Zigaretten glühen hier und da immer noch, aber nicht mehr so oft wie früher. Foto: dpa/Jens Kalaene

Steinheimer Sozialarbeiter haben beobachtet, dass Schüler seltener zum Glimmstängel greifen. Ein Trend, der nicht nur auf die Urmenschstadt beschränkt ist.

Steinheim - Zwei Klassen der Steinheimer Erich Kästner Realschule haben dem Rauchen explizit den Kampf angesagt. Sie nehmen an einem bundesweiten Wettbewerb teil, für den sie eine Art Selbstverpflichtung eingegangen sind. Demnach verzichten mindestens 90 Prozent der Mädchen und Jungs ein halbes Jahr lang darauf, zum Glimmstängel zu greifen, erklärte Sozialarbeiterin Uta Kiesl nun im Kultur-, Sport- und Sozialausschuss, wo sie mit ihren Mitstreiterinnen einen Sachstandsbericht abgab. Kiesl machte aber zugleich deutlich, dass man damit keinesfalls auf ein veritables Raucherproblem reagiert, sondern klassische Präventionsarbeit leiste. Denn der Trend, erklärte ihre Kollegin Eldrid Ehlers, zeige längst in eine andere Richtung: „Die Zahl der jugendlichen Raucher ist rückläufig, seit Jahren schon“, sagte Ehlers.

Das Einstiegsalter ist höher

Natürlich gebe es weiter Teenager, die sich eine Zigarette anzünden. „Aber die Zeiten, dass man mit 13,14, 15 Jahren einsteigt und dann lange dabei bleibt, die sind anscheinend vorbei“, erklärte die Fachfrau. Es verdrückten sich in den Pausen auch keine 20 Kids mehr vom Schulgelände, um bis zum Gong durchzuqualmen. Dabei handelt es sich um Beobachtungen, die die Sozialarbeiter in Steinheim nicht exklusiv haben. „Ich kann das zum Teil auch bestätigen“, berichtet Maike Wüstner, die in Großbottwar in der Kinder- und Jugendsozialarbeit tätig ist. „Definitiv ist das Einstiegsalter höher“, erklärt sie. Die Gründe dafür seien vielfältig. „Prävention ist natürlich ein großer Teil“, konstatiert Wüstner. Medien und Werbung spielten aber ebenfalls eine Rolle. Die Sozialarbeiterin hebt hervor, dass bei beliebten Plattformen wie Instagram oder TikTok fast gar nicht fürs Rauchen getrommelt werde. Auch Influencer seien sehr selten mit Zigarette in den Kanälen unterwegs, die beim Nachwuchs hoch im Kurs stehen. „Daher gibt es weniger Vorbilder“, konstatiert Maike Wüstner.

Gesetz hat wohl auch seinen Teil dazu beigetragen

Blauer Dunst steige vermutlich auch deshalb seltener auf, weil das Jugendschutzgesetz 2007 verschärft wurde und seither das Rauchen in der Öffentlichkeit für Teenager tabu ist, erklärt Andreas Fritz, Pressesprecher des Landratsamts Ludwigsburg. Der Verkauf von Tabakwaren an Minderjährige sei ebenfalls nicht mehr gestattet. Dazu komme ein Werbeverbot für einschlägige Produkte. „Dies alles hat zu einem gesellschaftlichen Wandel beigetragen, der auch das Konsumverhalten von jungen Menschen beeinflusst. Wenn die Eltern nicht rauchen, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder nicht mit dem Rauchen beginnen“, erläutert Fritz.

Stress per Handy bewältigen

Eventuell seien die Glimmstängel in der Gunst der Teenager zudem deshalb abgesackt, weil sich der Umgang mit Smartphones verändert habe und damit neue Strategien zur Stressbewältigung entstanden seien. „Wenn bei Jugendlichen früher die Zigarette Coolness und Erwachsensein symbolisierte, ist an diese Stelle nun das Smartphone gerückt“, erläutert der Sprecher des Kreishauses. Fakt ist jedenfalls, dass die Fachleute im Landratsamt bestätigen können, was den Sozialarbeitern in Steinheim und Großbottwar aufgefallen ist: dass es beim Rauchen eine rückläufige Tendenz gibt. Das gelte sowohl für Heranwachsende, die noch nicht volljährig sind, als auch für junge Erwachsene von 18 bis 25 Jahren.

Junge Männer qualmen häufiger als junge Frauen

Fritz verweist auf die aktuellste Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2019 zu diesem Thema. Demnach hätten nur 7,2 Prozent der befragten Jugendlichen angegeben zu qualmen, was einem historischen Tiefstand entspreche. Die überwiegende Mehrheit von 83 Prozent habe noch nie eine Zigarette angezündet. Kleiner war die Gruppe der Nie-Raucher bei den jungen Erwachsenen mit 40,5 Prozent. Regelmäßig Tabak konsumierten 28,8  Prozent der 18- bis 25-Jährigen zum Zeitpunkt der Drogenaffinitätsstudie. Zu den Erkenntnissen der Bestandsaufnahme gehörte ferner, dass in höheren Bildungsschichten weniger gequarzt wird als in niedrigeren und junge Männer öfter eine Zigarette dampfen als Frauen ihrer Altersschicht.

Wie es mit dem Trinken und dem Kiffen ausschaut

Trinken
 Die aktuellste Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigt, dass junge Menschen tendenziell nicht mehr so viel Alkohol in sich hineinschütten wie einstmals. „Sowohl der einmalige als auch der regelmäßige Konsum und auch das Rauschtrinken waren im Jahr 2019 geringer verbreitet als in den früheren Jahren“, fasst Andreas Fritz, Pressesprecher des Landratsamts Ludwigsburg, zusammen. Trotzdem habe immerhin noch jeder siebte Jugendliche von mindestens einem Alkoholrausch in den vergangenen 30 Tagen berichtet.

Kiffen
 Eine Zunahme gibt es bei den Kiffern. „Der Cannabiskonsum steigt dabei generell sowohl bei den Jugendlichen als auch bei den jungen Erwachsenen an“, erklärt Fritz. Dies sei auch deshalb problematisch, weil neue Züchtungen mit höherem Wirkstoffgehalt kursierten, die ein stärkeres Abhängigkeitspotenzial hätten und schneller zu Psychosen führten.