Renate Radke war auf dem Markt als Rosen-Resli bekannt. Foto: KS-Images.de

Mit Wehmut, aber dennoch entschieden, sagt Renate Radke dem Markt Ende Oktober Adieu: Seit Juni 1973 hat sie ihre Kunden mit Blumen versorgt.

Marbach - Es ist soweit: Am 26. Oktober wird das langjährige „Gesicht des Wochenmarkts“ sein letztes Stelldichein geben. Die als Rosen-Resli bekannt gewordene Blumenfrau Renate Radke hört auf. Älteren Marktbesuchern dürfte noch in Erinnerung sein, wie sie rechts vom Marbacher Torturm und zu einer Zeit, als die Straße noch für Autos frei gegeben war, mit ihren großen Kübeln stand und Rosen verkauft hat. Mitunter war auch ihre Jüngste, Iris, dabei. Das 1972 geborene Mädchen hat die Mutter gerne begleitet und beim Verkauf der Blumen geholfen. Ein Schnappschuss in der Marbacher Zeitung zeugt davon. Insgesamt 46 Jahre hat die Marbacherin Wind und Wetter getrotzt, um ihren Kunden frische, deutsche Rosen und später auch andere Blumensorten zu verkaufen. Fünf Stück zu vier D-Mark gab es etwa im April 1979. Später, als die Autos verbannt und stattdessen die Fußgängerzone durch Marbachs Innenstadt führte, siedelte die gelernte Einzelhandelskauffrau um. Ihren zweiten Standplatz fand sie vor der Bäckerei Metzger, von dem sie aber vertrieben wurde, weil das Geschäft auch im Außenbereich Platz für Tische und Stühle benötigte. Schon zu jener Zeit dachte Renate Radke ans Aufgeben.

Doch die Nachbarin des Bäckerladens, bei der die Blumenverkäuferin Utensilien wie Tisch und Marktschirm deponiert hatte, war entschieden dagegen. „Sie gehören doch zum Stadtbild“, soll sie Radke gegenüber gesagt und flugs ihre Hofeinfahrt für den Blumenverkauf zur Verfügung gestellt haben, um die Blumenfrau umzustimmen.

Die Treue ihrer Kunden und die Tatsache, dass Radke obendrein gerne auch als Seelentrösterin und Ratgeberin auftritt, sicherte ihr die Zukunft. „Einige kamen nur, um mit mir zu schwätzen“, weiß die Frau, die auch manche Anekdote parat hat. „Dass ich eines Tages Rosen verkaufen würde, hätte ich jedoch nicht für möglich gehalten“, sagt sie rückblickend und denkt an jene Zeit, wo sie als vierfache Mutter zwar Geld verdienen wollte, aber einen Job, der ihr flexible Arbeitszeiten gewährt hätte, nicht ohne Weiteres fand. Das Angebot eines Bekannten der Familie änderte schließlich alles: Der Landwirt bot ihr zur Pacht ein Stück seines Ackers an, auf dem in Fellbach jene Rosen wuchsen, die schließlich in Marbach verkauft wurden. Morgens früh um 5 Uhr ging es mit Dackel Schnuffi auf den Acker zum Rosenschneiden. Entdornt und in Bünde gebracht, landeten diese im Wassereimer, um vor- und nachmittags die Blumenliebhaber zu erfreuen. Anfangs war Radke jeden Wochentag zu sehen, später nur noch mittwochs und samstags. Die Discounter boten Preise, die für die Qualität ihrer Ware nicht zu halten waren. „Doch auch der Mittwoch rechnete sich nicht“, entschied die Verkäuferin und fixierte sich fortan auf den Samstagsverkauf. Den Acker aber gab sie nach zehn Jahren auf. Vier Lieferanten begleiteten sie stattdessen durch ihr Blumenleben. „Nur einer ist mir noch geblieben“, sagt sie nachdenklich, weil auch die Handelspartner um sie herum älter werden. „Jetzt, mit 76 Jahren, ist Schluss“, sagt sie entschieden, denn „ein zweiter Breitenbücher will ich nicht werden“.