Der Gemeinderat hat beschlossen, einen Citymanager einzustellen. Im Oktober soll die neue Kraft ihren Job aufnehmen, der wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie schon zu Beginn eine große Herausforderung darstellen dürfte.
Marbach - Sollen wir oder sollen wir nicht? Die Marbacher Stadträte diskutieren seit Monaten, ob überhaupt und wenn ja mit welchem Aufgabenzuschnitt und in welchem Beschäftigungsumfang ein Innenstadtkümmerer eingestellt werden soll. In der Sitzung am Donnerstag hat das Gremium nun Nägel mit Köpfen gemacht und beschlossen, die Stelle tatsächlich zu schaffen. Im Oktober soll die neue Kraft ihre Arbeit in Vollzeit aufnehmen – und sich dann um einen ganzen Berg von Angelegenheiten kümmern.
Gesucht wird jemand, der unter anderem die örtlichen Betriebe unterstützt, sich während der im nächsten Jahr anstehenden Sanierung der Fußgängerzone um das Baustellenmanagement kümmert, stadtbelebende Aktionen anleiert und Marketingkonzepte kreiert. Ein Aufgabenportfolio, das fast niemand in der Runde anzweifelte. Sebastian Engelmann von den Grünen machte allerdings deutlich, dass der Citymanager zunächst vor allem mit einem beschäftigt sein werde: Die Innenstadt mit und trotz der derzeitigen Ausnahmesituation in Schwung zu bringen. „Die Lage war schon vor Corona schwierig. Durch Corona ist sie dramatisch“, sagte er im Hinblick auf den wochenlangen Shutdown und die gravierenden bis existenzbedrohenden Einschränkungen für Handel, Gastronomie und Co. Zugleich mache die Krise eines deutlich: neue Geschäftsansätze wie zusätzliche Online-Angebote und die Digitalisierung seien Felder, die gefragt seien und forciert werden müssten. Insofern regten die Grünen an, das Anforderungsprofil um den Passus zu erweitern, wonach der Wirtschaftsspezialist sich auch um die „Beratung bei der Entwicklung von Online-Geschäftsmodellen und die Weiterentwicklung bestehender Geschäftsmodelle“ kümmern soll. Eine Idee, die beim Rest des Gremiums auf breite Zustimmung stieß.
Nicht ganz so eindeutig war die Stimmungslage unter den Räten aber dahingehend, ob die Stelle befristet werde soll. Die Verwaltung hatte sich dafür ausgesprochen, darauf zu verzichten. „Die Fachleute haben dazu geraten“, erklärte Hauptamtsleiter Thomas Storkenmaier. Ohne Befristung sei es für potenzielle Kandidaten attraktiver, sich zu bewerben. Storkenmaier gab überdies zu bedenken, dass viele Anforderungen an die Position gestellt würden. Unter Umständen bekomme man also nicht den Wunschkandidaten, wenn man das Arbeitsverhältnis zeitlich begrenze. Gleichwohl gab es insbesondere in der SPD Stimmen, die sich für ein Modell stark machten, bei dem der Citymanager zunächst nur für fünf Jahre fix seinen Job hat. „Für mich kommt nur eine Befristung auf fünf Jahre infrage. Danach wissen wir, wo wir stehen und ob das passt“, sagte beispielsweise Ute Rößner. Ihr sozialdemokratischer Fraktionskollege Dr. Dieter Zagel erinnerte zudem an die angespannte Haushaltslage. Folglich warnte er davor, eine Stelle zu schaffen, die den Etat dauerhaft belastet. Auch er empfahl somit, dem Citymanager fünf Jahre Zeit zu geben. Dann sehe man, ob er oder sie überhaupt noch gebraucht wird. Dr. Michael Herzog von den Freien Wählern schlug schließlich vor, die Position auf fünf Jahre mit der Option auf eine Verlängerung auszuschreiben – wogegen letztlich nur der Bürgermeister Jan Trost und Heinz Reichert von der SPD votierten.
Mit im Boot war bei diesem Beschlussvorschlag dafür die CDU-Riege. Die Christdemokraten enthielten sich allerdings bei einem anderen Unterpunkt: der Schaffung einer 100-Prozent-Stelle, die auch aufgesplittet werden kann, wenn sich ein Tandem bewirbt. Die CDU-Fraktionschefin Heike Breitenbücher hob hervor, dass mit dem Haushalt nur eine Dreiviertelstelle beschlossen worden sei. Und sie fragte in die Runde, ob man nicht doch mit diesem Umfang loslegen könne. Zumal sie es für „überdimensioniert“ hielte, dass der Citymanager auch mit den Aufgaben eines Wirtschaftsförderers betraut werden solle. Ihr Fraktionskollege Jochen Biesinger vermutet zudem, dass man in der derzeit schwierigen wirtschaftlichen Lage auch in Teilzeit und befristet fähige Leute findet.
Doch diese Argumente zogen bei den Kollegen nicht, sodass nun nach einer 100-Prozent-Kraft Ausschau gehalten wird. Ungefähr fünf Stunden pro Woche wird der Citymanager auch für den Stadtmarketingverein der Schillerstadt (SSM) tätig sein, der sich im Gegenzug mit 10 000 Euro pro Jahr an den Personalkosten beteiligt, die bei 60 000 Euro liegen werden. Michael Herzog machte keinen Hehl daraus, dass das viel Geld ist. Doch mit der Stelle seien große Chancen für die Innenstadt verbunden. „Sie ist aber kein Selbstläufer“, mahnte der Freie Wähler. Gastronomen, Gewerbetreibende und Immobilienbesitzer müssten mitspielen und sich für neue Wege aufgeschlossen zeigen. „Alle Beteiligten müssen an einem Strang ziehen“, forderte er. Speziell jetzt in der Corona-Krise und vor der Baustelle in der Marktstraße.