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Die S4 ist mehrere Tage lang beeinträchtigt. Die Reparaturarbeiten dauern laut Bahn mindestens bis Mittwoch.Die Reparaturen dauern laut Bahn mindestens bis Mittwoch.

Kirchberg/Burgstetten - Die Auswirkungen des Zugunglücks, das sich in der Nacht auf Freitag zwischen Backnang und Kirchberg ereignet hat, bekommt der Kirchberger Bürgermeister Frank Hornek am Morgen danach deutlich vor Augen geführt. „Die Ersatzbusse verkehren durch unseren Ort“, beschreibt er die Lage.

An die Busse vor den Fenstern seines Dienstzimmers wird er sich fürs Erste wohl gewöhnen müssen. „Die Reparaturarbeiten an der Strecke dauern nach derzeitigem Stand bis mindestens Mittwoch, 13. August“, heißt es in einer Pressemitteilung der Bahn. Laut dieser ist am Freitag um0.15 Uhr der letzte Waggon eines Güterzuges mit einer Achse entgleist. Neben dem Gleis wurden auch die Oberleitung und eine Weiche beschädigt. „Es gab keine Verletzten“, so die Bahn. Ebenso habe der Zug, der von Nürnberg nach Kornwestheim unterwegs gewesen ist, kein Gefahrgut geladen gehabt. Der entgleiste Waggon war nach Angaben der Bundespolizei, die als unabhängige Behörde die Ermittlungen aufgenommen hat, leer. Die restlichen acht Wagen hatten Kohle und Stahl geladen.

Die Schäden, die der havarierte Zug angerichtet hat, sind dennoch enorm. Jonas Große von der mit den Ermittlungen betrauten Bundespolizeiinspektion Stuttgart geht von einer Summe „im höheren sechsstelligen Bereich“ aus. Allerdings, so merkt der Polizeisprecher an, „könnte es sein, dass wir die Summe noch nach oben korrigieren müssen“. Der leere Waggon sei wohl unmittelbar nach dem Durchfahren des Bahnhofs in Burgstall entgleist und danach in Fahrtrichtung Ludwigsburg-Stuttgart auf einer Länge von ungefähr zwei Kilometern hinterhergeschleift worden. Das habe zu Schäden am Gleisbett und am Gleiskörper geführt.

„Der Lokführer merkt nicht unbedingt, wenn ein Wagen neben der Schiene läuft“, erklärt ein Sprecher der Bahn. Dazu entwickele die Lok zu viel Zugkraft. Außerdem sei die Geräuschkulisse im Führerstand so laut, dass ein entgleister Waggon auch akustisch nur schwer wahrnehmbar sei. Weil im aktuellen Fall jedoch zwei Oberleitungsmasten und ein Teil der Oberleitung abgerissen wurden, „war irgendwann der Strom weg und der Zug blieb stehen“, so der Unternehmenssprecher.

Zwar sei nicht davon auszugehen, dass alle Schwellen auf dem Streckenabschnitt ausgetauscht werden müssten, allerdings befänden sich einige der zerstörten Gleisteile auf einer kleinen Brücke, die über einen Bach führt. „Das sind Spezialanfertigungen, die bestellt werden müssen“, erklärt der Bahnsprecher die länger andauernden Reparaturarbeiten. Auch seien Teile der Weiche auf die örtlichen Besonderheiten hin gebaut worden und damit „keine Stangenware“.

Für die Dauer der Streckensperrung bestehe das Problem überdies nicht nur darin, einen Ersatzverkehr für die S-Bahn zu organisieren. „Wir mussten das gesamte Betriebsprogramm anpassen, von dem auch Güterzüge betroffen sind.“ Dass der fragliche Streckenabschnitt zudem nur eingleisig ausgebaut ist, erschwert die Maßnahmen zusätzlich. „Die Baustelle ist damit nur schwer zugänglich.“

Was das bedeutet, haben auch Fahrgäste zu spüren bekommen, die in der um 0.03 Uhr in der Schwabstraße gestarteten S4 reisen wollten. Der Triebwagen war der erste, der auf den Unglückszug aufgelaufen ist. „Statt bis nach Backnang zu fahren, ist diese S-Bahn nur bis Marbach gekommen“, so der Bahnsprecher. Während ein Teil der Reisenden wohl in ein Taxi umsteigen durfte, ist die S-Bahn zurück nach Stuttgart und von dort nach Backnang gefahren.

Umständlich wird es für Bahnkunden also noch mindestens bis Mitte nächster Woche. Der erst im Februar vergangenen Jahres eingerichtete Ringschluss von Stuttgart über Marbach nach Backnang ist vorerst eingestellt, die S-Bahn-Linie 4 ist bis auf Weiteres nur zwischen der Schwabstraße, Ludwigsburg, Marbach und Kirchberg unterwegs. Zwischen Kirchberg und Backnang pendeln Ersatzbusse. Diese sind auch wegen der derzeitigen Sperrung der Kreisstraße 1897 länger unterwegs, als es der Schienenverkehr wäre. „Mit Verspätungen bei den S-Bahnen der Linie 4 muss gerechnet werden“, lautete gestern die Auskunft der Bahn.

Aus welchem Grund der Waggon in der Nacht zum Freitag entgleist ist, dazu wollte sich Jonas Große von der Bundespolizeiinspektion gestern Nachmittag nicht äußern. Die Ermittlungsergebnisse der Kollegen vor Ort müssten zunächst zusammengetragen und ausgewertet werden, sagte der Polizeisprecher: „Mehr lässt sich momentan nicht dazu sagen. Alles andere wäre Spekulation.“