Eigentlich können Schiffe in Pleidelsheim zwei Schleusenkammern benutzen, aber eine davon ist seit einem Unfall mit einem Containerschiff 2019 kaputt. Foto: Werner Kuhnle

Drei Containerschiffe haben von Samstag bis Montag auf in Pleidelsheim Weiterfahrt gewartet. Und die Gäste des Neckar-Käpt´n mussten während eines Events mit Starkoch Vincent Klink auf andere Weise weiterreisen.

Pleidelsheim - Weil sich das untere Tor der Pleidelsheimer Neckarschleuse am Samstagabend verkantet hatte, musste die Schifffahrt rund um die Schleuse am Wochenende teilweise gestoppt werden. „Es ging nicht mehr vor und nicht mehr zurück“, sagt Walter Braun, Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Neckar. Bei dem betroffenen Tor handele es sich um einen „sehr diffizilen hydraulisch-mechanischen Antrieb“. Die zuständige Rufbereitschaft war deshalb nicht in der Lage, das Schleusentor schnell zu reparieren. Sie hätte lediglich ein in der Schleuse gefangenes Schiff befreien können, erklärt Walter Braun. So musste die komplette Schleuse von Samstagabend an für den Schifffahrtsverkehr vorerst gesperrt werden.

Am Sonntagabend dann konnten die Reparaturarbeiten laut Braun begonnen werden, sie dauerten bis 0.30 Uhr an und mussten wegen Erschöpfung der Arbeiter unterbrochen werden. Am Montag gegen 8 Uhr konnten die letzten Arbeiten erledigt werden. Gegen 9 Uhr habe man die Schleuse für das erste Schiff freigegeben. „Wir haben im Grunde alle Teile der Schleuse ausgetauscht, an denen es gelegen haben könnte“, berichtet Braun. Er sei sehr froh, dass bei den Reparaturarbeiten dann doch alles so gut geklappt habe. Für den Fall, dass noch mal ein ähnlicher Defekt eintrete, hat das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt nun einen Notaggregat vor Ort deponiert, „damit wir schneller reagieren können“.

Der Amtsleiter ärgert sich

Als sehr ärgerlich empfindet Amtsleiter Walter Braun das Malheur, weil vier Schiffe nicht weiterfahren konnten. Drei davon hatten Container geladen, die wegen der Sperrung nicht rechtzeitig beim Empfänger abgeliefert werden konnten. „Wir wollen die Schifffahrt auf dem Neckar schließlich möglich machen und dabei auch zuverlässig sein“, sagt Braun weiter, „das kratzt schon an unserer Ehre“. Und ihm ist obendrein unangenehm, dass der Neckar-Käpt´n seine literarische Neckarfahrt mit Starkoch Vincent Klink mit dem neu erworbenen Schiff Weinkönigin von Marbach nach Besigheim nicht wie geplant machen konnte.

Der Stuttgarter Schifffahrtsbetrieb musste in aller Kürze umplanen, weil die Weinkönigin auf der anderen Seite der Pleidelsheimer Schleuse feststeckte und nicht nach Marbach weiterkonnte. „Wir haben unsere rund 80 Gäste und Vincent Klink mit der Wilhelma bis vor die Schleuse Pleidelsheim gebracht“, berichtet Heiko Volz, der Pressesprecher des Neckar-Käpt´n in Stuttgart.

In aller Eile organisierte Reisebusse brachten die Eventgäste nach einem kurzen Fußmarsch, darunter auch ältere Herrschaften, bis nach Ingersheim, wo die Weinkönigin mittlerweile auf sie wartete und die Schifffahrt nach Besigheim fortsetzte. Von dort ging es nach Mundelsheim und via Reisebusse zurück nach Marbach. „Die Busse haben uns einen vierstelligen Betrag gekostet“ , berichtet Heiko Volz, dessen Unternehmen gerade eine unfreiwillige Pause hat einlegen müssen. Die Schiffe des Neckar-Käpt´n mussten wegen der Coronapandemie rund sieben Monate stillstehen. Nun ist man froh, dass die Linie Marbach–Besigheim nicht länger ausfallen muss. „Das wäre ein Horror, denn das ist eine wichtige Linie“, fasst Heiko Volz zusammen. Bereits schon am Samstagnachmittag mussten Passagiere des Linienverkehrs ungeplant in Pleidelsheim aussteigen.

Zweite Schleusenkammer seit 2019 defekt

Eigentlich wäre ein Zwischenfall an einem Schleusentor in Pleidelsheim gar kein großes Problem, denn hier stehen der Schifffahrt auf dem Neckar zwei Kammern zu Verfügung, die den Wasserspiegel überbrücken können. Doch im September 2019 hatte ein Containerschiff eine der beiden Schleusenkammern gerammt und sie dabei stark beschädigt. Noch immer ist die Kammer außer Betrieb.

„Wir sind sehr verärgert, dass es so lange dauert, eine Firma zu finden, die das Tor reparieren kann“, sagt Braun. Das Problem: Das Tor ist vor rund 70 Jahren konstruiert worden, und „die heutigen Planer können mit einer solchen Konstruktion nur schwer umgehen“. Die Neckaranlagen stehen sogar unter Denkmalschutz. Geplant sei nun eine Generalsanierung der rechten Schleusenkammer, berichtet Braun, also auch das Obertor werde erneuert. Mit einer Fertigstellung sei erst im Jahr 2022 zu rechnen.

Von diesen Plänen hat auch der Pleidelsheimer Bürgermeister Ralf Trettner Kenntnis. Von dem jüngsten Zwischenfall an der Schleuse hat er allerdings nichts mitbekommen. Informiert wurde er nicht. „Ich hätte auch nichts tun können.“ Allerdings ist er froh, dass der Schaden in relativ kurzer Zeit behoben wurde. Denn seiner Einschätzung nach ist die Verlässlichkeit der Schifffahrt sehr wertvoll, wenn man sie mit dem Lastentransport auf der viel befahrenen Straße vergleicht. „Mit dem Schiff steht man normalerweise nicht drei Stunden im Stau“, sagt er.