Überraschende Begegnungen beim Faschingstreiben in Steinheim: Ein Küsschen links, ein Küsschen rechts Foto: Ralf Poller/Avanti

Zur Blau-Weiß-Faschingsparty kommen mehr als 500 Besucher in die Steinheimer Blankensteinhalle. Die Fußballjugend der TSG Steinheim finanziert mit dieser Kultparty ihren Spielbetrieb.

Man nehme: eine wild entschlossene Jugendfußballabteilung, viele fröhliche und zum ausgelassenen Feiern bereite Menschen in originellen Kostümen, garniere das mit rockiger Livemusik der bekannten Campus Band – und fertig ist die Blau-Weiß-Party am Fasching. Wer hätte noch vor Jahresfrist und in Zeiten der Pandemie gedacht, dass dieses Rezept der Jugendfußballer des TSG Steinheim je wieder so erfolgreich sein würde?

Doch heute wird gefeiert wie eh und je, als gäbe es kein Morgen. Abstandsregeln? War da mal etwas? Vielleicht, doch nicht heute. Auf der Tanzfläche herrscht dichtes Gedränge und bald gibt es fast kein Durchkommen mehr. Trotz gekippter Fenster wird die Luft schwer und immer wärmer.

Im Schichtbetrieb pausenlos im Einsatz

„Wir hätten noch viel mehr Karten verkaufen können. Doch mehr als 528 Menschen fasst die Blankensteinhalle einfach nicht “, sagt Mark Schmidmaier. Der Leiter der Jugendfußballabteilung ist als Rockstar verkleidet. Für ihn, seinen Mitstreiter Jochen Brauchle und ihr 75-köpfiges Team ist die Veranstaltung ohnehin ein Großeinsatz. Alle packen mit an und sind im Schichtbetrieb pausenlos im Einsatz. Die beiden Spielermütter Daniela und Petra sind zwei solcher Helferinnen. Daniela verteilt im schicken Kostüm Leberkäswecken, Brezeln und Brötchen im Akkord. Petra jongliert an der Bar mit Cocktailgläsern und stillt den schier unendlich erscheinenden Durst der Menschenschlange vor der Bar.

Für die Jugendabteilung sind die Erlöse der Party eine der wichtigsten Säulen ihrer Finanzierung. „Diese eine Nacht finanziert den Spielbetrieb“, sagt dazu Mark Schmidmaier. Und: Stolz wären sie vor allem auch auf das friedliche Miteinander. In all den Jahren habe es nur in Ausnahmefällen kleine Konflikte gegeben, bei denen die Securityleute einschreiten mussten. Dankbar seien sie für die Unterstützung der Stadtverwaltung und ihrer TSG-Spitze. Denn ohne deren Rückhalt, sagt Schmidmaier, wäre so ein Fest in dieser Dimension gar nicht möglich.

Aus der Ferne zurück in die Heimat

An diesem Wochenende wird die Urmenschstadt zur Drehscheibe vieler im Exil lebender Steinheimer. Wer kann, legt Termine um dieses Wochenende herum und kommt aus der Ferne zurück in die Heimat. Die Karten wären selbst nach zwei Jahren Pause fast so schnell wie früher vergriffen gewesen, sagte Brauchle.

Auf der Tanzfläche schweben Feen umher, hüpfen Frösche, jagen Polizisten Räuber, flirten Ärzte mit Krankenschwestern, jagen queere Nonnen Bischöfe, wuseln Seeleute zwischen Piraten und kreuzen die Wege mit Gladiatoren und Scheichs. Friedlich steht ein verkleideter Hippie mit einem Friedensaktivist und einem Airforce-Piloten Seite an Seite. Hier in der Blankensteinhalle scheint zu funktionieren, was in der Welt da draußen vor der Halle so schwierig ist: ein tolerantes Miteinander von Menschen unterschiedlichster Couleur.

Pia ist 22 Jahre jung und lebte einst in der Urmenschstadt. „Ich habe heute Blau-Weiß-Premiere“, sagt Pia, die dank ihrer Freundin erstmals hier auf der Blau-Weiß-Party war.

Später heizt die Band dem Publikum so ein, dass sich spontan eine lange Polonaise wie ein Bandwurm tanzend und hüpfend durch den Saal der Blankensteinhalle windet. Die Luft im Saal vibriert.

Wildfremder Mann wird zum Foxtrott aufgefordert

Eine attraktive Frau fragt spontan einen wildfremden Mann, ob er Foxtrott könne und führt ihn im Schlepptau zu den tanzenden Menschen nach vorne Richtung Band und bestätigt so die Anziehungskraft dieser Faschingsparty. An Fasching sei eben alles möglich, sagte eine als Fee verkleidete Besucherin, bevor dann an Aschermittwoch wieder alles vorbei ist.