Bis Mittwoch unterwegs: die Kornwestheimer Sternsinger. Foto: Horst Dömötör

Noch bis Mittwoch ziehen Jungen und Mädchen als Sternsinger durch die Stadt und sammeln in den Häusern für Kinderhilfsprojekte in Bolivien.

Kornwestheim - Es herrscht unruhiges Treiben in dem provisorisch eingerichteten Umkleideraum neben der St.-Martinus-Kirche. Kinder huschen aufgeregt durch die Gegend, die Eltern im Schlepptau. Auf den Tischen stapeln sich lange Gewänder, goldene Sterne und eine Gitarre. Andreas Gröger, der das Sternsingen der St.-Martinus-Gemeinde in Kornwestheim organisiert, sorgt dafür, dass jede der sieben Gruppen ein Weihrauchfass, Kreide und eine Tasche mit Prospekten zugeteilt bekommt.

Vorab haben sich die 27 Sternsinger und ihre Helfer bereits dreimal getroffen, um die königlichen Gewänder aus dem Kleiderfundus anzuprobieren und die Lieder für die Aktion einzustudieren. „Wir haben in Schulen und Kirchen fürs Mitmachen geworben“, erzählt Andreas Gröger. Trotzdem muss in diesem Jahr eine Gruppe weniger an den Start gehen und mehrere Teams müssen zu dritt anstatt zu viert um die Häuser ziehen. Doch von diesem leichten Schwund an Königen lassen sich die Sternsingerinnen und Sternsinger nicht unterkriegen.

Der launige Segnungsgottesdienst ist eine Art Generalprobe: Die Sternsinger gehen noch einmal alle ihre Lieder durch und klatschen dazu, Andreas Gröger begleitet mit seinem Akkordeon. Gemeindereferent Hans-Jürgen Winkler erklärt den Kindern, dass sie im Namen der Kirchengemeinde ausgesendet werden und die Spenden vor allem an verschiedene Projekte für Kinder in Bolivien gehen. „Ihr setzt euch ein für Kinder in diesem Land, und das ist gut“, sagt Winkler und bedankt sich bei den Kindern für das Engagement.

In Bolivien lebe etwa jeder Zweite unterhalb der Armutsgrenze, berichtet der Kornwestheimer Gemeindereferent, der selbst schon in dem südamerikanischen Land gelebt hat. „Die Sternsinger sind die größte Spendenaktion, in der Kinder für andere Kinder Spenden sammeln“, berichtet er. In diesem Jahr laufen die kleinen Könige deutschlandweit unter dem etwas lang geratenen Motto „Segen bringen – Segen sein, Respekt für dich, für mich, für andere – in Bolivien und weltweit“.

Andreas Gröger erläutert die Bedeutung von Respekt anhand eines Beispiels: „Leute nehmen euch heute in ihren Häusern auf, spenden und zeigen dadurch ihren Respekt.“ Nachdem Hans-Jürgen Winkler die Bibelstelle vorgelesen hat, in der die Heiligen Drei Könige zum Jesuskind an die Krippe kommen, erhält jeder der kleinen Sternsinger noch ein Halstuch mit auf den Weg. Bei dem Wetter kann’s nicht schaden.

„Wir sind schon eine erfahrene Truppe“, erzählt Elisabeth Geißer. Die Teamleiterin ist selbst viele Jahre dabei und zieht mit drei Mädchen los, darunter die elfjährige Lena, die schon seit fünf Jahren als Königin mitsingt, die gleichaltrige Leonie und die zehnjährige Alexandra, die bereits, seit sie drei Jahre alt ist, mitmacht. Trotz des Nieselregens stapfen sie los zur ersten Station – gut gelaunt und voller Tatendrang. Das erste Publikum besteht aus Marie und Friedrich Wildner. Das Rentnerehepaar lädt die Sternsinger in ihr Esszimmer ein und hört aufmerksam zu.

Reimend stellen sich die drei Könige als Caspar, Melchior und Balthasar vor. Mit Aufregung haben die Mädchen dabei nicht mehr zu kämpfen. „Wenn man schon im K in einem Musical mitgemacht hat – nicht nur vor fünf Leuten –, dann hat man schon mehr Selbstbewusstsein“, meint Lena. „Hier haben wir fast alles, leben wie Könige. Aber so wie bei uns leben anderswo nur wenige“, erklären sie dem Ehepaar Wildner, „dabei lautet die Botschaft aus Bethlehem: Kein Kind darf im Abseits stehen.“ Im Wechsel mit den Sprüchen wird gesungen – „Könige sind Menschen“ oder „Für die Kinder dieser Erde“.

„Sehr schön habt ihr das gemacht“, lobt Friedrich Wildner, während sich seine Ehefrau um das Wohlbefinden der jungen Könige kümmert: „Wollt ihr in die Gutsle langen?“, fragt sie und bietet darüber hinaus Sprudel an. „Das ist auch ein Grund, warum es noch mehr Spaß macht“, meint Lena danach. Diese Belohnung haben sich die Kinder verdient, schließlich müssen sie an diesem Tag um die 15 Häuser abklappern.

Doch so freundlich werden die Kinder nicht immer aufgenommen – auch, wenn sich die Familien, bei denen die Sternsinger vorbeigehen, alle zuvor angemeldet haben. „Es kam schon mehrmals vor, dass wir vor der Tür im strömenden Regen singen mussten“, berichtet die Gruppe aus ihrer Erfahrung. Neben dem Problem, dass manche Leute nicht zu Hause sind, wenn die Könige klingeln, habe der Weihrauch sogar schon einmal den Rauchmelder eines Hauses ausgelöst, erinnern sie sich und lachen. Umso schöner sind da die positiven Erfahrungen: Bei Familie Klenk bekommen die Sternsinger lautstarken Applaus.

Das Weihrauchfass will zunächst nicht wirklich mitmachen. Doch nachdem Elisabeth Geißer das darin befindliche Kohlestück immer wieder angezündet und Weihrauchkügelchen nachgeladen hat, kommt es zu dem erwarteten Effekt aus Qualm und Duft.

Und so ziehen die Sternsinger von einem warmen Wohnzimmer zum nächsten und schreiben den Segen auf die Türrahmen. Das „C+M+B“ steht dabei nicht, wie häufig irrtümlich gedacht wird, für die Namen der Heiligen Drei Könige. „Das bedeutet: Christus segne dieses Haus“, erklären die Kinder den Spruch. Im Gegenzug springt dann eine Spende heraus. „Im vergangenen Jahr waren wir so gut wie nie“, erzählt Andreas Gröger, „da haben wir in Kornwestheim insgesamt etwa 11 000 Euro eingenommen.“ Damit liegt der Maßstab für dieses Jahr nicht gerade niedrig, doch für ihn spiele bei dieser Aktion das Geld ohnehin nur eine Nebenrolle, betont Andreas Gröger.