Der Förderverein Kinderheim Zsobok transportiert ausgedientes Mobiliar nach Südosteuropa.
Murr - D
er Schweiß rinnt Csaba Gàl von der Stirn. Einen Stuhl nach dem anderen schleppt er an diesem Abend gegen 18 Uhr aus der Lagerhalle in Murr und reicht sie seinem Sohn Szabolcs. Der Management-Student hebt sie in den Sprinter, wo der dritte Helfer Istvàn Gal sie möglichst ökonomisch unterbringt. Alle schwitzen, es ist 28 Grad warm. Trotzdem beeilen sie sich – und das ungeachtet der Tatsache, dass das Trio gerade eine Autofahrt von 19 Stunden hinter sich hat. Müde? Csaba Gàl schüttelt den Kopf. „Ich war schon so oft hier und kenne die Tour.“
Die Chance, den Kindern im kleinen Ort Zsobok zu helfen, treibt Csaba Gàl an. Deshalb nimmt er die Strapazen der etwa 1360 Kilometer langen Autofahrt regelmäßig auf sich. Die Hilfe für das Kinderheim Zsobok gibt es seit fast 30 Jahren, der Förderverein besteht seit 25 Jahren. Gàl, technischer Tausendsassa des Ortes und Landwirt, ist ein Mann der ersten Stunde und engagiert sich immer noch mit Feuereifer. Die ankommenden Transporte sorgen immer noch für freudige Gesichter bei den Kindern und vor allem auch den älteren, bedürftigen Menschen im schwer zugänglichen Teil Rumäniens. Dort sorgte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs eine Hilfsaktion dieser Zeitung dafür, dass eine wichtige Verbindungsstraße gebaut wurde. Später ging eine Mühle mit eigener Produktion und Laden beim Kinderheim in Betrieb. Arbeitsplätze entstanden. Csaba Gàl blickt dankbar auf die gesamte Zeit zurück und hat erstmals seinen Sohn nach Murr mitgebracht. „Die Hilfe muss weitergehen.“ Und sie geht weiter: 60 Schüler in Zsobok dürfen sich auf neue Stühle und Tische für ihre Schule freuen.
Die Möbel stammen aus der Jakob-Löffler-Realschule aus Löchgau. „Die Stühle und Tische dort sind überflüssig, weil die Werkrealschule aufgelöst wird und es dort nur noch eine Grundschule geben soll“, erklärt Günther Burk, Erster Vorsitzender des Fördervereins Kinderheim Murr. In Zsobok werde die Grundschule, die bis zur 8. Klasse reicht, damit ausgestattet. Was wiederum Schulkindern aus der Zentralgemeinde in Almasi ermöglicht, das Mobiliar der Schule aus Zsobok zu übernehmen. Die Stühle und Tische stammen ebenfalls aus Deutschland, so Burk. „Vor etwa 15 Jahren ist die Kantine der Energieunternehmen TWS und NWS in Degerloch aufgelöst worden.“
Transportiert werden die Sachen einerseits mit einem Lastwagen aus Rumänien, darüber hinaus verrichtet der zwei Jahre alte Sprinter des Fördervereins dabei auch wichtige Dienste. „Wir sind froh, dass wir den neuen Wagen benutzen können“, sagt Wolfgang Braun, Zweiter Vorsitzender des Vereins. Das dank einer zweiten Spendenaktion der Marbacher Zeitung angeschaffte Fahrzeug habe bisher zuverlässig 50 000 Kilometer zurückgelegt. „Früher gab es auf dem Weg den ein oder anderen Defekt – jetzt sind wir viel sicherer unterwegs.“ Auch der Zoll wisse inzwischen mit dem beschrifteten Wagen etwas anzufangen und lasse ihn an den Grenzen passieren. Wichtig ist das Auto aber nicht nur, um Materialien zu transportieren, er ermögliche viel mehr auch Begegnungen. „Außerdem dient der Wagen zu 50 Prozent der hiesigen kirchlichen Jugendarbeit.“
Bestes Beispiel für die völkerverbindenden Begegnungen ist das bevorstehende Dorfplatzfest der Gemeinde Murr. Zu dem alle fünf Jahre stattfindenden Bürgerfest der Vereine wird auch wieder eine Abordnung von etwa 40 Gästen aus Zsobok kommen. Eine Gruppe von Kindern wird am Sonntag, 8. September, gegen 11 Uhr auf der Bühne auftreten, und es wird wieder den beliebten Baumkuchen geben. „Das sind Begegnungen auf einer Ebene von Mensch zu Mensch, und da läuft bei uns mehr als bei mancher Städtepartnerschaft, wo sich vielleicht nur die Stadträte gegenseitig besuchen“, ist sich Günther Burk sicher.