Die Scheckübergabe vor dem „Hämmerle-Haus“: Von links der Künstler Michael Bischof, Testamentsvollstrecker Ulrich Weiß, Oberbürgermeisterin Ursula Keck, Erster Bürgermeister Dietmar Allgaier, Juristin Anett Nägler und Ulrich Pangerl (beide von den SOS-Kinderdörfern). Foto: Eva Tilgner

Die Stadt Kornwestheim verkauft das Haus aus dem Nachlass von Dr. Gerhard Hämmerle an den Künstler Michael Bischof.

Kornwestheim - Seine Inspiration, sein Geist, sein Spirit werden in diesem Nachlass weitergeführt.“ Oberbürgermeisterin Ursula Keck verfällt bei ihrer Erzählung von Dr. Gerhard Hämmerle ins Schwärmen. Er sei ein renommierter Mensch gewesen – kulturinteressiert, friedensstiftend, weltgewandt, honorabel für die Stadt Kornwestheim. „Allerdings durfte ich ihn nicht kennenlernen“, sagt sie bedauernd. Es war der letzte Wille des renommierten Kommunalpolitikers und Arztes, der im April 2001 im Alter von 94 Jahren verstarb, dass die Stadt das Gebäude in der Friedrichstraße 43 erben sollte – unter der Bedingung, dass das Haus für Vorträge, Kurse oder Ausstellungen genutzt wird.Sollte die Stadt sich dazu nicht in der Lage sehen, wären laut seinem Testament die SOS-Kinderdörfer die nächsten Begünstigten gewesen. Mit dem Verkauf des Grundstücks durch die Stadt Kornwestheim an den Künstler Michael Bischof sind nun beide Wünsche des Erblassers auf einen Schlag in Erfüllung gegangen: Der Grafiker und Illustrator Michael Bischof will eine Malschule und sein Atelier in dem gekauften Eckhaus einrichten. Der von ihm gezahlte Kaufpreis über 220 000 Euro geht nicht in die Kasse der Stadt, sondern direkt als Spende an SOS-Kinderdörfer. Seit 70 Jahren engagieren sich die SOS-Kinderdörfer weltweit für Kinder in Not. „Mit dieser Zuwendung können wir drei besondere Projekte unterstützen“, freut sich Ulrich Pangerl, der Ansprechpartner bei den Kinderdörfern für private Förderer. Diese sind: Eine inklusive Einrichtung für 160 Kinder in Paraguay, ein SOS-Kinderdorf in Bolivien, bei dem die Familienstärkung im Vordergrund steht, und die Ausbildung von 300 Jugendlichen in Ruanda.

Dass Kindern in Not mit dem Erbe geholfen wird, damit kommen für den Testamentsvollstrecker Ulrich Weiß zwanzig Jahre Nachlassverwaltung zu einem zufriedenstellenden Ende. Als Nachbar kannte er das Arztehepaar sehr gut. „Vor allem Frau Dr. Hämmerle war es wichtig, dass bedürftige Kinder von dem Nachlass profitieren“, berichtet Weiß. Sehr gut kann er sich noch an die Feste erinnern, die Hämmerle an seinen Geburtstagen in dem Haus veranstaltete: „In jedem Zimmer waren Monitore, damit die Gäste seine Rede nicht verpassten.“ Zum Ausklang traf man sich dann in dem charakteristischen Märchenkeller zum geselligen Beisammensein wieder. Dieser Nutzung steht auch in Zukunft nichts mehr im Wege. Der Käufer Michael Bischof hat die Botschaft des Kunstmäzen verstanden: Dass sich in diesem Haus Menschen begegnen sollen. „Außer der Malschule planen meine Frau und ich Chansonabende, zu denen auch gekocht wird.“ Mit dem Kauf ist für Michael Bischof ein Traum in Erfüllung gegangen. „Schon als kleiner Junge saß ich in der Praxis von Dr. Hämmerle“, erzählt er. Mit 18 Jahren malte er als Schüler bei Relindis Agethen, einer Künstlerin und Freundin von Hämmerle.

Gemeinsam mit ihr gestaltete Bischof auch den Gewölbekeller in der Friedrichstraße mit bunten Märchenmotiven wie Vögeln und Marienkäfern. Viele Jahre später – 1999 – zog er dann als Künstler mit einem Büro zwei Etagen höher ein und nutzte so zwei Jahre lang das Gebäude gemeinsam mit der Akademie Agethen. Seit dem Auszug der Malschule von Relindis Agethen Ende 2016 steht das Haus leer. Für Bischof heißt das, „es gibt viel zu tun“, denn er will im Mai 2018 seine Malschule eröffnen und zu Veranstaltungen einladen. Oberbürgermeisterin Ursula Keck hätte da schon eine Idee: „Wie wäre es, wenn alle Geschichten, die es von Herrn Dr. Hämmerle gibt, hier erzählt werden?“