Kornwestheim wächst Richtung Norden: So möchte das Büro Becker + Haindl die Häuser nördlich der Zügelstraße platzieren. Foto: privat

Eine Jury hat in Sachen Baugebiet Nördlich Zügelstraße entschieden.

Kornwestheim - Ein fünfgeschossiges Wohnhaus in der Mitte, dreigeschossige Wohnhäuser, mal als Holzhaus in Modulbauweise, mal als Stadthaus, mal für Wohngemeinschaften geplant, Reihenhäuser, eine Kindertagesstätte und einen Platz zum Verweilen als Herzstück – all das sieht der Plan vor, den das Team von Arno Becker und Petra Haindl für das neue Baugebiet am nördlichen Stadtrand entworfen hat. Es hatte sich der Aufgabe gestellt, Wohnraum für rund 380 Menschen und eine Kita so auf einer Fläche von 2,3 Hektar zu verteilen, dass ein ansehnliches und verkehrsberuhigtes Quartier entsteht. Das Stuttgarter Büro hat nach Einschätzung einer Jury die Aufgabe am besten gelöst. Zwölf Teams aus Deutschland und Österreich hatten sich an dem Wettbewerb der Stadt Kornwestheim beteiligt.

Was zeichnet die Pläne aus?

Was zeichnet die Pläne des Büros Becker + Haindl aus? „Die Robustheit und Flexibilität“, antwortet Architekt Peter Schlaier, Vorsitzender des Preisgerichts. Will sagen: So wie es Arno Becker und Petra Haindl geplant haben, muss es zu 100 Prozent nicht umgesetzt werden. Sie lassen durch eine flexible Gestaltung Möglichkeiten, Häuser anders auszurichten und Flächen anders zu nutzen. Was dem Fachmann ebenfalls gefällt: Der Übergang zwischen bebauter Fläche und den Feldern im Norden wird fließend gestaltet, es steht nicht ein wuchtiger Häuserblock am Rand. Kornwestheims Erster Bürgermeister Daniel Güthler zeigte sich erfreut über ganz unterschiedliche Wohnungs- und Haustypen und eine klare Wegeführung in einem eher dicht besiedelten Quartier. In der offiziellen Begründung, warum das Büro Becker + Haindl den Wettbewerb für sich entschieden hat, heißt es: „Dem Entwurf gelingt es, die komplexe städtebauliche und freiraumplanerische Aufgabe mit der Ausbildung eines sensibel in die Umgebung integrierten Quartiers zu lösen, das sich gleichzeitig zum Landschaftsraum hin öffnet und zu nachbarschaftlichen Aktivitäten einlädt.“

„Kleine Nachbarschaften schaffen“ – das sei ihnen bei all den Entwürfen, die sie im Laufe der Jahre zu Papier und ins Modell gebracht hätten, stets wichtig gewesen, sagt Arno Becker. Es gehe in solch einem Quartier nicht nur ums Wohnen, sondern auch darum, Gemeinschaft zu leben. Ebenso hätte das Team darauf geachtet, einen möglichst einfachen Entwurf zu entwickeln, der der Kommune und den Bauherren Freiheiten lasse und trotzdem die Richtung vorgebe.

Erschlossen wird das Baugebiet über die Dürer- und die Zügelstraße. Die Autos sollen in fünf großen Tiefgaragen verschwinden, deren Ein- und Ausfahrten sich allesamt an der Zügelstraße befinden. Wie viele Stellplätze dort geschaffen werden, das muss später einmal der Gemeinderat entscheiden. Wenn’s nach der Stadtspitze geht: Ein Parkplatz pro Wohnung sollte reichen. Man hofft, über eine zusätzliche Haltestelle an der alten B 27 (Ludwigsburger Straße) und über ein dem Quartier zugeordnetes Carsharing-Fahrzeug Möglichkeiten zu schaffen, die manch einen zum Verzicht auf ein eigenes Fahrzeug bewegen.

Noch Zeit bis zum Baustart

Auch wenn sich die ersten Bauträger, Genossenschaften und Wohnungsinteressierten schon bei der Stadt gemeldet haben, wie Bürgermeister Daniel Güthler zu berichten wusste, so wird bis zum Baustart noch geraume Zeit vergehen. Zunächst einmal muss der Gemeinderat im Frühjahr dem Juryvotum noch zustimmen. Dann wird ein Entwurf für den Bebauungsplan erarbeitet, zu dem sich auch Bürgerinnen und Bürger, Verbände und Institutionen äußern dürfen. Und erst wenn die Stadträte die Bebauungsplansatzung verabschiedet hat, werden die Grundstücke vergeben – und zwar nicht an einen einzigen Bauträger, sondern an ganz verschiedene mit ganz unterschiedlichen Zielrichtungen. Nicht der werde zum Zuge kommen, der den höchsten Preis biete, sondern die mit den interessantesten Konzepten, so Güthler. Ein Haus steht übrigens schon: das Wohnhaus von der Gärtnerei Müller, das auch erhalten bleiben soll.

Über zehn Jahre, wusste Oberbürgermeisterin Ursula Keck am Montag bei der Vorstellung des Siegerentwurfs zu berichten, habe die Stadt einen solchen Wettbewerb nicht mehr ausgerichtet. Es habe sich gelohnt, weil ganz unterschiedliche Ideen zur Entwicklung des Quartiers entstanden seien. Auch der Jury-Vorsitzende Peter Schlaier lobte das Vorgehen der Stadt Kornwestheim. Wettbewerbe versprächen stets ein gutes Ergebnis. Vom guten Qualitätsniveau der zwölf Arbeiten zeigte er sich „positiv überrascht“.

Bis Donnerstag, 17. Februar, sind die Entwürfe zum Wohngebiet „Nördlich Zügelstraße“ im Rathausfoyer, Jakob-Sigle-Platz 1, ausgestellt.