Siegbert Ammann freut sich auf seine neue Aufgabe in Affalterbach. Foto: Oliver von Schaewen

Siegbert Ammann brauchte Tapetenwechsel. Deshalb ist der evangelische Pfarrer nach zehn Jahren in Esslingen jetzt nach Affalterbach gezogen. Für Seelsorger ungewöhnlich: Ammann ist ein Tüftler.

Affalterbach - Stattliche 350 Umzugskisten hat die Familie des neuen evangelischen Pfarrers Siegbert Ammann aus Esslingen mit nach Affalterbach genommen. Einige stehen noch auf der Terrasse – und eine Feuertonne zum Grillen. „Damit möchte ich Männerabende feiern“, sagt der 52-Jährige schmunzelnd.

Beim Umzug aus dem Haus in Hegensberg-Liebersbronn hat sich Siegbert Ammann von vielen Büchern getrennt. „Sie stammen zu Teil noch von meinem Vater, der ebenfalls Pfarrer war“, erklärt der Theologe, der nach zehn Jahren in der Kirchengemeinde wie viele andere Seelsorger mit einer langen Dienstzeit einen Tapetenwechsel brauchte.

Den Zeitpunkt für einen Stellenwechsel hält Siegbert Ammann für gut gewählt. Sein älterer Sohn Julian hat mit 18 Jahren das Abi in der Tasche und geht für ein Jahr nach Kanada, sein 16-jähriger Bruder Jakob wechselt zum 10. Schuljahr noch vor der Oberstufe ans Gymnasium nach Marbach. Ammans Frau Christiane kann als Lehrerin an der Apfelbachschule arbeiten, wo er auch unterrichten werde. Wichtig aber ist dem Pfarrer, dass es zwischen der Kirchengemeinde und ihm stimmt – und da hatte der Seelsorger gleich ein gutes Gefühl, habe er doch schon immer die kirchliche Jugendarbeit geschätzt, was auch in Affalterbach mit seinem regen CVJM eine Rolle spielt. Entscheidender seien aber die herzlichen Begegnungen beim Kennenlernen gewesen. Und so sei er auch beim Einzug ins Pfarrhaus mit einem Konzert des Posaunenchors, Brot und Salz sowie jeder Menge guter Wünsche empfangen worden.

Den Affalterbachern macht Ammann ein Kompliment: „Wer in dem Jahr der Vakanz solch ein Projekt wie die Sanierung der Kirche anpackt, zeigt, dass er nicht unbedingt pfarrerzentriert sein muss.“ Ammann selbst will partnerschaftlich mit den Gemeindegliedern Kirche gestalten und menschlich sein. Während der Corona-Pandemie habe er an seinem vorigen Wirkungsort gemerkt, dass es den Menschen guttut, wenn man mit ihnen redet und ihnen zuhört. „Der Gesprächsbedarf war groß.“ Ammann griff zum Telefon und rief viele ältere Gemeindeglieder einfach an, erkundigte sich, fragte, ob man etwas für sie einkaufen solle. So ergaben sich viele Momente der Anteilnahme.

Zur Theologie kam Siegbert Ammann über seinen Vater, den Pfarrer. Doch das war nicht selbstverständlich, denn er starb am Tag, bevor sein Sohn die Abitursrede halten sollte. Was folgte, war eine Zeit der Sinnsuche mit einer Reise in die Einsamkeit Skandinaviens. Dann entschloss sich der junge Mann, nach Tübingen und Halle zu gehen, um am Ende in Württemberg das Examen zu machen. Es folgten weitere Stationen im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb, bis er über Esslingen nach Affalterbach kam.

Wie er es als Pfarrer schafft, trotz der vielen Termine und Verpflichtungen eine Spiritualität im liebenden Du Gottes zu leben? Ammann schätzt ruhige Morgen. Er schöpfe Kraft, wenn er sich dann eine Tasse Kaffee aufbrühe und daran denke, was ihn vielleicht stark fordern wird, dabei ins Beten kommt. Warum er Christ ist? „Weil ich um die Vergebung weiß“, antwortet er und denkt, es helfe anzunehmen, dass Gott auch auf krummen Linien schreibe, auch unsere Fehler akzeptiere und nicht alles gelingen müsse. Ammanns Vorbild ist zuallererst der biblische Jesus, der anderen aus dem Staub geholfen und sie aufgerichtet habe, damit sie wieder fröhlich werden können.

Ganz irdisch sind Siegbert Ammans Vorlieben für Reisen. Er hängt gerne den Wohnwagen an, der noch vor dem Pfarrhaus steht, und schaut sich mit wenig Aufwand die Welt an. Freude bereitet ihm aber auch, Dinge zu reparieren. Computerbildschirme etwa, die nur einen neuen Kondensator brauchen, um wieder zu laufen. Fast hätte er die Computertechnik zu seinem Beruf gemacht. Aber Ammann ist heute noch einem IT-Lehrer dankbar, der ihn beiseite nahm und ihm riet: „Du solltest etwas mit Menschen machen.“