In einem umgebauten Mercedes Sprinter war Christiane Meyer zusammen mit ihrem Partner in Australien unterwegs – bei Sonne und Regen. Das Paar hat Wochen auf engstem Raum miteinander verbracht. Foto: privat

Christiane Meyer ist seit kurzem wieder in Marbach – nach eineinhalb Jahren Australien. Corona hat den Alltag der Künstlerin verändert – aber im Rückblick auch bereichert.

Marbach - Vor ein paar Wochen sind sie und ihr Lebensgefährte Diego noch in einem Camper aufgewacht, irgendwo draußen in der Natur oder am Meer auf der Südhalbkugel der Erde. Jetzt sitzt Christiane Meyer wieder im Garten der Eltern im Marbacher Süden. Voller Pläne, Wünsche und Hoffnungen für die Zukunft, aber auch voller Dankbarkeit, dass das Virus bislang keinen aus ihrem näheren Umfeld erwischt hat und sie wohlbehalten wieder daheim bei der Familie ist in dieser herausfordernden Zeit. Eineinhalb Jahre lang lebte die 29-Jährige in Australien. Tanz, Akrobatik, Shows, das Spiel mit dem Element Feuer, das begeisterte die Marbacherin schon immer. Am Friedrich-Schiller-Gymnasium engagierte sie sich in Musicals und bei Theaterprojekten. Nach dem Abitur brach sie zu einer Weltreise auf. In Thailand unterhielt sie Touristen am Strand mit ihrem Feuertanz und stellte für Urlaubressorts Shows zusammen. „Die Feuerszene ist auf der ganzen Welt verteilt. Egal, wo ich hinreise, finde ich Gleichgesinnte“, erzählt Christiane Meyer. Mit dem Element Feuer zu tanzen und dabei mit der Musik im wahrsten Sinne des Wortes zu verschmelzen, ist für die Weltenbummlerin befreiend und ästhetisch zugleich. „Feuer hat schon immer eine natürliche Anziehungskraft auf uns Menschen ausgeübt und der Tanz mit dem Feuer fördert ganz nebenbei noch die Koordination, die Ausdauer und die Kraft.“

Auch in Australien ist Christiane Meyer bei Feuershows aufgetreten. Warum gerade Australien? Die 29-Jährige schmunzelt. Die beste Freundin aus der Schulzeit heiratete am anderen Ende der Welt und das war die Gelegenheit, den eigenen Traum wahr werden zu lassen. „Ich wollte schon immer für länger dorthin.“ Gesagt getan. Und wie das Leben so spielt: Sie war nicht nur an der Seite ihrer Freundin an deren schönstem Tag im Leben, sondern lernte auch Eventmanager Diego aus Brasilien kennen und lieben. Die beiden reisten in einem ausgebauten Mercedes Sprinter von Festival zu Festival, veranstalteten Bootpartys oder besuchten Freunde.

Dann kam Corona. Alle Shows und Events wurden abgesagt. Nichts ging mehr. „Am Anfang“, erinnert sich Christiane Meyer, „hat sich alles so surreal angefühlt und man hat sich gefragt, wo das hinführt“. Doch schnell war klar, dass der Lockdown die Menschen nicht nur ein paar Tage lang begleiten würde. Das Paar durfte zwar weiter mit dem Camper reisen, das Fahrzeug aber lediglich nur zum Trainieren oder zum Einkaufen verlassen. Einfach mal am Strand vor den Bus sitzen oder am Laptop arbeiten? Nicht erlaubt. Einen Monat lang lebten die beiden auf engstem Raum zusammen. „Andere hätten da sicher Probleme damit, aber wir konnten gut damit umgehen und haben die Zeit für uns genutzt“, erzählt Meyer. Sie entwickeln neue Online-Projekte wie etwa den Cyber Circus mit diversen Challenges oder ein Online-Festival, bei dem sie Künstler aus der ganzen Welt verbinden. „Wir haben unheimlich viel gelernt – zum Beispiel, dass Musik online nicht so gut läuft wie etwa Workshops. Und wir haben gelernt, wie man neue Technologien einsetzen und Kunst und Kultur mit ihnen verbinden kann. Davon profitieren wir auch jetzt noch.“ Doch je länger die Beschränkungen andauern, desto mehr schrumpfen die finanziellen Ressourcen des Paares. Nach einem Monat fahren sie zu einer Freundin, um auf deren Farm gegen Kost und Logis zu arbeiten.

Der australischen Regierung gibt die Marbacherin in der Corona-Krise eine gute Note. „Es wurde schnell gehandelt und es gab Hilfspakete für die Bürger. Bis zu 20 000 australische Dollar konnte man von seiner Rente holen, alle zwei Wochen bekam man doppeltes Arbeitslosengeld ausbezahlt, die Firmen bekamen Finanzspritzen und die Studenten erhielten 1000  Dollar als Unterstützung.“ Ein australischer Dollar entspricht derzeit rund 60 Cent. Auch in Sachen Tests zeigten sich die Australier unkompliziert. „Wir konnten uns in Supermärkten kostenlos testen lassen und hatten zwei Tage später per SMS das Ergebnis.“

Im Juni war Meyers Studentenvisum – sie studiert in Melbourne nebenher noch Marketing und Business – zu Ende. Auch die Arbeitserlaubnis lief aus. Die beiden beantragten Touristenvisa wären Ende des Jahres abgelaufen. Dazu kommt der Wunsch, der Familie nahe zu sein. „Wir wollten nach Deutschland zurück und begannen, unsere Rückreise zu planen.“ Gerade noch rechtzeitig verließ das Paar Melbourne und damit den Bundesstaat Victoria, in dem die Infektionszahlen so dramatisch stiegen, dass Premierminister Daniel Andrews am 2. August den Katastrophenzustand erklärte. Die beiden reisten nach Byron Bay, einem Badeort an der Nordküste des australischen Bundesstaates New South Wales. „Das Virus ist dort nicht präsent“, sagt Christiane Meyer.

Der Flug über Dubai zurück nach Frankfurt startete von Brisbane aus. „Als wir über die Grenze nach Brisbane sind, wurde sie drei Minuten später dicht gemacht wir hatten riesiges Glück.“ Insgesamt sieben Corona-Tests brachte Meyer hinter sich, bis sie wieder in der Schillerstadt ankam. „Ich konnte also wirklich sicher sein, dass ich nichts hab’“, sagt sie und schmunzelt.

Zurück in der Heimat wird bereits die nähere und die fernere Zukunft geplant. Die 29-Jährige hat schon wieder die ersten Auftritte mit ihren Shows und hofft bald auch wieder unterrichten zu können. Langfristig wollen sie und ihr Partner sich ein Segelboot kaufen und im Herbst und Winter damit gemeinsam um die Welt reisen. „Im Sommerhalbjahr möchte ich hier im Raum Stuttgart unterrichten und auftreten.“

Die vergangenen Monate will Christiane Meyer nicht missen. „Ich habe viel Positives aus der Zeit gezogen. Man hatte Zeit für sich, konnte nach innen schauen, sich neue Hobbys suchen, sich neu orientieren und lernte vieles wertzuschätzen was sonst selbstverständlich ist: Gesundheit, Arbeit, soziale Kontakte.“ Dass das in Deutschland viele Menschen anders sehen und gegen die Coronamaßnahmen auf die Straße gehen, kann die 29-Jährige nicht verstehen. „Das Recht zu demonstrieren ist wichtig, aber nicht Seite an Seite mit Rechten. Außerdem sollten wir hier in Deutschland mal über den Tellerrand schauen. In Brasilien sterben die Menschen an Covid-19 auf der Straße. Es geht nicht um uns selbst, sondern um unsere Gesellschaft.“