Die Stadt will auch von den Kurzarbeiterregelungen profitieren. Foto: dpa/Jens Büttner

350 Beschäftigte müssen ihre Arbeitszeit reduzieren. Die Gewerkschaften sehen das teils kritisch.

Kornwestheim - Für die Städte und Gemeinden ist es eine Premiere: Sie dürfen für ihre Beschäftigten Kurzarbeit einführen. Der Tarifvertrag Covid, Mitte April von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände unterzeichnet, macht’s möglich. Die Stadt Kornwestheim ist dabei. Sie hat für rund 350 Beschäftigte – insbesondere aus den Kindergärten, aus der Jugendarbeit, aus den Schulen und der Sozialarbeit – zum 18. Mai bei der Bundesagentur für Arbeit Kurzarbeitergeld beantragt und erhofft sich im Haushalt Einsparungen zwischen 100 000 und 200 000 Euro monatlich.

Durchschnittlich reduzieren die Betroffenen ihre Arbeitszeit um die Hälfte. Sie bekommen gleichwohl einen Großteil ihres Gehalts. Beschäftigte beispielsweise, die nur noch halb arbeiten, erhalten die Hälfte des regulären Lohnes von der Stadt plus 60 Prozent (Beschäftigte mit Kindern 67 Prozent) Kurzarbeitgeld von der Arbeitsagentur. Und das stockt die Stadt tarifvertragsgemäß auf bis zu 95 Prozent auf. In den vergangenen Wochen hatte die Verwaltung die Beschäftigten, die nicht ihrer gewohnten Arbeit nachgehen konnten, weil Kindergärten beispielsweise geschlossen waren oder es keine Veranstaltungen im K gab, vom Dienst in den Einrichtungen freigestellt. Man habe aber keine Überstunden abbauen müssen, die Mitarbeiter seien in der Regel nicht für berufsfremde Arbeiten herangezogen, es sei kein Zwangsurlaub angeordnet worden, betont Oberbürgermeisterin Ursula Keck. Mit der Kurzarbeit erhofft sie sich nun eine größere Gleichheit zwischen den zuletzt vom Dienst freigestellten Beschäftigten und denen, die beispielsweise in der Notbetreuung aktiv waren.

Kurzarbeit führt die Stadtverwaltung für die Beschäftigten aus den Kindergärten, den Schulsekretariaten, der Schulsozialarbeit, den Schulmensen, der Kindersportschule, dem Bewohner- und Familienzentrum, dem Jugendzentrum und der technischen Abteilung des K ein. Eine Reihe von Kommunen hat das in den vergangenen Tagen auch gemacht, in Kindergärten und Kindertagesstätten ist es aber eher noch die Ausnahme. Die Gewerkschaften Verdi sowie Erziehung und Wissenschaften (GEW) kritisieren ein solches Vorgehen. Es sei in den Einrichtungen mehr als genug Arbeit vorhanden und die Fördergelder des Landes würden auch weiterlaufen, heißt es von Seiten der Arbeitnehmervertreter. „Wir haben keine Situation, in der man den Betrieb weiter runterfahren kann“, so Matthias Schneider, GEW-Landesgeschäftsführer. Das Kurzarbeitgeld sei dazu da, Arbeitnehmer vor der Kündigung zu schützen, wenn einem Betrieb die Insolvenz drohe, erläutert Gewerkschaftssekretärin Ariane Raad von Verdi. Weder drohe den Kommunen die Pleite, noch sei von Kündigungen auszugehen. Sie bezeichnet Kurzarbeit in Kitas als eine Art Betrug. Raad geht nicht davon aus, dass die Bundesagentur für Arbeit die Anträge der Städte und Gemeinden genehmigt.

Auch die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann hatte die Kommunen jüngst gebeten, von Kurzarbeit in den Kindertagesstätten abzusehen. Das würde das Ziel der erweiterten Notbetreuung in den Einrichtungen konterkarieren, hatte sie in einem Gespräch mit der Südwestpresse gesagt.

Keck verteidigt das Prozedere, das mit dem Gemeinderat und dem Personalrat so abgestimmt sei. Die Stadt werde auf jeden Fall die Betreuung anbieten, wie sie gesetzlich vorgeschrieben sei – und das immer unter der Maxime, dass die Gesundheit der Kinder über allem stehe. Sollte sich herausstellen, dass mit der Kurzarbeit die Betreuung nicht gewährleistet werden könne, würden die Erzieherinnen und Erzieher auch wieder mehr arbeiten, versichert Keck. Die Kurzarbeit könne kurzfristig beendet werden.

Derzeit besuchen knapp 100 Jungen und Mädchen die Einrichtungen, mit der Erweiterung der Notfallbetreuung, wie sie vom Kultusministerium in Aussicht gestellt worden ist, werden es 500 Kinder sein. Die über 60-jährigen Mitarbeiter, die zur Risikogruppe gehören, können auswählen, ob sie zu 100 Prozent in Kurzarbeit gehen oder wieder in die Kinderbetreuung einsteigen. Das Problem, sagt die Oberbürgermeisterin, sei weniger das Personal. Es mangele auch an Räumlichkeiten, wenn die Gruppen weiterhin nur zwei bis vier Kinder umfassen sollten.

Jürgen Deiß, Leiter des Fachbereichs Organisation und Personal, und sein Stellvertreter Daniel Schatkowski hatten in den vergangenen Wochen das Thema Kurzarbeit für die Stadt aufgearbeitet und die Beschäftigten informiert. Vonseiten der Mitarbeiter habe es viele Fragen gegeben, berichtet Schatkowski. Es habe sowohl positive wie auch negative Rückmeldungen gegeben.