Die Europäische Wildkatze ist streng geschützt.               Foto: Thomas Stephan/BUND

Eine Wildtierkamera hat möglicherweise eine Wildkatze abgelichtet – in dem Gebiet Am Krixenberg, in dem die Gemeinde Oberstenfeld gerne bauen würde.

Oberstenfeld - Für den Naturschutz wäre es eine kleine Sensation: Eine Wildtierkamera hat nahe Oberstenfeld ein Tier abgelichtet, bei dem es sich, so der BUND, vermutlich um eine Europäische Wildkatze handelt. Diese unterscheidet sich in einigen Merkmalen von der Hauskatze. Endgültige Klarheit, ob es sich tatsächlich um ein Exemplar der streng geschützten Tierart handelt, kann aber nur ein Gentest bringen. Der BUND wird daher im Winter, der Fortpflanzungszeit der Tiere, mit Baldrian bestrichene Holzpflöcke aufstellen. Der Baldrian soll die Tiere dazu verleiten, sich daran zu reiben und so Haare zu hinterlassen – die dann gentechnisch analysiert werden könnten.

Lange Zeit galt die Wildkatze hierzulande als nahezu ausgestorben, breitet sich nun jedoch langsam wieder aus. Der BUND möchte das durch die Einrichtung eines Wildkatzenkorridors zwischen dem Schwäbisch-Fränkischen Wald und dem Stromberg fördern, in dem Büsche und Sträucher den scheuen Tieren Schutz bieten. Auf den angrenzenden Straßen sollen zudem Querungshilfen eingerichtet werden, damit die Katzen nicht unter die Räder kommen.

Der Ausbreitung der Wildkatze steht jedoch der Ausbreitungswunsch des Menschen entgegen. Am südlichen Ortsrand von Oberstenfeld soll nämlich das neue Baugebiet Am Krixenberg mit 51 Bauplätzen entstehen. Und das würde, so die Einschätzung der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA), den Wildkatzenkorridor auf nur noch 90 bis 150 Meter verkleinern – was dazu führen werde, dass die Tiere ihn nicht mehr nutzen. Auch der BUND-Kreisvorsitzende Stefan Flaig kritisiert, dass das Baugebiet viel zu nah an den als Wildtierwanderweg genutzten Heuerbach heranrücke, sodass der Wildkatzenkorridor völlig entwertet werde. Flaig fürchtet überdies, dass durch die Nähe zum Siedlungsraum die scheuen Tiere nicht nur verjagt würden, sondern auch die Gefahr einer genetischen Vermischung von Wildkatzen mit Hauskatzen drohe.

Oberstenfelds Bürgermeister Markus Kleemann dagegen glaubt, dass beides möglich ist – Naturschutz und Wohnraum für Menschen. Deshalb sieht er keinen Widerspruch zu seiner vor zwei Jahren anlässlich einer Wildkatzen-Ausstellung im Bürgerhaus getroffenen Aussage: „Die Kommune möchte dazu beitragen, dass Flächen für die Wildkatzenwege an ihrer südlichen Gemarkung freigehalten werden“, sagte er damals. „Wir sehen uns in besonderer Verantwortung für den Naturschutz und die Artenvielfalt.“

Jetzt allerdings betont der Bürgermeister, dass er auf einen Bebauungsplanbeschluss für das Neubaugebiet noch in diesem Jahr hoffe – und verweist auf den hohen Wohnbedarf in der Gemeinde und die Notwendigkeit, junge Familien im Ort zu halten. Im Übrigen, so Kleemann, sei schon im etwa 20 Jahre alten Flächennutzungsplan festgehalten, dass das umstrittene Gelände Am Krixenberg zu einem Baugebiet werden solle.

Vor 20 Jahren allerdings galt die Wildkatze in der Region, anders als heute, noch als ausgestorben. Doch selbst wenn es sich bei dem nun gesichteten Tier tatsächlich um eine solche Katze handeln sollte, hat das Landratsamt wenig Einflussmöglichkeiten: „Der Bebauungsplan ist aus dem Flächennutzungsplan entwickelt und bedarf keiner Genehmigung durch das Landratsamt“, erklärt Sprecherin Caren Sprinkart. Sie betont jedoch: „Die Gemeinde Oberstenfeld muss im Rahmen der Abwägung alle Belange – auch die der Wildkatze – berücksichtigen.“