbesserte. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagt er und setzt sich zum Ziel, mit neuen Baugebieten wie Dürren IV und den Bottwarwiesen auf dem ehemaligen Werzalit-Gelände die Einwohnerzahl hoch zu halten, um weiter mit der Einkommensteuer flüssig zu bleiben.