Die Zehntscheuer zählt zum Urbestand der Murrer Gebäude Foto: Oliver Bürkle

Der Do-it-yourself-Mann Peter Ludwig erreicht sein Ziel: Sein Sohn zieht in die Zehntscheuer ein.

Murr - Was lange währt, wird endlich gut. Vier Jahre hat Peter Ludwig hart an der Sanierung gearbeitet, etwa 6000 bis 7000 Stunden investiert. Am heutigen Samstag ist es so weit: Sohn Christian zieht mit seiner Familie in die Murrer Zehntscheuer ein.

Das älteste erhaltene Gebäude des Ortes aus dem Jahr 1557 ist von einer baufälligen Scheune zu einem attraktiven Haus mit 200 Quadratmetern Wohnfläche geworden. Der Architekt, der selbst direkt neben der Zehntscheuer im ehemaligen Murrer Schlössle wohnt und die Baustelle als „Fitnessstudio“ immer ein Stückchen weiterbetrieben hat, kann sich nun mit seiner Familie über das Erreichte freuen.

Der lange Weg durch die vier Jahre war nicht frei von Sorgen – und er begann mit Steineklopfen. Die Giebelwand sowie die Wand an der Seite zum Kindergarten waren so baufällig, dass Peter Ludwig sie komplett neu hochziehen musste. „Das habe ich am Anfang unterschätzt“, erzählt er, wobei Büsche den Blick verdeckt hatten und er dann die Überraschung erlebte. Auch das Denkmalamt hatte Einwände und forderte zweite Fluchtwege und damit also zusätzliche Fenster. Alles in allem brockten ihm diese Probleme ein Jahr mehr ein als ursprünglich gedacht.

Die Mühen haben sich jedoch gelohnt. Peter Ludwig kann sich über viele gelungene Lösungen freuen. So ist die moderne Stahltür im Eingang so angebracht, dass der Originalsandstein der Fassade die Übergänge verdeckt. Überhaupt wirken Sandstein und Stahl baulich so raffiniert, dass das Denkmalamt das Miteinander von Alt und Neu sogar unterstützte. „Solche Kontraste waren nie das Problem“, sagt Ludwig, der sich besonders über die Keilstufentreppe freut, die zum ersten Stock hinaufführt. „Sie wirkt relativ filigran“, bemerkt der Do-it-yourself-Mann, der Eichenholz und Stahl zusammenbrachte, indem er das Metall eigenhändig verschweißte.

Prunkstück des Umbaus ist aber das geräumige 150 Quadratmeter große Erdgeschoss. In der Tenne, wo früher die Wagen mit dem Heu und Korn vorfuhren und es in die Seitenlager links und rechts abluden, ist nun der Essbereich, flankiert von Küche und der Wohnstube in den Barnen, alles in einem einzigen weitläufigen Raum vereint. Viel Licht dringt ins Innere, was Ludwig wichtig war. Bei schönem Wetter strahlt die Sonne die mächtigen Holzbalken an, die das obere Stockwerk tragen – wie auch überhaupt die Balken in fast jedem Raum an die Historie des Gebäudes erinnern. Wie zu Zeiten der Murrflößer hat der Bauherr vorwiegend Fichten- und Tannenholz verwendet, außer für die tragenden Stützen, die aus Eiche sind. Holznägel wirken verbindend: „Bei Stahlverbindungen hätte es sicher Probleme mit Kondenswasser gegeben, wodurch das Holz über kurz oder lang faulen würde.“

Eine Klimaanlage sucht man in dem historischen Haus vergebens. „Durch die Wände regelt sich vieles selbst“, sagt Peter Ludwig. Und: „Wir haben für den heißen Sommer eine Marquise – wenn man das Gebäude gut lüftet, ist das völlig ausreichend.“ Eine gasbetriebene Fußbodenheizung sorge dafür, dass es im Winter warm wird. Den Boden hat der Architekt bewusst in schlichtem Grau gehalten. „Fliesen hätte ich nicht als passend empfunden.“ Einige Platten aus Sandstein der Zehntscheuer schmücken den Fußboden im Eingangsbereich, was eine optische Verbindung zwischen den Wänden außen und innen schafft.

Wie viel Arbeit hinter jedem Schritt steht, kann der Betrachter nur erahnen. Die Holzträger künden davon, dass bis zuletzt gearbeitet wurde, sie riechen relativ angenehm. „Das Grundieröl ist zu 50 Prozent aus Leinöl und Terpentin, das sich verflüchtigt“, erklärt Peter Ludwig, der in den vergangenen Wochen mit Maske und Brille noch mal richtig schuften musste, um das Gebälk zu wienern.

Langweilig wird Peter Ludwig aber auch nach dem Einzug seines Sohnes nicht. „Es gibt im Außenbereich noch jede Menge zu tun“, sagt er. Derzeit verputze er noch Mauern, außerdem stehen noch Garten- und Steinmetzarbeiten an. So macht Peter Ludwig wieder das, was er am Anfang machte: Steine klopfen!