Freut sich auf die Sanierung und den Umzug der Orgel: Pfarrer Horst Rüb Foto: /Sophia Herzog

Risse im Chor, bröckelnder Putz und alternde Technik: Die evangelische Martinskirche wird saniert.

Kornwestheim - Horst Rüb steht im Chorraum der Martinskirche und lauscht. „Hören Sie“, sagt er, und deutet in Richtung der Orgel, die gerade beeindruckende Töne von sich gibt. Dann geht er einige Schritte in Richtung Mittelschiff, die Stufen des Chors hinunter, tritt in den Gang zwischen den Kirchenbänken. „Hier ist der Ton ganz anders.“ Tatsächlich: Die tiefen Basstöne der Orgel, im Chorraum noch imposant, klingen hier ein ganzes Stück weniger voluminös.

Das soll sich laut Rüb, Pfarrer der evangelischen Martinskirche, bald ändern. Ab Mai soll der Innenraum der denkmalgeschützten Kirche saniert werden, im Zuge dieser Arbeiten wird auch die Orgel von ihrem Platz am Ende des Chors zurück auf die Empore verlegt. „Dann kommt die Musik auch wieder richtig bei der Gemeinde an“, sagt Rüb.

In den 1970er-Jahren wurde die Kirche zuletzt saniert. Damals habe man die Empore verkleinert und die Orgel in den Chor verlegt, um nicht zu viele Sitzplätze zu verlieren, berichtet der Pfarrer. „Der Chorraum hat damit viel von seinem liturgischen Charakter verloren.“ Sorgen, dass die Sitzplätze nach der Sanierung nicht ausreichen, hat Rüb nicht. „Bei Gottesdiensten, die sehr voll werden, kann dann der Chorraum bestuhlt werden.“ Das Gutachten des Orgelsachverständigen, der geprüft hat, ob der neue Standort der Orgel klimatisch funktioniert, und das Gutachten eines Statikers liegen vor. Danach gibt es grünes Licht für den Umzug der Orgel, die Empore kann die Last tragen.

Bei der anstehenden Sanierung werde auch der restliche Innenraum der Kirche wieder auf Vordermann gebracht, „hauptsächlich Schönheitsreparaturen“, sagt Rüb. Dann sollen Stromleitungen erneuert, der Putz ausgebessert, die Wände gestrichen und der Parkettboden unter den Kirchenbänken geschliffen werden.

Besonders der erste und der letzte Punkt der Maßnahmenliste würden die Sanierungen aufwendig machen, so Rüb. Für die neuen Stromleitungen müssen Wände aufgerissen, für die Bodenarbeiten die Bänke komplett abmontiert werden. Die Martinskirche wird deshalb nach der Konfirmationsfeier im Frühjahr geschlossen und bleibt auch „mindestens bis Weihnachten“ zu. Die Gottesdienste werden in dieser Zeit in das Philipp-Matthäus-Hahn-Gemeindehaus verlegt.

Bei der Sanierung werden zudem die Lampen ausgetauscht, die den Innenraum der Kirche derzeit nur in schummriges Licht tauchen. „Da sieht die Gemeinde kaum, was im Gesangbuch steht“, findet Rüb. Das Denkmalamt, das bei der Sanierung einer denkmalgeschützten Kirche wie der Martinskirche eingeschaltet wird, pochte ursprünglich offenbar auf eine Reparatur der alten Lampen. „Wir haben uns dann aber doch geeinigt“, so Rüb – die alte Beleuchtung muss raus.

Trotz der aufwendigen Arbeiten an Wänden, Böden und Lampen fällt die Sanierung, die auf die Martinskirche zukommt, kleiner aus als gedacht. Zwar zog sich jahrelang ein tiefer Riss durch den ganzen Chorraum – von den Stufen vorne durch den Chor hindurch und bis unter die Decke klaffte die Lücke, die stellenweise mehrere Zentimeter breit war. Man befürchtete deshalb, die Statik der Kirche sei beeinträchtigt. „Wir dachten schon, wir müssen den ganzen Chorraum mit einem Bagger aufreißen“, erinnert sich Pfarrer Horst Rüb. Doch die Sorge erwies sich als unbegründet. Ursache für den Riss sind Heizungsrohre, die unter dem Chor verlaufen. Durch die heiße Heizungsluft, die durch diese Rohre strömt, verzog sich das Material darüber, der Boden wurde mit der Zeit rissig.

„Die Reparatur ist zum Glück kleiner als erwartet ausgefallen“, sagt Rüb. Im vergangenen Jahr hat ein Steinmetz den Riss verschlossen, im Zuge der Sanierung soll die Stelle noch einmal abgeschliffen werden. Am Auslöser der Reparatur werden Rüb und seine Kollegen erst einmal nichts verändern – das Heizsystem über die Rohre funktioniere nach wie vor gut, erklärt der Pfarrer. Er wartet jetzt noch auf die Genehmigung der Maßnahmen durch das Denkmalamt. Ansonsten habe er von allen zuständigen Stellen, auch vom Oberkirchenrat, grünes Licht bekommen. „Wir stehen schon in den Startlöchern.“ Sobald die letzte Genehmigung vorliegt, können die einzelnen Sanierungsmaßnahmen ausgeschrieben werden.

„Eine Kirche zu renovieren, ist natürlich etwas anderes als die Sanierung eines Wohnhauses“, betont Rüb. Die Kirchengemeinde berate sich mit anderen Gemeinden, welche Handwerksbetriebe geeignet seien. Außerdem sei der Architekt, der für die Instandsetzung des Kornwestheimer Gotteshauses zuständig ist, ein erfahrener Kirchensanierer.

Mit der Ausschreibung werden bald Angebote einzelner Handwerksbetriebe eingeholt. Rüb ist zuversichtlich, dass die Arbeiten dann wie geplant im Mai starten können. Finanziert wird die Sanierung der Martinskirche, die fast eine Million Euro kosten wird, aus zwei Töpfen: Die eine Hälfte bekommt die Gemeinde aus Kirchensteuermitteln, die andere soll aus Rücklagen, Opfern und Spenden bezahlt werden. „Wir hoffen auf die Unterstützung unserer Gemeindemitglieder“, sagt Rüb. Der Pfarrer ist sich sicher: „Die Martinskirche wird nach der Sanierung ein wahres Schmuckstück sein.“