Julia Piechotta, Anja Wildermuth und Amelie Vermeer (von links) haben die essbaren Eislöffel entwickelt und auf den Markt gebracht. Foto: KS-Images/privat

Die Rielingshäuserin Anja Wildermuth hat mit zwei Kommilitoninnen ein Startup gegründet.

Marbach - Der Plastikmüll stinkt Antonio Pierri schon lange – und doch kommt er einfach nicht um ihn herum. Täglich gehen bei ihm im Marbacher Eiscafé Silvana zahlreiche Plastiklöffel, Plastikschalen und Plastik-Trinkbecher über den Tresen. „Es gibt einfach keine passenden Alternativen, ich halte immer wieder die Augen offen“, sagt er. Umstellen würde er sein Sortiment nämlich gerne.

Aus zweierlei Gründen. Zum einen kosten die Einwegsachen auch nicht gerade wenig, zum anderen sind sie nicht nachhaltig. Und genau dies sei in der aktuellen Klimadebatte ja enorm wichtig. „Strohhalme werden ab 2021 bereits verboten und ich bin mir sicher, dass das erst der Anfang ist. Es wird sicherlich noch mehr verboten und je früher man eine Alternative hat, umso besser“, meint der Inhaber des Eiscafés. Er freut sich deshalb über jeden, der mit eigenen Schälchen zum Eisabholen kommt. „Das ist eine Win-win-Situation für alle“, sagt er. Wirklich oft komme dies aber noch nicht vor. Im To-Go-Bereich dominiert der Plastikmüll einfach – jedoch nicht mehr lange bei Pierri. Zumindest was das normale Eis angeht.

Dieses wird seit einiger Zeit bei ihm eh schon in recycelbaren Bechern herausgegeben. Nun kommt aber noch ein Clou hinzu. Und für den zeichnet sich unter anderem die Rielingshäuserin Anja Wildermuth verantwortlich, die durch ihren Vater in Kontakt mit Antonio Pierri kam. Zusammen mit ihren zwei Kommilitoninnen Julia Piechotta und Amelie Vermeer hat die 24-Jährige im vergangenen Jahr das Startup „Spoontainable“ gegründet und essbare sowie nachhaltige Eislöffel entwickelt. Seit April sind die drei nun damit auf dem Markt. Antonio Pierri hat die Neuheit bereits im Sortiment und hofft auf viel Zuspruch seiner Gäste. „Ich werde jedem die Wahl lassen, was er für einen Löffel möchte, aber ich hoffe, dass viele das Angebot nutzen werden“, erklärt er. Die essbaren Eislöffel sind dunkel und schmecken leicht nach Kakao, da sie aus Kakaoschalenfasern hergestellt werden.

„Aktuell befinden wir uns bereits in der zweiten Produktion und stellen diese Löffel auch glutenfrei her. Der nächste Schritt ist dann, einen neutralen Löffel aus den Fasern zu produzieren“, erklärt Anja Wildermuth. Die Rielingshäuserin ist die Produktentwicklerin des Teams, Julia Piechotta ist für das Marketing und die Finanzen zuständig, Amelie Vermeer für den Vertrieb. Auf die Idee zu ihren essbaren Löffeln kamen die drei Studentinnen im Übrigen natürlich beim Eis essen. „Wir studieren an der Uni Hohenheim und haben uns in der Studentengruppe Enactus kennengelernt, die sich ökologische Konzepte ausdenkt. Beim Eis essen sind wir dann über die Plastiklöffel gestolpert und dachten uns: ‚Da muss man doch was machen können‘.“ Gesagt, getan.

In ihrer WG experimentierte Anja Wildermuth wild herum, ehe sie nach Gesprächen mit anderen Studienkollegen und Startups auf einmal auf die Kakaoschalenfasern stieß. „In Deutschland haben wir nur eine Firma gefunden, die diese Fasern anbietet. Aber wir haben sofort gemerkt, dass diese super sind. Sie sind stabil und haben einen guten Geschmack“, erklärt die 24-Jährige. Um einen Prototypen zu erstellen und die erste Produktion in Dresden zum Laufen zu bringen, benötigte das Trio jedoch rund 12 000 Euro. „Das hatten wir als Studentinnen nicht“, so Wildermuth. Kurzerhand starteten sie eine Crowdfunding-Aktion – mit Erfolg.

Inzwischen sind die Löffel von „Spoontainable“ sogar schon bei einigen Großhändlern gelistet. Verkauft wird in Deutschland, Tschechien, der Niederlande, Österreich und Italien. Auch Anfragen von der ein oder anderen Fernsehshow, die Start-ups und innovative neue Produkte vorstellen, gab es bereits.

Finanziell ist inzwischen sogar ein Puffer da. Das soll aber noch lange nicht das Ende sein. „Unser Ziel ist es natürlich, DIE Alternative zu Plastiklöffeln zu werden und sie in die ganze Welt zu verkaufen“, erklärt Anja Wildermuth, die aktuell ihre Bachelorarbeit schreibt und dann Ende August fertig ist mit ihrem Studium. Danach will sie sich vermehrt um das Startup kümmern.

Dass ihre Idee so gut auf dem Markt ankommt, „davon waren wir wirklich überrascht. Klar: Die vergangenen Monate waren stressig und wir alle haben ein gutes Zeitmanagement gebraucht, aber das war es wirklich wert“, sagt Anja Wildermuth, fügt an: „Wir waren mal an dem Punkt, an dem wir uns überlegen mussten, ob wir alles verpuffen lassen oder Vollgas geben – wir haben uns für Letzteres entschieden, und ich bin wirklich froh. Ich habe extrem viel gelernt. Das sind Erfahrungen, die kann mir keiner mehr nehmen.“ Erfahrungen, die sie haben wachsen lassen und die sie weiterhin antreiben.

Denn Plastikmüll gibt es noch zu viel im Alltag. Davon kann ja auch Antonio Pierri ein Lied singen – und dürfte aufhorchen, wenn er hört, welche Gedanken sich Anja Wildermuth als Produktentwicklerin von „Spoontainable“ macht. „Ich kann mir gut vorstellen, noch eine Alternative zu Kaffeeumrührstäbchen sowie weiteres Besteck zu entwickeln. Aktuell hat aber der neutrale Eislöffel Priorität, denn ihn wollen wir vielleicht auch noch in verschiedenen Farben und in einer etwas anderen Form anbieten“, verrät die Rielingshäuserin.