Die Zukunft der zahnärztlichen Versorgung wird von Experten generell eher positiv gesehen. Immer mehr Studenten entscheiden sich für diesen Fachbereich. Foto: Archiv (fotolia)

Von ursprünglich drei praktizierenden Zahnmedizinern ist Anfang dieses Jahres nur noch einer übrig geblieben. Die Gemeinde wünscht sich mindestens noch einen zweiten Arzt dazu. Was die Statistik angeht, gibt es durchaus Hoffnung.

Murr - Nach Erhebungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KZV BW) kommt statistisch gesehen ein behandelnder Zahnarzt auf rund 1366 Einwohner je Kommune. Insofern war die Gemeinde Murr mit ihren knapp 7000 Einwohnern, die Mitte vergangenen Jahres noch drei praktizierende Zahnärzte hatte, statistisch gesehen schon am unteren Rand der Versorgung.

Doch dieser Zustand hat sich im Herbst noch einmal verschlechtert – statt drei gibt es nun nur noch einen Arzt. Die Praxis von Manfred Muth in der Hindenburgstraße ist dauerhaft geschlossen, weil dieser sich in den Ruhestand verabschiedet hat. Und seit einigen Wochen stehen auch die Räume von Markus Stredicke leer, weil dieser seinen Sitz nach Marbach in die Güntterstraße verlegt hat. „Er hat dort größere Räumlichkeiten gefunden“, erklärt Bürgermeister Torsten Bartzsch aus Murr. Einziger praktizierender Dentist in Murr ist derzeit daher nur noch Knut Etzel mit seinem Team.

Die Suche nach einem Nachfolger läuft bereits

Es verwundert daher nicht, dass Bartzsch sich zumindest noch einen Zahnarzt für die Gemeinde wünscht. Die Möglichkeit, dies ein Stück weit selbst zu beeinflussen, hat die Gemeinde jedoch im Jahr 2013 aus der Hand gegeben: Damals verkaufte sie nämlich die Praxisräume, die im kommunalen Eigentum standen, an den Zahnarzt Stredicke. Nach den Informationen von Bürgermeister Bartzsch ist dieser bereits intensiv auf der Suche nach einem Nachfolger. „Unter anderem hängt an den Praxisräumen ein Zettel mit entsprechenden Informationen für Interessenten“, berichtet der Rathauschef.

Sollte sich kein Zahnarzt als Nachfolger finden, hofft Bartzsch zumindest auf einen anderen Mediziner. „Die Räume würden sich auch gut für eine andere Arztpraxis eignen“, sagt er. Wichtig sei ihm vor allem, dass die Räumlichkeiten nicht allzu lang leer stehen. „Wir haben ein großes Interesse an einer Nachnutzung, weil sich die Läden und Dienstleiter am Dorfplatz gegenseitig befruchten“, erläutert der Bürgermeister. Wer zum Zahnarzt gehe, der kaufe anschließend im Supermarkt oder in der Apotheke ein oder trinke einen Kaffee im Eiscafé nebenan.

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Bartzsch ist überaus froh, dass die Coronapandemie in Murr nicht zu einem Ladensterben in größerem Ausmaß geführt hat. „Abgesehen von der Zahnarzt-Thematik, die ja nichts mit Corona zu tun hat, sind wir ganz gut durchgekommen“, meint er. Weitere Leerstände gebe es nicht. Am Dorfplatz seien alle wichtigen Geschäfte des täglichen Bedarfs nach wie vor vorhanden, die Murrer Bürger profitieren bei ihren Besorgungen nach wie vor von den kurzen Wegen.

Unterschiede in Stadt- und Landkreisen

Holger Simon-Denoix, Leiter der Stabsstelle Kommunikation und Politik bei der KZV BW, macht dem Bürgermeister zudem Mut. Es gebe statistische Unterschiede zwischen den Werten in Stadt- und Landkreisen. So werde in städtischen Gebieten ein Versorgungsgrad von 1280 Einwohnern pro Zahnarzt zugrunde gelegt, während dieser in ländlichen Gebieten bei 1680 liege. „Das wird damit begründet, dass in Stadtkreisen für eine bedarfsgerechte Versorgung eine große Anzahl von Berufspendlern sowie Menschen hinzugerechnet werden, die aus anderen Gründen in die Stadt kommen und dies mit einem Zahnarztbesuch verbinden.“

Ärzte wünschen sich mehr Teilzeit

Und auch mit Blick auf die Zukunft sieht Holger Simon-Denoix für die zahnärztliche Versorgung der Gemeinden nicht schwarz: Die Anzahl der Studierenden im Fachbereich Zahnmedizin im Land steige seit Jahren an. Während diese im Jahr 2018 bei 1800 gelegen habe, seien es im vergangenen Jahr schon 1950 gewesen. Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, dass immer mehr Zahnärzte in Teilzeit arbeiten würden, sodass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit sinke.

Die Folge die sich aus dieser Entwicklung ergib, erläutert der Pressesprecher wie folgt: „Es werden künftig mehr Zahnärzte benötigt, um eine Versorgung auf gleich bleibendem Niveau sicherzustellen.“ Ein deutlicher Arbeitskräftemangel sei zudem bei den zahnmedizinischen Fachangestellten ein Problem. Baden-Württemberg gehöre nach den Stadtstaaten Hamburg und Berlin aber dennoch weiter zur Gruppe der am besten versorgten Bundesländer.

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Unterstützung für Kommunen
Für Kommunen, die noch auf der Suche nach Zahnärzten sind, bietet die Kassenärztliche Vereinigung des Landes (KZV BW) einen eigenen Service an. Unter www.kommunalportal-bw.de könnten Städte und Gemeinden ihre regionalen Vorzüge und Standortbedingungen (Anbindung, Bildungseinrichtungen, Kinderbetreuung, Freizeitangebote, Einkaufsmöglichkeiten . . .) präsentieren. Die KZV BW vermittelt danach diese Angebote an Zahnärzte, die auf der Suche nach einem Ort für die Niederlassung sind und berät in allen Fragen rund um die Gründung und Praxis-Übernahme.