Foto: Susanne Mathes

Ein gutes Jahr nach dem Abbau der geborstenen Granitstelen von Renate Hoffleit werden auf dem Bahnhofsplatz nun die Nachfolge-Stelen installiert.

Kornwestheim - Mit zusammengekniffenen Augen beobachtet Renate Hoffleit die Szenerie. Das liegt nicht nur am gleißenden Licht des strahlenden Frühlingstages. Das Nervenkostüm der Stuttgarter Künstlerin ist etwas strapaziert an diesem Montagvormittag. Ihre frisch fertig gestellten, tonnenschweren acht Granittürme sollen auf die Stufenanlage am Bahnhofsplatz aufgebaut werden – just dort, wo vergangenen Sommer die Wasserklangsäulen abgesägt worden waren.

Doch es läuft nicht so richtig rund. Erst mal war da das von Laternenmast zu Laternenmast gespannte Stromkabel, das dem Lastkran beim Befördern des ersten Granitkolosses im Weg hing. Das bescherte den Arbeitern vor Ort Baum- und Laternenklettereinheiten – bis irgendwann die Information eintrudelte, auf der Leitung sei gar kein Saft und man könne das Kabel ohne Probleme mal kurz aus dem Weg schaffen. Doch dieses Hindernis erweist sich im Nachhinein als das Kleinere. Denn als die erste Stele dann mit viel Umsicht und abgesichert durch Styropor- und Gummimattenunterlagen in die Nähe ihres Bestimmungsortes gehievt ist und schließlich in die dafür vorgesehenen Dollen eingelassen werden soll – da passt sie nicht.

Obwohl die vier Bohrlöcher im Boden des Steins nach Schablone angefertigt wurden, will der Deckel nicht auf den Topf. Deshalb muss vor Ort nachgebohrt werden. Was nicht gerade zu Renate Hoffleits Beruhigung beiträgt. Außerdem zieht sich der Aufbau des neuen Kunstwerks durch die Verzögerung beträchtlich. Weshalb sich Rudi Schumacher, städtischer Fachbereichsleiter für Tiefbau und Grünflächen, auf den noch andere Termine warten, dann auch irgendwann wieder aus dem Staub macht. „Ich komm’ später nochmal“, meint er zu der Künstlerin. Vor Ostern war Schumacher mit seinem Kollegen Wolfgang Plitzko zur Abnahme der Stelen im Steinmetzwerk gewesen. „Da standen die acht Säulen nebeneinander aufgereiht, blitzblank geschliffen, poliert und in der Farbabfolge, wie sie dann hier in Kornwestheim stehen werden. Das war ein toller Anblick“, sagt Renate Hoffleit. Ein Turm nach dem anderen wurde dann abgegangen, abgetastet, für jeden wurde ein eigenes Abnahmeprotokoll angefertigt.

Kein Wunder also, dass ihr der Puls etwas schneller geht, als am Aufstelltag mehrfach Bohrlöcher nachjustiert werden müssen oder der Kleber schneller abbindet als vorgesehen. Die Arbeiter auf der Baustelle geben ihr Bestes, um auszugleichen und anzupassen.

Viele Menschen bleiben stehen im Laufe des Tages, schauen dem Fortgang der Arbeiten zu und freuen sich, dass da auf den Betonstufen wieder etwas Schönes entsteht. Etwas, das vor der 21-Millionen-Euro-Gewerbesteuer-Rückzahlungs-Nachricht beschlossen und in Auftrag gegeben wurde. „Schön“ oder „Höchste Zeit“, das hört Hoffleit an diesem Tag mehrfach. Zur Feierabendzeit ragen immerhin schon zwei Stelen in die Höhe und leuchten in der späten Sonne. In jeden Turmkorpus aus schwarzem Gabbro sind Stücke der ehemaligen Klangstelen aus buntem Granit eingearbeitet, die im Winter 2011/2012 ein Frostschaden zerstört hatte. Auch ihren Platz finden sie an den gewohnten Stellen – in den Wasserbecken der früheren Stelen, allerdings ohne nasses Element. Zwischen 1,60 und 2,60 Meter hoch sind die Nachfolger. Sie nehmen das Gefälle des Bahnhofsplatzes auf und werden in der finalen Ansicht alle auf gleicher Höhe abschließen.

„Es ist eine vorbildliche Sache, wie die Stadt mit dem Schaden umgegangen ist“, findet Renate Hoffleit. Das hatte zeitweise ganz anders ausgesehen: Die Stadt hatte die Stelen zunächst nicht nur nicht ersetzen, sondern der Künstlerin auch noch die Kosten für den Abtransport aufbrummen wollen. Nun wurden die geborstenen Kunstwerke in neue transformiert, die dem Bahnhofsplatz wieder ein Gesicht verleihen. Rund 120 000 Euro kostet die neue Anlage. Abends soll eine filigrane Beleuchtung die edlen Steine zusätzlich adeln.