Foto: Screenshot (YouTube)

Arte France hat eine sehr eindrucksvolle Dokumentation zum Thema Ressourcenverbrauch und Umgang der Amerikaner und Europäer mit der Erde im Industriekapitalismus produziert

Arte France hat 2019 die, wie ich finde, sehr eindrucksvolle Dokumentation „Erdzerstörer: Sind wir Menschen die Bösen“ zum Thema Ressourcenverbrauch und Umgang der Amerikaner und Europäer mit der Erde im Industriekapitalismus produziert. Der Regisseur Jean-Robert Viallet spannt in 99 Minuten einen Bogen vom Beginn der Industriellen Revolution in England über die beiden Weltkriege, die Jahre des Kalten Krieges bis zur Gegenwart. Immer im Fokus: der Raubbau an der Natur und Umwelt. Er zeigt, wie der westliche Mensch in seinem Fortschrittsglauben und der damit verbundenen Selbstüberschätzung in den vergangenen 200 Jahren den Planeten geplündert, ausgelaugt und zerstört hat. So heizte die Rüstungsindustrie die Wirtschaft während der Kriege an und verschlang gigantische Mengen an Rohstoffen. Wenn in Amerika und Europa kein Krieg tobte, führte ein immer schnelleres Wachstum und ein steigender Konsum zu einem immer größeren Bedarf an Energie. Die Sendung möchte auch zeigen, wer für all das verantwortlich ist. Denn die Schuld an der Umweltkrise trägt laut Autoren nicht die gesamte Menschheit – historisch gesehen trifft sie nur eine kleine Minderheit, als erstes Nordamerikaner und Europäer. Die reichsten 20 Prozent der Erdenbürger seien die schlimmsten CO2-Sünder, und ein Fünftel der Weltbevölkerung pflege heute die verschwenderische Lebensweise, die sich bereits ab dem frühen 19. Jahrhundert im Bürgertum von Industrieländern und Kolonialmächten entwickelte.

Die meinungsstarke Dokumentation verlangt dem Zuschauer einiges an Konzentration ab, da die Macher eine große Menge an Informationen vermitteln wollen. Durch die vielen historischen Bilder und Filmaufnahmen ist sie jedoch sehr abwechslungsreich gestaltet. Für mich war es sehr bewegend zu sehen, wie brachial und brutal Amerikaner und Europäer schon vor hundert Jahren mit der Natur im globalen Süden umgingen und wie überheblich und gönnerhaft sich die Weißen dort verhalten hatten. All das ist an sich nichts Neues, schon im Schulunterricht wurde es oft thematisiert, und doch schafft diese Dokumentation bei mir eine große Betroffenheit, wenn sie konsequent Bilder von der Zerstörung des Planeten in den vergangenen Jahrzehnten aneinanderreiht. So sehen die Zuschauer Aufnahmen von den Anfängen der Erdölförderung, von Kolonialherren, die Ureinwohner bei der Ernte beaufsichtigen, von Hiroshima nach dem Abwurf der Atombombe 1945, dem Einsatz von Agent Orange im Vietnamkrieg und dem von riesigen Erntemaschinen heutzutage. Die Zuschauer erfahren, was es mit dem Erdzeitalter Anthropozän auf sich hat.

Die Dokumentation entstand in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftshistorikern Christophe Bonneuil und Jean-Baptiste Fressoz. Für Optimismus und positive Gefühle lassen die Autoren kaum Raum. Die Sprecherstimme zählt erbarmungslos auf, was alles schiefgelaufen ist und stellt den westlichen Menschen als Erdzerstörer dar. Dadurch wird der Regisseur zum Kritiker des Kapitalismus und des Westens, dem er mit seinem Werk wohl den Spiegel vorhalten will. Die positiven Folgen des technischen Fortschritts werden nur kurz angerissen, weshalb man Jean-Robert Viallet Einseitigkeit vorwerfen könnte. Meiner Meinung nach ist seine Vorgehensweise jedoch gerechtfertigt. Der Großteil der technischen Errungenschaften war zumindest für die Erde und damit das ökologische Gleichgewicht ein Schaden.

Die Bilder von der Zerstörung der Erde werden immer wieder von Aufnahmen zweier Kinder unterbrochen, die sorglos an einem Strand spielen. Diese Bilder verstärken in mir das Schuldgefühl, als Mensch so schlecht mit der Erde umzugehen und sie heute immer noch auszubeuten, obwohl jeder von uns weiß oder zumindest ahnt, dass es nicht so weitergehen kann. Aber auch das macht die Dokumentation klar: Warnungen vor Gesundheitsschäden und Zerstörung der Natur gab es schon zu Beginn der Industrialisierung. Gier, Ignoranz und die Hybris der Menschen konnten diese jedoch verdrängen. Besonders erschreckend ist in diesem Zusammenhang die Rolle von Unternehmen wie General Motors, die in den 30er-Jahren in den USA erfolgreich die Straßenbahn zu Gunsten der Autos zurückdrängten. Der Mensch scheint demnach immer wieder dieselben Fehler zu machen. Ich hoffe, dass Filme wie diese dabei helfen, auch Entscheidungsträger und Politiker weiter dafür zu sensibilisieren oder wie es Jean-Robert Viallet am Ende sagt: „Aus dem Anthropozän gibt es vielleicht kein Zurück mehr. Es sei denn, wir Erdzerstörer machen uns daran, den Planeten in letzter Sekunde vor uns selbst zu retten.“ Konkrete Ratschläge oder Lösungsvorschläge gibt er dafür aber nicht.