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Wasserbüffel könnten im Bottwartal grasen – eine Idee von NatureLife-Präsident Claus-Peter Hutter und Christoph Sonntag.

Marbach/Bottwartal - Das Bottwartal wird um eine Attraktion reicher sein: Zwischen Großbottwar und Steinheim-Kleinbottwar soll eine kleine Wasserbüffelherde mit voraussichtlich sechs bis acht, maximal zwölf Tieren grasen. Diese außergewöhnliche Idee haben Claus-Peter Hutter, Präsident der Umweltstiftung NatureLife International mit Sitz in Ludwigsburg, und der Kabarettist Christoph Sonntag, der mit seiner so genannten „Stiphtung“ im sozialen und ökologischen Bereich aktiv ist, schon vor fünf Jahren erstmals angedacht und am Dienstag im Ludwigsburger Landratsamt vorgestellt. Bis die ersten Büffel an der Bottwar heimisch werden, werden aber voraussichtlich noch drei Jahre vergehen. Zunächst einmal sollen Gelder gesammelt und die Planung im Detail vertieft werden. Denn eines steht schon heute fest: Auch wenn das Fleisch der überzähligen Tiere verkauft werden soll, wirtschaftlich rechnen wird sich das Projekt, dessen Kosten Hutter grob mit zwischen 80 000 und 140 000 Euro bezifferte, nicht. Ökologisch gesehen dafür umso mehr.

„Wir sind überall mit der Herausforderung konfrontiert, dass landwirtschaftlich genutzte Flächen aufgegeben werden“, sagte Claus-Peter Hutter. „Wenn man aber die Kulturlandschaft trotzdem erhalten will, muss man etwas tun, sonst verschilft oder verbuscht das Gelände.“ Damit verändere sich nicht nur die über viele hundert Jahre gewachsene Kulturlandschaft, sondern auch die Artenvielfalt gehe zurück, erklärten die emeritierten Professoren Theo Müller aus Steinheim und Claus König aus Ludwigsburg. Der Zoologe und der Botaniker haben das Gelände in den vergangenen drei Jahren genau unter die Lupe genommen und begleiten das Projekt wissenschaftlich. Finanziell getragen werden soll es von einem Förderverein.

Statt brachliegende Flächen teuer und aufwendig zu mähen, gibt es eine preiswerte und auch noch bessere Lösung: Die Beweidung. Wasserbüffel sind dabei für feuchte Gebiete perfekt geeignet. Sie fressen nicht nur große Mengen Grob- und Raufutter, sondern können auch aus minderwertigem Futter Nährstoffe gewinnen. Vor allem jedoch profitiert das gesamte Ökosystem durch sie. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Zahl der Sumpf- und Watvögel, aber auch der Amphibien, Insekten, Fische oder Mikroorganismen steigt, wenn Wasserbüffel die Ufer freihalten und ihren Dung überall verteilen.

„Eigentlich ist das Ganze eine urschwäbische Idee“, findet Christoph Sonntag, der nicht nur Kabarettist, sondern auch studierter Landschaftsökologe ist. „Wir sparen den Landschaftsgärtner, wir schaffen eine Natursensation, die ein tolles Ausflugsziel für Familien ist, und man kann’s auch noch essen – was will man mehr.“ Zum Bottwartal hat Sonntag eine besondere Beziehung. „Meine Oma hatte eine kleine Fabrik in Waiblingen, wo sie rund um die Uhr geschafft hat. Aber wenn sie mal weg vom Geschäft kam, ging’s ins Bottwartäle. So wusste ich schon als Kind, dass das was ganz Besonderes sein muss.“

Die Initiatoren planen, das Projekt mittelfristig zusammen mit den angrenzenden Weinbergen zu einem interaktiven Naturerlebnispfad zu machen. Für Schulen und Kindergärten soll es Aktionstage geben. Man erhofft sich auch einen Vorbildcharakter für andere, ähnliche Regionen.

Die Tiere sollen auf einer so genannten Umtriebsweide gehalten werden, das heißt, sie grasen an wechselnden Plätzen links und rechts der Bottwar. Ausgenommen sind der alte Mühlgraben und Bereiche, die aus Naturschutzgründen nicht beweidet werden sollen. Der Übergang wird durch transportable Holzbrücken gewährleistet. Zum steilen Ufer selbst haben die Tiere keinen Zugang; sie werden sich an anderen Feuchtstellen aufhalten. Zwischen den eingezäunten Flächen soll es auch Korridore für Wildtiere geben.

Das Gelände, das zur neuen Heimat der Wasserbüffel werden soll, befindet sich größtenteils in Landesbesitz. Die wenigen Flächen, die in privater Hand sind, können ausgezäunt werden. „Einige Besitzer haben aber auch schon signalisiert, dass sie mitmachen wollen. Sie finden, das sei eine tolle Sache“, sagte Claus-Peter Hutter. Auch Landrat Rainer Haas hat grünes Licht gegeben: „Dafür habe ich gerne die Schirmherrschaft übernommen.“

Wasserbüffel haben nichts mit dem aggressiven afrikanischen Kaffernbüffel gemein, erklärte Zoologe Prof. Claus König. „Die Tiere sind sehr friedfertig.“ Das bestätigte auch der Großbottwarer Landwirt Andreas Weigle, der sich mit seinem Sohn Uli und dem Benninger Gerhard Fahr um die Büffelherde kümmern wird. „Wir waren bei einem Kollegen im Donauried, das landschaftlich ähnlich ist wie das Bottwartal. Dort standen wir mitten unter der Herde und sind mit den Tieren mitgelaufen. Auf denen kann man sogar reiten!“ Trotzdem werden sich die künftigen Neubottwartäler, die aus Rumänien oder Bulgarien kommen sollen, zwischen Elektrozäunen und mit Abstand zur Straße und zum Radweg hin aufhalten.

Damit die recht kleine Herde nicht durch Inzucht genetisch verarmt, wird es immer wieder frisches Blut aus anderen Herden geben. Überzählige Tiere werden geschlachtet und verarbeitet. Obwohl dafür etwa der dreifache Preis wie bei einem normalen Rind anfällt, reich werden kann man damit nicht, da die Tiere auch dreimal so lang bis zur Schlachtreife brauchen.

Keine Fremden

Wasserbüffel
sind im Bottwartal keine Fremden. Etwa zu der Zeit, als der „Homo steinheimensis“ dort lebte und jagte, gab es in dem Gebiet auch einen prähistorischen Wasserbüffel mit dem wissenschaftlichen Namen „Bubalus murrensis“ – benannt nach dem Fundort an der unteren Murr, wo 1927 seine Hörner entdeckt wurden. In Deutschland leben derzeit etwa 18  000 bis 20 000 Wasserbüffel, in Baden-Württemberg unter anderem auf der Schwäbischen Alb. In Europa werden die Tiere in großer Zahl vor allem in Rumänien oder Bulgarien, aber auch in Italien gehalten. Sie liefern den bekannten Büffelmozarella. Die Herde, die auf zwölf Hektar Fläche im Bottwartal leben soll, ist jedoch zu klein für die Milchproduktion. Ihre Milch wird für die Kälber gebraucht. Überzählige Tiere sollen entweder geschlachtet oder gegen Büffel aus anderen Herden getauscht werden. Wasserbüffel, die bis zu 560 Kilogramm wiegen können, sind friedfertig, solange man sie nicht ärgert; dann jedoch sind sie nachtragend. Zum Schutz vor Insekten und zur Abkühlung halten sie sich oft im Wasser oder im Schlamm auf. Da Wasserbüffel sehr robust sind, benötigen sie kaum je einen Tierarzt. Nicht nur ihr Fleisch, sondern auch ihr Dung ist praktisch frei von Antibiotika. Im Winter könnten die Tiere draußen gehalten werden, da sie Temperaturen bis zu minus 20 Grad vertragen.