Der angedachte Trassenverlauf des Nordostrings. Foto: Arge Nordost

Oberbürgermeisterin Ursula Keck ist besorgt, dass an der Stadt und anderen betroffenen Kommunen vorbei Fakten zum Nordostring geschaffen werden.

Kornwestheim - Ich bin höchst besorgt, dass unter dem Siegel der Nichtöffentlichkeit Themen auf den Weg gebracht werden, von denen wir erst erfahren, wenn die Würfel schon gefallen und die Pläne schon eingetütet sind“, sagte Oberbürgermeisterin Ursula Keck am Dienstag im Ausschuss für Umwelt und Technik.

Sie bezog sich dabei auf einen vom Landeskabinett beschlossenen Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung des Stuttgarter Feinstaubproblems. Darin heißt es, im Sinne der Luftreinhaltung müssten „vor allem jene Maßnahmen geplant und gegebenenfalls schnellstmöglich realisiert werden, die zu einer Entlastung des Talkessels vom Durchgangsverkehr führen“. Und dazu zählten „insbesondere die im Bundesverkehrswegeplan befindlichen Maßnahmen“. Und zu denen gehört bekanntlich der Nordostring.

Im Kornwestheimer Rathaus ist nun die Sorge groß, dass durchs Hintertürchen der der Weg geebnet wird. Selbiges befürchtet man in Fellbach: Die dortige Oberbürgermeisterin Gabriele Zull hatte den Stein vor einigen Wochen ins Rollen gebracht, als sie ihren Stadträten verkündete, dass besagter Kabinettsbeschluss mit dem Auftrag zum Planungsstart existiere – was vom Verkehrsministerium und vom Regierungspräsidium umgehend dementiert wurde. Was die Kornwestheimer Oberbürgermeisterin empörend findet: „Nirgendwo bekommen wir eine verbindliche Aussage.“

In der Kabinettsvorlage, die unserer Zeitung vorliegt, heißt es jedenfalls wörtlich: „Gemäß der Koalitionsvereinbarung schafft das Land bei Planung und Bau die Voraussetzungen, die Maßnahmen des Bundesverkehrswegeplanes umzusetzen.“ Zwar befindet sich der Nordostring – zumindest derzeit – nicht bei den „fest disponierten“ oder im „vordringlichen Bedarf“ angesiedelten Projekten. Wohl aber im „weiteren Bedarf mit Planungsrecht“.

„Im Moment bündeln sich die Kräfte zum Thema Feinstaub und Nordostring“, sagte die Rathauschefin im Ausschuss und appellierte: „Es ist wichtig, dass die betroffenen Kommunen die Zähne zeigen und den Schulterschluss üben gegen die Vernichtung von Natur und die Beschneidung von wichtigen Erholungsräumen.“ Es gelte, „aufmerksam und sensibel“ auf die Zeichen zu hören und alles dafür zu tun, dass das Thema Nordostring dort lande, wo es hingehöre, „nämlich im Papierkorb“.

Der Nordostring beschäftigte die Räte in der Sitzung doppelt: Denn auch in der Fortschreibung des Regionalverkehrsplanes spielt die vom Verband Region Stuttgart propagierte autobahnähnliche Straße zwischen Fellbach/Waiblingen und Kornwestheim eine zentrale Rolle. Dem Nordostring misst man dort „höchste Dringlichkeit“ bei. Von der Stadt Kornwestheim war zu diesem und anderen Vorhaben eine Stellungnahme gefordert – und die lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

Sowohl der in der Planfortschreibung als „Maßnahme 338“ vorgeschlagene dreistreifige als auch der unter „Maßnahme 338 a“ angedachte vierstreifige Ausbau sei ökologisch höchst problematisch und gehöre aus dem Regionalverkehrsplan gestrichen, fordert Baubürgermeister Daniel Güthler in der Stellungnahme an Region-Planungschef Thomas Kiwitt. Die Planung setze falsche Prioritäten.

Dass der Ring „entgegen der nahezu geschlossenen ablehnenden Position der betroffenen Kommunen als Maßnahme der höchsten Dringlichkeit eingestuft wird und damit eine möglichst umgehende Umsetzung angestrebt werden wird, ist vollkommen unverständlich“, schreibt Güthler. So eine Straße werde nicht lokale und regionale Verkehrsprobleme lösen, sondern überwiegend überregionalen Verkehr anziehen und zu einer Zunahme der Belastung führen. Das Bundesverkehrsministerium lasse zudem mittlerweile keinen Zweifel mehr daran, dass der geplante Straßenabschnitt künftig Teil einer großräumigen Verbindung zwischen der A 7 und der A 81 sein solle. Der Baubürgermeister kreidet den Planern auch an, falsche Verkehrszählungen zugrunde gelegt zu haben.

Die Vertreter der Fraktionen stützten die Verwaltungsposition einhellig. „Dass wir im Flächennutzungsplan nicht nur einen Korridor freigehalten, sondern auch noch einen Puffer eingebaut und damit dem Nordostring das Wiesle gerichtet haben, bedauert meine Fraktion zutiefst“, merkte allerdings CDU-Stadtrat Hans Bartholomä an.