Walter Volz, Jürgen Mößner und Marleen Klar (von links) haben sich bei einem gemeinsamen Essen kennengelernt. Foto: Werner Kuhnle

Nach seinem Motorradunfall hat Jürgen Mößner seine Ersthelferin gesucht – und gefunden.

Murr - Wie es genau passiert ist, Anfang Juni auf der Straße zwischen Murr und Pleidelsheim, daran kann sich Jürgen Mößner nicht mehr erinnern: „Ich weiß noch, dass meine Maschine nach links rübergezogen hat und dass ich auf ein Busle zufuhr, ohne noch reagieren zu können – vom Aufprall selbst weiß ich nichts.“ Bei dem Unfall wurde er schwer verletzt.Dabei hatte Jürgen Mößner noch Glück im Unglück. Der Fahrer des entgegenkommenden Kastenwagens zog im letzten Moment zur Seite, damit es nicht zu einem Frontalzusammenstoß kam. Ein ADAC-Mitarbeiter konnte gleich den Unfallort absperren. Und wenige Fahrzeuge hinter ihm fuhr Marleen Klar mit ihrem Vater Walter Volz. Die bremsten nicht nur ab, als sie es „stauben“ sahen, sondern Marleen Klar lief sofort zu dem Verletzten und kümmerte sich um ihn. Und das in einer Art und Weise, die Jürgen Mößner so außerordentlich fand, dass es ihm ein Herzensanliegen war, sie wiederzufinden, um ihr persönlich für ihre Hilfe zu danken.

Auch die Polizei, die ihn wegen seiner Ordnungswidrigkeit noch auf der Intensivstation aufsuchte, habe erklärt, sie sei selten an eine so gut geregelte Unfallstelle kommen, erzählt Mößner. Mit dem Namen der Ersthelferin konnten die Beamten ihm allerdings nicht weiterhelfen. Deshalb beschloss er eine Suchanzeige in der Zeitung aufzugeben. Unter der Überschrift „Motorradunfall – Ersthelferin gesucht“ und mit einer, auf Anraten von MZ-Anzeigenleiter Uli Eitel eigens zu diesem Zweck eingerichteten E-Mail-Adresse gelang es ihm tatsächlich, Kontakt aufzunehmen. Wenn auch auf Umwegen. „Meine Mutter rief mich an und sagte: ‚Du wirst gesucht in der Zeitung‘“, erzählt die gelernte Arzthelferin, die in der ambulanten Palliativversorgung arbeitet. „Ich sagte nur: Ich hab jetzt keine Zeit für Scherze“. Als dann jedoch die Anzeige sogar noch mehr als 1000 Mal über Facebook geteilt wurde, war sie „berührt, aber eher etwas peinlich“, erinnert sie sich. Denn: „Das ist doch selbstverständlich, dass man in einer solchen Situation hilft, darauf hat doch jeder ein Anrecht.“ Und sie ergänzt: „Ich hab doch medizinisch gar nichts gemacht, war nur einfach als Mensch da.“ Doch genau das ist es, was Jürgen Mößner so tief beeindruckt hat. Nachdem sie ihm gemeinsam mit ihrem Vater vorsichtig die Jacke ausgezogen und auch beim Abnehmen des Helms geholfen hatte, blieb Marleen Klar bei ihm, „bis er im Rettungswagen lag und ich nicht mehr mitdurfte“, erinnert sie sich. Fast eine Stunde lang saß sie hinter ihm auf der Straße, redete mit ihm, stützte ihn beim Sitzen, weil er im Liegen kaum Luft bekam, fragte andere Autofahrer nach Getränken und Regenschirmen zum Beschatten des heißen Asphalts. Dabei hätte sie an dem Abend eigentlich Bereitschaftsdienst gehabt, bat jedoch telefonisch eine Kollegin, sie zu vertreten.

Der Unfall war für Marleen Klar in ganz besonderer Weise berührend. Nicht nur, weil sie gerade für ihren Sohn ein Motorrad gekauft hatte. Sondern vor allem deshalb, weil ihr Schwiegervater bei einem ganz ähnlichen Unfall tödlich verunglückt ist. „Da kamen schon Erinnerungen hoch“, sagt sie.

Die Anzeige in der Marbacher Zeitung und im Stadtanzeiger hat nicht nur in den sozialen Netzwerken Kreise gezogen. Mößner bekam auch eine E-Mail von einer ihm unbekannten Zeitungsleserin: „In Zeiten von Gaffern und Unfallfilmern, die Helfern im Wege stehen, freut es mich, von Ihrer gegenteiligen Erfahrung zu hören. Vor allem finde ich Ihre Anzeige deshalb so großartig und beeindruckend, weil daraus so viel Dankbarkeit spricht. Das hat Seltenheitswert.“

Als sich Jürgen Mößner, seine Frau, Marleen Klar und Walter Volz am Donnerstagabend trafen, stellte sich nicht nur gleich ein Gefühl von Vertrautheit zwischen ihnen ein. Sie beschlossen auch, zusammen einen Ausflug zu machen – zu einem Motorradgottesdienst in der Nähe von Jagsthausen.