Eilig zum Bus über die Straße – aber was ist, wenn plötzlich ein Auto auftaucht? Langfristig will die Stadtverwaltung den Busverkehr vom Individualverkehr am Bahnhof trennen. Foto: Oliver von Schaewen

Das Erscheinungsbild und die Barrierefreiheit am Marbacher Busbahnhof lassen zu wünschen übrig. Ein Umbau steht an.

Marbach - Als Ingrid Schmidt kürzlich Besuch am Marbacher Bahnhof empfing, hat sie sich fast geschämt. „Uns sind extreme Verschmutzungen aufgefallen“, erzählt die Erdmannhäuserin. Insbesondere die Scheiben der Wartehäuschen seien verschmiert, zerborsten oder fehlten ganz. „Jeden Mittag um ein Uhr sehe ich vier bis fünf Penner am zweiten Haltepunkt“, berichtet die Rentnerin. Dies alles könne nicht so weitergehen. Auch eine Frau aus Murr ist nicht zufrieden mit der Ausstattung: „Im Wartebereich sind zu wenig Sitzplätze für ältere Menschen da – auch haben Mütter mit Kinderwagen und ältere Menschen mit Rollatoren oft Probleme beim Einsteigen.“

Tatsächlich bieten die Buswartehäuschen einen jämmerlichen Anblick. Offenbar kleistern Plakatierer die Flächen zu – Dreckränder trüben die Durchsicht. Das ist auch schon dem ÖPNV-Spezialisten Jochen Biesinger aufgefallen, der für die CDU im Gemeinderat sitzt und sich seit Jahren für einen verbesserten Service am Busbahnhof einsetzt. „Wenn da nachts jemand einen über den Durst trinkt, haut er die Scheiben ein“, glaubt er. Zuständig für die Wartung der Wartehäuser sei die Stadt. Biesinger sieht aber beim 35 Jahre alten Busbahnhof insgesamt einen größeren Handlungsbedarf: „Bei der Barrierefreiheit fehlt es noch, außerdem hat der Individualverkehr zwischen den Haltestellen nichts zu suchen.“ Biesinger schlägt eine Entflechtung vor: Busse sollten ihre Fahrbahn alleine für sich haben. Kürzlich hätten die CDU und die Grünen bei den Haushaltsberatungen des Marbacher Gemeinderats den Zustand des Busbahnhof thematisiert und Verbesserungen gefordert.

Die Beschwerden der Bürger und die Bitten der Stadträte nimmt der Marbacher Bürgermeister Jan Trost ernst. „Die Scheiben in manchen Wartehäusern fehlen schon seit einigen Jahren“, sagt er, und das aus gutem Grund: Denn der Vandalismus, der wohl auf Personen aus der Trunkenheitsszene zurückzuführen sei, wiederhole sich regelmäßig. „Auch im Wartehaus im Schulzentrum setzen wir keine neuen Scheiben mehr ein.“ Die Polizei kontrolliere zwar regelmäßig, aber es sei schwer, Täter zu finden.

Über den Anblick von Bier trinkenden Männern in dem Wartehaus hinten am Bahnhof ist Jan Trost„nicht gerade begeistert“, doch hätten diese Personen ein Aufenthaltsrecht, solange sie sich friedlich verhalten. „Eine ähnliche Diskussion hatten wir kürzlich im Hörnle, wo Männer ihr Bier auf dem Wiesbadener Platz trinken.“ Die Polizei rede jedenfalls mit den Menschen und halte sie auch an, ihren Müll wegzuräumen. Apropos Abfälle: „Wir haben am Bahnhof schon einen intensiven Reinigungsturnus“, so der Bürgermeister. Allerdings würden vor allem junge Fahrgäste auf dem Weg zum Bus immer wieder Kaugummis oder andere Gegenstände fallen lassen. „Da müsste man eigentlich rund um die Uhr jemanden beschäftigen – das ist aber finanziell nicht tragbar.“ Jan Trost hofft, durch Öffentlichkeitsarbeit und durch eine stärkere Jugendbeteiligung – im Dezember Thema im Gemeinderat – der Vermüllung in der Stadt entgegenwirken zu können.

Den Punkt Barrierefreiheit habe die Verwaltung fest im Blick, erklärt Jan Trost. Schließlich sollten laut einer Richtlinie bis 2022 alle Haltestellen so umgebaut sein, dass ein ebenerdiger Einstieg möglich ist. Dies verwirkliche die Stadt zum Beispiel an der Güntterstraße, am Eichgraben und am Wiesbadener Platz durch den Bau von Hochborden bereits. Dies wolle er auch am Bahnhof so umsetzen, sagt Trost. Allerdings befinde sich der Umbau noch in der Warteschleife. Denn mit dem Bau der Sporthalle am Lauerbäumle, der Mensa-Erweiterung im Zuge der Ganztagsbetreuung und dem Umbau des Pfundhauses habe die Stadt in nächster Zeit genug zu tun. Eigentlich gehöre das Gelände inklusive des L’Isle-Adam-Platzes „bis fast zur Tankstelle“ einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn AG. Die habe allerdings schon mitgeteilt, dass Umbauten nicht ihre, sondern Sache der Stadt seien. Die Fläche wolle die Gesellschaft aber behalten.

Nicht alle Passanten scheinen unzufrieden mit dem Zustand des Busbahnhofs zu sein. „Der Busbahnhof in Marbach ist im Vergleich zu Stuttgart relativ sauber“, sagte ein 14-jähriger Schüler aus Murr. Und eine Frau aus Düsseldorf, die erstmals in der Schillerstadt ankam, meinte: „Das hier wirkt auf den ersten Blick doch alles recht nett.“ Sie sei Dreck an Bahnhöfen gewohnt.

Eine Hilfe wäre, eine zusätzliche Tonne für den Müll aus der S-Bahn aufzustellen, wünscht sich ein Bahn-Mitarbeiter. Bisher stehen nur zwei Behälter am Bahnhof.