Rüdiger Heilgeist Foto: Sandra Brock

Der Pharmazeut Rüdiger Heilgeist übergibt die Apotheke Palm in jüngere Hände.

Marbach - Nach 41 Jahren geht in Marbach eine Ära zu Ende: Rüdiger Heilgeist, Chef der Apotheke Palm in der Marktstraße, geht in den Ruhestand. Die altehrwürdige Apotheke, deren Wurzeln auf das Jahr 1628 zurückgehen, bleibt jedoch bestehen. Auch ihr Name bleibt erhalten. Er geht auf Alfred Palm zurück, der sie 1912 übernahm und 1952 an seinen Sohn Helmut übergab.

Bei dem hatte Heilgeist auch als frischgebackener Abiturient des ersten Jahrgangs, der am Friedrich-Schiller-Gymnasium die Reifeprüfung ablegte, vor 50 Jahren ein zweijähriges Praktikum absolviert. „Das war damals Pflicht, bevor man mit dem Pharmaziestudium anfangen konnte“, erinnert sich der erfahrene Apotheker. Danach ging es für den gebürtigen Marbacher erst einmal an die Universität nach Freiburg, im Anschluss daran nach Ludwigsburg, Bietigheim, Pirmasens und ins ostfriesische Emden.

Als Helmut Palm dann aus gesundheitlichen Gründen aufhören wollte, fragte er seinen ehemaligen Praktikanten, ob er die Apotheke in der Marktstraße übernehmen wolle. „Und ich hatte Lust und den Mut, das zu machen“, schmunzelt Heilgeist. Mut gehörte für den damals erst 28-Jährigen sicher dazu. Dass er Marbacher Urgestein ist, half ihm dabei nur bedingt. „Teilweise kamen natürlich ehemalige Schulkameraden zu mir oder alte Marbacher, die mich schon als Kind gekannt haben“, erzählt er. Manche seien aber auch nicht in seine Apotheke gekommen, gerade weil sie ihn kannten. „Das war ihnen zu persönlich; sie wollten wohl nicht, dass ich erfuhr, was ihnen fehlte“, vermutet er.

Wie auch immer: Die Apotheke florierte. In den mehr als vier Jahrzehnten habe sich allerdings viel verändert, hat er festgestellt: „Früher haben wir viel mehr mit Rezepturen und im Labor gearbeitet, das ist heute kaum noch gefragt“, sagt er mit leisem Bedauern. Dafür stünde heute die Beratung mehr im Vordergrund, „und leider gibt es auch viel mehr Bürokratie“. Dennoch hat ihm sein Beruf immer viel Freude gemacht. „Es war eine sehr abwechslungsreiche Zeit. Die Herausforderung war, sich auf jeden neu einzustellen.“ Da es dabei auch im persönlichen Gespräch auch immer wieder um menschliche Schicksale ging, habe man aber auch sehr belastbar sein müssen, sagt er rückblickend. „Dazu muss man Zeit haben, aber die haben wir uns genommen, und das haben die Kunden auch immer honoriert.“ Auch seine Frau Gabriele Köppe-Heilgeist hat in der Apotheke mitgearbeitet, die beiden Kinder wollten sie jedoch nicht übernehmen. Und so ist er froh, dass er nun in dem Pharmazeuten-Ehepaar Cindy und Tobias Fischer „sehr herzliche, nette Leute“ gefunden hat, die die jahrhundertealte Apothekentradition fortführen, und freut sich trotz einer gewissen Abschieds-Wehmut auf mehr Freizeit für seine vielfältigen Hobbys. „Ich müsste mindestens hundert werden, um das alles zu schaffen, was ich mir vorgenommen habe“, schmunzelt er. Dies umso mehr, als er sich auch mit der offiziellen Übergabe zum 1. Mai nicht ganz zurückzieht: „Ich werde als freier Mitarbeiter noch tageweise unterstützen und auch die Urlaubsvertretung machen, je nach Bedarf.“ Zudem bleibt er noch ein Jahr lang Pharmazierat und überprüft im Auftrag des Regierungspräsidiums andere Apotheken. „Mein Ziel war, mindestens 40 Jahre zu arbeiten und dann langsam aufzuhören“, meint er. Punktlandung, kann man da nur sagen.