Die Nachrichtenlage ist hoffnungslos. Foto: Archiv

Der
Vorstandsvorsitzende Bastian Remkes redet auf der Generalversammlung Klartext. 2014 müssen die Bottwartaler Winzer einen Verlust von 1,9 Millionen Euro verkraften.

Großbottwar - Es gibt erfreulichere Anlässe, um vor die Mitstreiter zu stehen und eine Rede zu halten. Doch Bastian Remkes hatte bei der Generalversammlung der Bottwartaler Winzer am Dienstagabend keine andere Wahl. Die Nachrichtenlage ist nicht hoffnungslos, aber alles andere als gut. Und der geschäftsführende Vorstandsvorsitzende machte auch erst gar nicht den Versuch, die kritische Situation, in der sich die Großbottwarer Genossenschaft befindet, zu beschönigen. Er legte die Zahlen auf den Tisch. 1,9 Millionen Miese machte die Genossenschaft im vergangenen Jahr. „Fast zwei Millionen Euro Verlust müssen wir als Quittung für das gescheiterte Konzept des Betriebsumbaus hinnehmen“, so Remkes. Durch die umfangreichen bilanziellen Rücklagen sei das Verbuchen des Verlustes möglich. Das wiederum sei den vorgenommenen drastischen Einsparungen in den Vorjahren zu danken.

Die beinahe zwei Millionen Euro Verlust, führte Remkes aus, ließen auf eine ebenso dezimierte Kassenlage deuten. Der Umsatzverlust habe seine Ursache vor allem in den Absatzeinbrüchen im Lebensmitteleinzelhandel und in den Kostensteigerungen. 6,4 Millionen Euro Umsatz hat die Genossenschaft im Vorjahr gemacht. Dieses Jahr sollten die sieben Millionen Euro erreicht werden, gibt er die Ziellinie vor. „Das Schiff Bottwartaler Winzer ist leck geschlagen.“

Im Januar 2014 habe die Umsetzung der auch von den Mitgliedern mit großer Mehrheit beschlossenen Umstrukturierung des gesamten Betriebes begonnen. Er habe den Betrieb ohne Vertriebsleitung „und mit einer sich gerade verflüchtigenden Buchhaltung und damit auch der Eliminierung einer Verwaltungsleitung“ vorgefunden, ließ Remkes seinen Arbeitsbeginn bei den Bottwartaler Winzern Revue passieren. Man habe mit der Umstellung des Lebensmitteleinzelhandelsvertriebes auf die WeinAllianz gekämpft. Die Genossenschaft habe vor vertrieblichen und organisatorischen Herausforderungen und Erwartungen gestanden.

Doch schon im Sommer sei das Scheitern des Betriebsumbaus zu erkennen gewesen. „Wir warfen den Notanker, um nicht völlig abzudriften und schlossen uns wieder der Weingärtnerzentralgenossenschaft an“, so Remkes. Es folgte Ende November 2014 die Rückverschmelzung der Neuen Bottwartaler Winzer eG auf die Bottwartaler Winzer eG. Rettungsmaßnahmen, die laut Remkes greifen. „Die Umsätze steigen in diesem Jahr wieder, wenn auch nicht auf das erforderliche Niveau.“

Die Absatzmärkte seien umkämpfter denn je. Eine Wiederplatzierung der Produkte der Bottwartaler Winzer im Lebensmitteleinzelhandel sei eine ebenso große Aufgabe, wie dem Verdrängungswettbewerb im Getränkefachhandel standzuhalten, betonte Remkes. Denn die in Deutschland vermarktbare Weinmenge stagniere beziehungsweise sei leicht rückläufig. Der Anteil an ausländischen Weinen nehme weiter zu und lasse die Absatzmenge für deutschen Wein weiter schrumpfen.

„Die Weingärtnerzentralgenossenschaft hat uns seit Beginn des Jahres wieder gut in den Lebensmitteleinzelhandel eingebracht“, erklärte der geschäftsführende Vorstandsvorsitzende. Dass bereits 2015 das Niveau von 2013, also vor den Umstrukturierungsmaßnahmen, erreicht werde, sei nicht zu erwarten gewesen. Ein Zuwachs von Januar bis Mai 2015 von fast 34 Prozent über Vorjahr bestätige jedoch, dass der Schritt des Wiederanschlusses zur WZG richtig und unausweichlich gewesen sei. Dennoch liege man noch 20 bis 25 Prozent hinter dem Jahr 2013.

Sorge bereitet Remkes die Entwicklung im Getränkefachhandel. Dieser konsolidiere sich weiter und filialisiere mit immer höheren Forderungen und Preisnachlässen an die Erzeuger. Positiv gestalte sich hingegen die Entwicklung der Endverbraucher- und Gastronomieumsätze. „Daran werden wir weiter arbeiten.“

Was das Sortiment angeht, so sei man gut aufgestellt. Man brauche aber Geduld, es am Markt „wertgerecht zu platzieren“. Um die notwendige Umsatzsteigerung einzuleiten, müsse man im Vertrieb in die Zukunft investieren und die Kostenstrukturen weiter unter Kontrolle halten. Remkes kündigte unkonventionelle Wege an, Kosten zu minimieren beziehungsweise kalkulierbar zu machen. So soll eventuell die Abfüllung Ende des Jahres ausgelagert werden. Remkes nennt zwei Optionen: Die Felsengartenkellerei und die WZG. Da man die WZG schon als Partner habe, stehe die aber auf der Wunschliste weiter oben. Ist die Option Felsengartenkellerei ein erstes Anzeichen für eine spätere Fusion? Nein, betont Remkes. Zwar könne er für die Zukunft nichts ausschließen, aber derzeit sei das kein Thema. „Zumal die Felsengartenkellerei gar kein Interesse an uns hat.“ Die Auslagerung der Abfüllung jedoch für eine Maßnahme, die schon alleine wegen der notwendigen Investitionen in dem Bereich der richtige Schritt sei. Bei badischen Kollegen gleicher Größenordnung werde sie bereits erfolgreich praktiziert, so Remkes.

Darüber hinaus würden Einsparungen in allen anderen Bereichen des Betriebes ebenso notwendig werden. Ausgenommen der Vertrieb. Da müsste investiert werden, um den Umsatz zu steigern. Alles in allem stehe man angeschlagen da. „Wir brauchen vor allem Ihren Rückhalt“, richtete Remkes sein Wort an die Mitglieder. Dabei sei man angehalten, die Hektarauszahlung zu halten und positive Zukunftsperspektiven zu entwickeln, die den Marktumständen, dem Betriebskomplex und der Flächenstruktur und dem direkten genossenschaftlichen Umfeld in Zukunft Rechnung tragen.

Die Lage sei kritisch, mahnte Bastian Remkes am Dienstagabend. „Wir sind aufgefordert, auf der ganzen möglichen Breite Lösungsansätze zu finden. Auch dazu führen wir immer wieder Gespräche mit Partnerbetrieben zur Sondierung von möglichen Lösungen mit Synergieeffekten.“ So werde beispielsweise überlegt, ob auch der Vertrieb „woanders miterledigt“ werden könne. „Es sind viele kleine Bausteine“, erklärt Remkes gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. An einer Zielvorgabe lässt Remkes keinen Zweifel: Das negative Ergebnis des letzten Jahres ist schon in diesem Jahr auszugleichen.