Auch die Leseratte will Geschenke unter den Weihnachtsbaum legen. Foto: dpa

Der Leseratte passiert kurz vor Weihnachten ein Missgeschick.

Kornwestheim - Die Leseratte ist ziemlich zufrieden. Sie hat schon fast alle Weihnachtsgeschenke beisammen. Ihr Frosch-Freund Freddy bekommt ein tolles Brettspiel – er ärgert sich immer so schön beim Spielen. Ameise Charlotte wird sich sicherlich über die kleine Sammlung erlesener Tannennadeln freuen, weiß die Leseratte. „Die kann sie dann in den Hügel ihres Volkes mit einbauen“, murmelt die Ratte, während sie um jede Nadel ein einzelnes kleines Schleifchen bindet. Ihre Eltern bekommen ein Stück leckersten Käse. „Super“, denkt die Ratte. „Jetzt kann Weihnachten kommen.“

Doch plötzlich erschreckt sie sich. So eine miese Grütze! Da hat sie doch tatsächlich das Geschenk vergessen für Ulrich, den Uhu – einen ihrer besten Freunde. Ulrich wird zwar sicherlich nicht enttäuscht sein, er ist ein weiser Uhu und weiß, dass Geschenke nicht alles sind im Leben. Wichtiger ist, Zeit mit seinen liebsten Menschen (und Ratten) zu verbringen. Und dennoch: Die Leseratte wollte ihm sooo gerne etwas Schönes schenken. „Was mache ich jetzt nur“, hadert sie.

Schnell zieht sie ihren Schal und ihre Bommelmütze über und stiefelt los in die Kornwestheimer Innenstadt. Sie muss noch unbedingt etwas kaufen. Nur was? Sie sucht die verschiedenen Geschäfte auf. Bei Andreas Schantz im Schuhaus schaut sie – aber die Uhu-Schuhe sind alle ausverkauft. „Nehmen sie doch ein Prospekt mit, vielleicht fällt Ihnen dann noch etwas ein“, sagen die netten Mitarbeiterinnen. Sie versucht ihr Glück beim Bücherlurch. Dort wird sie auch gut beraten, doch sie fürchtet: Der kluge Uhu Ulrich hat die Bücher bereits alle gelesen. Sie stopft sich dennoch eine Infobroschüre mit den besten Büchern der Frankfurter Buchmesse in die Tasche und zieht weiter.

Egal, wo sie hinkommt, in Supermärkten, Kleidungsgeschäften, im Spielzeugladen – nirgendwo findet die Leseratte ein so richtig passendes Geschenk für ihren lieben Freund. „Es ist zum Verzweifeln“, sagt sie und ist schon ganz traurig. Den Blick gesenkt trottet sie wieder nach Hause und lässt sich auf ihrem Sofa nieder. „Was mache ich jetzt nur?“, denkt sie sich, zieht ihren Schal und ihre Bommelmütze wieder aus und leert ihre Taschen. Ein riesiger Stapel Broschüren und Werbezettel türmt sich daraufhin auf ihrem Tisch auf, einige hat sie sogar mehrmals. „Das nützt mir alles nicht“, denkt sich die Leseratte. Oder doch? Plötzlich legt sich ein breites Grinsen über das Gesicht der Leseratte und sie springt vom Tisch auf (das einzige, was noch fehlt, ist, dass sie „Heureka!“ ruft). Sie huscht los und holt Schere, Kleber und Pappe.

Was ist da los? Die Ratte hat sich daran erinnert, dass sie vor einigen Wochen den Kornwestheimer Künstler Michael Bischof getroffen hat. Er hat ihr gezeigt, wie man aus alten Dingen, ja sogar Müll, tolle neue Sachen macht. Und weil Uhu Ulrich so gerne Memory spielt, bastelt sie ihm nun eins. Sie schneidet Herrenschuhe, Buchcover und Schokotafeln aus den Prospekten aus und klebt sie auf Pappquadrate. Und schon ist ganz schnell ein Memory-Brettspiel entstanden. Das packt sie in einen Beutel, schnürt eine Schleife darum – fertig. Jetzt freut sich die Ratte total darauf, es ihrem Freund Ulrich zu schenken, sie ist ganz hibbelig. Sie will das Leuchten in seinen Augen sehen und mit ihm am Weihnachtsbaum sitzen und spielen. „Die schönsten Sachen sind doch selbst gemacht“, seufzt sie glücklich.