Karin Altpeter (in Rot) Im Gespräch mit Sonja Maier. Foto: Birgit Kiefer

Karin Altpeter hat dem Kleeblatt-Heim in Pattonville gestern Nachmittag einen Besuch abgestattet.

Pattonville - Kaffee und eine Stück Kuchen gibt’s jeden Nachmittag im Kleeblattheim in Pattonville, Sekt nur zu besonderen Anlässen. Ein solcher war gestern Nachmittag: Sozialministerin Karin Altpeter (SPD) besuchte bei ihrer Tour durch den Landkreis Ludwigsburg das Kleeblatt-Heim an der John-F.-Kennedy-Allee. Von der Stippvisite der ohnehin kleinen Ministerin bekamen die Kleeblatt-Bewohner allerdings nicht viel mit. Zwischen ihnen und Altpeter baute sich eine Armada von weiteren Gästen auf, so dass die Senioren vom Geschehen gar nichts mitbekamen – auch deshalb nicht, weil niemand zum Mikrofon griff, sondern so – ohne technische Hilfe – in den Raum sprach. „Ich verstehe nichts“, sagte eine Bewohnerin. Aber ihre Klage blieb ungehört.

Der Mehrgenerationenpark in Möglingen, das Heim in Pattonville, das Kreishaus in Ludwigsburg, wo Altpeter an einer Kuratoriumssitzung teilnahm, und das Klinikum – das waren die Stationen der Ministerin, die von Landrat Dr. Rainer Haas in den Kreis Ludwigsburg eingeladen worden war. Beide, die Ministerin und der Landrat, kennen sich aus früherer Zeit, als Haas im Rems-Murr-Kreis erster Landesbeamter war und Altpeter Kreisrätin. Das Wiedersehen verlief harmonisch, weil Altpeter am Modell der Kleeblattheime Gefallen fand und Haas das Bestreben der Ministerin lobte, die gesetzlichen Bestimmungen für das Heimwesen auf eine neue Grundlage zu stellen.

Mit Hilfe des Sozialministeriums entstanden die ersten Kleeblattheime im Landkreis Ludwigsburg Ende der 80er-Jahre. Das Modell mit kleinen Heimen – die Einrichtung in Pattonville beispielsweise hat lediglich 25 Plätze für Pflegebedürftige – stuften Experten im Vorfeld als nicht rentabel ein. „Keiner der etablierten Träger war bereit, das Risiko zu übernehmen“, berichtete Kleeblatt-Geschäftsführer Walter Lees aus den Anfangsjahren. Aber die wohnortnahe Versorgung hat sich etabliert. 26 Heime gibt es mittlerweile im Landkreis Ludwigsburg, im vergangenen Jahr wurde ein Überschuss von einem Prozent erwirtschaftet.

Ihr politisches Anliegen sei es, die ambulanten Hilfsmöglichkeiten so weit auszubauen, dass die Menschen möglichst lange im eigenen Umfeld bleiben können. Nur Schwerstbehinderte und Demente, die in einer Einrichtung besser aufgehoben seien, sollten in Heime ziehen müssen, sagte Altpeter, die das Wort allerdings gar nicht gerne benutzt, sondern lieber von unterstützenden Wohnformen spricht.

In ihrem Referat vor dem Kuratorium der Kleeblatt Pflegeheim gGmbH kündigte Altpeter ein Gesetz für unterstützende Wohnformen an, das im kommenden Jahr im baden-württembergischen Landtag verabschiedet werden soll. Darin sollen Qualitätsstandards und Fachkräftequoten festgeschrieben werden. „Niemand soll gegen seinen Willen ein Doppelzimmer benutzen müssen“, nannte Altpeter, die selbst Altenpflegerin und Lehrerin für Pflegeberufe ist, ein Beispiel.

Die Ministerin ging auch auf das Problem des Fachkräftemangels ein und zeichnete mehrere Möglichkeiten auf, wie Einrichtungen Pflegerinnen und Pfleger gewinnen können. So müssten die Heime eine ausreichende Zahl an Ausbildungsplätzen zur Verfügung stellen. Es müsse auch die Möglichkeit erweitert werden, im Heim ein Freiwilliges Soziales Jahr zu absolvieren. Zudem müsse der Einstieg in den Beruf durchlässiger werden. Warum, fragte Altpeter, sollte es nicht möglich sein, dass eine Servicekraft eine Helferausbildung startet?

Altpeter kündigte für den Herbst eine Informations- und Werbekampagne rund um das Thema Pflege an. Es sei wichtig, die Wertigkeit der sozialen Berufe zu steigern. Pflegerinnen und Pfleger sollten auf ihren Beruf auch stolz sein können. Die Ministerin warnte aber davor, das Bild zu verherrlichen. „Pflege ist nicht immer nur schön.“ Im Heim werde nicht nur gelebt, „sondern manchmal auch gestorben“.

Beim Rundgang durchs Pattonviller Heim nutzte Altpeter die Gelegenheit, die zwei Bewohnerinnen Sonja Maier und Annerose Bär in ihren Zimmern zu besuchen – allerdings auch wieder mit einem Tross von Begleitern im Schlepptau, die in Nullkommanichts die kleinen Zimmer füllten. Zeit für ein ruhiges Schwätzchen blieb dabei nicht. Die Bewohnerinnen bedauerten es. Wann hat man schon einmal so prominenten Besuch?